FIFA-Präsident Gianni Infantino verteidigt einen Tag vor dem Eröffnungsspiel den WM-Ausrichter Katar und unterstellt den westlichen Nationen eine Doppelmoral.
«Für das, was wir Europäer in den letzten 3000 Jahren weltweit gemacht haben, sollten wir uns die nächsten 3000 Jahre entschuldigen, bevor wir anderen Moralpredigten halten», sagte der 52-jährige Walliser an einer Pressekonferenz in Doha. Es sei traurig, diese Doppelmoral erleben zu müssen.
«Wie viele dieser westlichen Unternehmen, die hier Milliarden von Katar erhalten – wie viele von ihnen haben über die Rechte von Arbeitsmigranten gesprochen? Keiner von ihnen», sagte Infantino, ohne Beispiele anzuführen. «Wer kümmert sich um die Arbeiter? Wer? Die FIFA macht das, der Fussball macht das, die WM macht das – und, um gerecht zu sein, Katar macht es auch.»
«Einseitige Lektionen»
Katar steht seit Jahren wegen des schlechten Umgangs mit Menschenrechten sowie den Lebensbedingungen für ausländische Arbeiter in der Kritik, die auch von unabhängigen Organisationen wie Amnesty International geäussert wurde. Die Regierung des Emirats weist das zurück.
Er verstehe nicht, wieso die Fortschritte in Katar nicht anerkannt würden, sagte der FIFA-Präsident, der in Doha einen Nebenwohnsitz hat. «Diese Art und Weise, einseitig Lektionen erteilen zu wollen, ist heuchlerisch.»
In seiner Rede sicherte Infantino allen queeren Menschen zu, dass sie in Katar herzlich willkommen sind. «Es ist eine klare Anforderung der FIFA, dass alle, die herkommen, willkommen sein müssen. Egal, welche Religion, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung sie haben.» Die katarische Regierung halte sich daran, betonte der FIFA-Chef.
«Harsche Kritik nützt nichts»
Die Sicherheit und Freiheit der LGBTQI+-Community ist neben den Lebensbedingungen für die Millionen ausländischen Arbeiter in Katar eines der grossen und besorgniserregenden WM-Themen. Laut Gesetz ist Homosexualität im WM-Land verboten und wird mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft.
Infantino betonte, Veränderungen erreiche man nur im Dialog und Wandel brauche Zeit. «Wenn jemand denkt, es reicht, harsche Kritik zu üben: Das nützt nichts, das wird als Provokation gesehen. Die Reaktion wird dann eher sein, sich noch mehr zu verschliessen.»