Fünf Monate vor dem Start zur WM 2022 in Katar ist das (vorerst) zum letzten Mal 32 Mannschaften umfassende Teilnehmerfeld komplett. Nachfolgend ein Blick auf einige Auffälligkeiten.
Für Underdogs ist der Gang durch die Qualifikationsmühlen eine zähe Angelegenheit. 31 der 32 WM-Teilnehmer sind nicht zum ersten Mal an der Endrunde dabei. Der insgesamt 80. und heuer einzige Debütant ist der gesetzte Gastgeber. Der wohlhabende Golfstaat blieb seit 1978 jeweils in der Qualifikation hängen, nun ist er als Ausrichter gesetzt. Katar belegt in der FIFA-Weltrangliste Rang 51, tiefer klassiert ist von den WM-Teilnehmern einzig Ghana. Das Land aus Westafrika liegt nur auf Platz 60, obwohl es seit 2006 nur eine Weltmeisterschaft verpasst hat. 2026 dürfte sich die Zahl der Debütanten indes erhöhen. Die WM in den USA, Kanada und Mexiko wird die erste mit 48 Teilnehmern sein.
Auf der anderen Seite der Skala hielten sich die negativen Überraschungen so weit in Grenzen, dass neben Europameister Italien und Chile keine weiteren Arrivierten auf der Strecke blieben. Beide Nationen waren schon an der WM 2018 nur Zuschauer, dazu damals auch die Niederlande.
Der lachende 32.
Insgesamt 211 Länder, so viele wie noch nie, bemühten sich in der Qualifikation um ein WM-Ticket. Lachender 32. Teilnehmer ist Costa Rica, das sich am Dienstagabend durch ein 1:0 gegen Neuseeland als letzte Mannschaft für die am 21. November beginnende Endrunde qualifizierte.
Während die Mannschaft aus Zentralamerika zum dritten Mal in Folge an der WM teilnimmt, schaffte es vom ozeanischen Verband zum dritten Mal hintereinander keine Mannschaft an die Endrunde. Australien, das sich in der Barrage gegen Peru im Penaltyschiessen durchsetzte, gehört seit 2006 dem asiatischen Verband (AFC) an. Dieser stellt zum ersten Mal sechs Teams und damit am zweitmeisten nach Europa, gefolgt von Afrika mit fünf.
Die Vertreter aus der Super League
2018 war die Super League in Russland nur mit vier Spielern (Michael Lang/Basel, Yeltsin Tejeda/Lausanne-Sport, Trent Sainsbury/GC und Tomi Juric/Luzern) vertreten. Für die erste im Winter ausgetragene WM 2022 gibt es zwar noch Unwägbarkeiten, es dürften aber wieder mehr sein: Basels Liam Millar kam für Kanada bis zu seinem Armbruch Anfang Mai regelmässig zum Einsatz, YB-Stürmer Jordan Siebatcheu hat sich mit den USA qualifiziert, FCB-Verteidiger Strahinja Pavlovic mit Serbien, Nicolas Moumi Ngamaleu (YB) mit Kamerun, Lawrence Ati Zigi (St. Gallen) mit Ghana und der Luzerner Mohamed Dräger mit Tunesien. Dreimal lief zudem Sofiane Alakouch vom Absteiger Lausanne-Sport für Marokko auf.
Hinzu kommen die in der heimischen Meisterschaft engagierten Schweizer Nationalspieler, die von Murat Yakin für Katar selektioniert werden könnten. Fabian Frei, Leonidas Stergiou, Cedric Itten, Christian Fassnacht, Cédric Zesiger, Mattia Bottani, Dan Ndoye, Zeki Amdouni und Kastriot Imeri sind mögliche WM-Fahrer.
Schwächelnde Schwergewichte
Frankreich, England, Spanien, Deutschland, Belgien, Portugal und die Niederlande sind in Abwesenheit des gestrauchelten Europameisters Italien die Titelaspiranten aus Europa. Restlos überzeugt hat in den letzten Wochen und Monaten keine dieser Mannschaften. Zum Saisonende hin taten sich vor allem Frankreich und England schwer. Frankreich, der Weltmeister von 2018, ist wie der letztjährige EM-Finalist England in der Nations League nach vier Runden sieglos. England kassierte am Dienstag sogar eine historische 0:4-Heimpleite gegen Ungarn – wobei die Aussagekraft der Nations-League-Partien angesichts des dichten Kalenders der Top-Spieler nicht allzu gross ist.
Deutliche Aufwärtstendenz liessen Deutschland mit Trainer Hansi Flick und die Niederlande von Louis van Gaal erkennen. Deutschland hatte sich das WM-Ticket als erste europäische Mannschaft gesichert und deklassierte am Dienstag Italien mit 5:2. Nach 13 Spielen steht die Bilanz des Nachfolgers von Joachim Löw bei neun Siegen und vier Unentschieden mit einem Torverhältnis von 42:7. Die Niederlande ist seit bald einem Jahr ungeschlagen.
Wales statt Ukraine
Nicht die Ukraine, sondern Wales ist der 13. und letzte Qualifikant aus Europa. Die Waliser setzten sich in der Barrage gegen die vom russischen Angriffskrieg betroffenen Osteuropäer 1:0 durch und qualifizierten sich zum zweiten Mal nach 1958 für eine WM-Endrunde. Matchwinner im entscheidenden Spiel war standesgemäss Captain Gareth Bale, der nach den EM-Teilnahmen 2016 und 2021 somit auch erstmals an einer WM auflaufen wird.
Für Russland gab es indessen keinen Weg mehr an die WM. Die Mannschaft von Trainer Waleri Karpin durfte wegen der Kriegssanktionen nicht zu den Playoffs antreten.