Im ersten Weltcup-Riesenslalom der Saison bilden jene drei Fahrerinnen das Podest, die den Gesamtweltcup unter sich ausmachen dürften. Mikaela Shiffrin siegt vor Lara Gut-Behrami und Petra Vlhova.
Es könnte ein Vorgeschmack auf die Olympiasaison der alpinen Skirennfahrerinnen gewesen sein, was die 9000 Zuschauer im Zielraum von Sölden bei prächtigem Herbstwetter präsentiert bekamen – wohl mit Ausnahme der für manch einen viel zu laut dröhnenden Musik und einem noch lauteren Live-Kommentator, die in der österreichischen Party-Hochburg zwar ordentlich Stimmung machten, manche Ohren nach der langen Corona-Stille aber überforderte. Die drei Fahrerinnen mit der grössten Strahlkraft im Ski-Weltcup der Frauen stiegen gemeinsam auf das Podest.
Es gewann mit der Amerikanerin Mikaela Shiffrin jene Fahrerin, die nach einer Delle aufgrund des unerwarteten Todes ihres Vaters im Frühjahr 2020 wieder zum Grossangriff bläst und mit ihrem 70. Weltcupsieg ein erstes Statement setzte. Zweite wurde, lediglich 14 Hundertstel hinter der potenziellen Überfahrerin, Lara Gut-Behrami, die letzte Saison ebenfalls wieder zu alter Stärke gefunden und mit dem 2. Platz im Gesamtweltcup gezeigt hatte, dass sie auch wieder eine Anwärterin für die prestigeträchtige grosse Kristallkugel ist. Platz 3 ging an Petra Vlhova, die Gesamtweltcupsiegerin der letzten Saison.
Zwei Ausnahmekönnerinnen vorneweg
Shiffrin und Gut-Behrami bestätigten bei erster Gelegenheit, worauf gemeinhin spekuliert wurde: dass sich die beiden erstarkten Ausnahmekönnerinnen im Winter 2021/22 ein hochstehendes Duell um den Gewinn des Gesamtweltcups liefern könnten. Die 26-jährige Shiffrin trennen nur noch zwölf Siege vom Rekord ihrer Landsfrau Lindsey Vonn, der wohl nicht mehr allzu lange erfolgreichsten Skirennfahrerin. «Ich hatte ein gutes Sommertraining. Die Limits gehen immer höher», sagte Shiffrin.
Dass Gut-Behrami im Riesenslalom mit der erstarkten Shiffrin mithalten kann, verspricht viel. Die 30-Jährige hat jetzt neben Super-G und Abfahrt wieder eine dritte Disziplin, in der sie gross Punkten kann – eine Erkenntnis, die trotz einer längeren Riesenslalom-Durststrecke im Weltcup mit Ansage kam. Bereits im Januar war die Tessinerin als Zweite am Kronplatz nach vier Jahren auf das Podest zurückgekehrt. Ausserdem war aus dem Schweizer Lager im Vorfeld der Ouvertüre auf dem Rettenbachgletscher nur Positives zu vernehmen.
Der Eindruck, dass die 30-Jährige im Kopf so frei ist wie wahrscheinlich seit ihrem kometenhaften Weltcup-Einstieg vor mehr als 13 Jahren nicht mehr, erhärtete sich – auf der Piste und auch in den Interviews nach dem Rennen. «Dass ich bereits beim Saisonstart so fahren konnte, mit so einer Intensität, und dass ich vorne mitmischte, obwohl ich in beiden Läufen kleine Fehler drin hatte, ist sicher sehr positiv», befand Gut-Behrami. «So zu starten, ist immer gut. Es gibt dir Selbstvertrauen und macht Lust auf mehr. Bei ihrem Gesamtweltcupsieg 2015/16 hatte sie ihre bislang beste Saison mit einem 4. Platz lanciert.
Gut-Behrami hält den Ball flach
Zugleich wollte Gut-Behrami den ausgezeichneten Auftakt nicht überbewerten. Sölden sei speziell, aber eben auch ein Rennen wie jedes andere: «Das waren jetzt zwei Läufe. Es hat sich bestätigt, dass ein paar Fahrerinnen in einer guten Form sind, aber wenn jemand heute ausgeschieden ist, darf man ihn deshalb nicht abschreiben.» Letzteres gilt im Riesenslalom für die Italienerin Marta Bassino. Die Disziplinensiegerin der Vorsaison schied im ersten Lauf aus.
Vlhova, die im Sommer den Schweizer Mauro Pini als neuen Trainer engagierte, weil ihr bisheriger Betreuer Livio Magoni in einem Interview mit einer italienischen Zeitung über seinen Schützling herzog, dürfte in diesem Winter stärker gefordert sein, wenn sie ihren Gesamtsieg erfolgreich verteidigen will. Auf die beiden klar stärksten Fahrerinnen an diesem Tag büsste sie bereits mehr als eine Sekunde ein.