Motorrad Saison der Wahrheit für Tom Lüthi

voe, sda

26.3.2021 - 04:31

Neue Farben, neues Team, aber noch keine neue Power in den Testfahrten: Tom Lüthi.
Neue Farben, neues Team, aber noch keine neue Power in den Testfahrten: Tom Lüthi.
Keystone

Tom Lüthi erlebt letztes Jahr den deprimierenden Weg vom Moto2-Titelanwärter zum Mitfahrer. Die am Wochenende in Katar beginnende Saison kündigt sich für den Berner erneut als schwierig an.

Keystone-SDA, voe, sda

Lüthi gehört quasi zum Inventar der mittleren WM-Kategorie. Einzig die Saison 2018 verpasste er – durch seinen kurzen Abstecher in die MotoGP. Doch der Emmentaler zeigte im Folgejahr, dass er zumindest in der Moto2 zu den Sieg- und Spitzenfahrern gehört. Das Jahr 2019 schloss er gleich mit vier Podestplätzen in Serie und WM-Rang 3 ab. Ganz anders jedoch die vergangene Saison: Da blieb Lüthi ohne Podestplatz und am Ende gleich in vier Rennen hintereinander ohne Punkte.

Eine ähnlich miserable Saison will und darf sich der 34-jährige Routinier aus Linden heuer nicht nochmals leisten. Ansonsten gewännen die kritischen Stimmen, die ihm aufgrund seines Alters den Rücktritt nahe legen, definitiv an Lautstärke. Lüthi selber sieht die Zeit, aus dem Sattel zu steigen, nicht gekommen. Zu viel bedeutet ihm der Motorrad-Rennsport noch immer, zu fest ist er persönlich überzeugt, die Wende zum Guten nochmals schaffen zu können.

Nochmals, weil er die Kritiker schon nach dem missglückten Jahr in die MotoGP-Klasse eines Besseren belehrt hatte. Die Saison 2019 war für Lüthi, der schon 2016 und 2017 als WM-Zweiter fast bis zuletzt um den Moto2-Titel gekämpft hatte, eine der erfolgreichsten seiner Karriere. Doch im vergangenen Jahr, das von einem langen Saisonunterbruch aufgrund der Corona-Pandemie begleitet war, lief es ihm katastrophal. Die mageren 72 WM-Punkte reichten dem Berner, der mit sich, dem Team und dem Cheftechniker haderte, nur zum 11. Gesamtrang.

Schlechter war Lüthi – klammert man die Saison in der Königsklasse aus – letztmals Ende 2004 klassiert. Im Jahr darauf sicherte sich der Berner allerdings als erster Schweizer seit Stefan Dörflinger 1985 in einer Solo-Kategorie den WM-Titel (in der mittlerweile abgeschafften 125-ccm-Klasse). 17 GP-Siege und insgesamt 65 Podestplätze, der letzte im November 2019 in Valencia, umfasst Lüthis Palmarès bis jetzt.

Die Vorsaison-Testfahrten verliefen für Lüthi trotz Wechsel zum spanischen SAG-Team wenig verheissungsvoll. «Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen», hatte der Schweizer schon Anfang März gesagt. Die erfolgversprechende Abstimmung des Kalex-Motorrads wurde noch nicht gefunden. Zu gross ist der Abstand des 301-fachen GP-Starters zu den Schnellsten. Selbst sein 13 Jahre jüngerer Teamkollege Bo Bendsneyder aus den Niederlanden, in bislang 49 Moto2-Rennen ohne eine einzigen Spitzenplatz geblieben, war durchwegs schneller unterwegs als Lüthi.

Zuletzt in Katar, wo die abschliessenden drei Testtage angesetzt waren, reihte sich Lüthi mit einer Sekunde Rückstand auf die Bestzeit von Sam Lowes nur als 20. ein. Zum Vergleich: Bendsneyder hielt als Sechster sehr gut mit der Spitze mit. «Klar hatte ich erwartet, schneller zu sein. Wir sind aber nicht ganz so weit weg, wie es auf dem Papier scheint. Die Pace und der Rhythmus fürs Rennen ist besser als die einzelne schnelle Runde», sagt Lüthi.

Der Emmentaler ist sich aber bewusst, dass es mit dieser Ausgangslage – das Basis-Set-Up des Motorrads stimmt für ihn noch nicht – sehr schwierig wird. «Wir brauchen definitiv noch mehrere Schritte vorwärts bei der Abstimmung, sodass ich im Qualifying viel weiter vorne mitfahren kann.» Obwohl die Zeit bis zum ersten Rennen bereits knapp wird, mahnt Lüthi (noch) zu Geduld: «Ich muss relaxed bleiben und darf nicht nervös werden. Die Fortschritte werden sich einstellen.» Als solcher wäre für den ehemaligen Weltmeister zum Saisonauftakt am Sonntag bereits eine Platzierung in den ersten zehn zu werten. Mehr zu erwarten wäre vermessen.