Der Schweizer Torhüter Leonardo Genoni ist ein Phänomen. Allerdings erlebt er beim 5:3-Sieg gegen die Slowakei einen schwierigen Abend.
Dass Genoni ein Phänomen ist, unterstreicht allein die Tatsache, dass er mit drei verschiedenen Vereinen sieben Mal Schweizer Meister geworden ist und noch nie eine Playoff-Finalserie verloren hat. Diesmal holte er mit Zug nach einem 0:3-Rückstand nach Siegen gegen die ZSC Lions in extremis den Titel.
Die sechste Partie gewann der EVZ mit 2:0, obwohl die Zürcher klar überlegen waren. Genoni wird dieses Spiel denn auch in Erinnerung bleiben. War er in einem Flow? «Eigentlich nicht. Als Torhüter lebt man immer im Moment, jeder Schuss ist wie ein Neuanfang, egal ob man ein Gegentor kassiert oder eine gute Parade gezeigt hat», sagt Genoni im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Man könne sich nie zurücklehnen.
Fokus gleich wieder gefunden
Gerade deshalb ist die mentale Belastung eines Goalies immens. Wie schafft er es, während einer Partie zwischendurch etwas zu entspannen, da es unmöglich ist, während 60 Minuten den Fokus hochzuhalten? «Da gibt es kein Patentrezept. Jeder Torhüter hat da wahrscheinlich seine eigenen Macken.» Was ist seine? «Ich glaube, ich stehe zwischendurch ein bisschen aufrechter als andere Goalies, wenn der Puck im gegnerischen Drittel ist. Also nichts Grosses.»
Apropos Fokus. Genoni blieb nach dem emotionalen Meistertitel wenig Zeit, diesen wieder zu finden. Wie einfach fiel ihm das? «Es ist schwierig, da man den Körper herunterfährt», gibt der 34-Jährige zu. «Ich hatte auch schon Jahre, in dem das nicht so gut geklappt hat. Vielleicht lernt man das ein bisschen. So konnte ich die Batterien wieder aufladen. Und da ich körperlich fit bin, stand für mich eine WM-Teilnahme ausser Frage. Den Einstieg erleichterte, dass die Mannschaft eine gute Vorbereitung hatte.»
Genoni gibt sich selbstkritisch
Das Gefühl in Helsinki stimmte jedenfalls von Anfang an, obwohl das Eisfeld etwas kleiner als gewohnt ist. «Man merkt es nicht so sehr wie bei den Olympischen Spielen, da war es noch kleiner», sagt Genoni. Dennoch sei für ihn die erste Partie, in der er beim 6:0 gegen Dänemark seinen fünften Shutout an einer WM feierte, enorm wichtig gewesen. Gegen die Slowakei lief es ihm mit einer Abwehrquote von bloss 81,25 Prozent zwar nicht wie gewünscht, «das spielt jedoch keine Rolle. Diese drei Punkte sind sehr, sehr, sehr wichtig. Das überstrahlt alles.»
Genoni hatte gegen die Slowaken kaum etwas zu tun. Der Olympia-Dritte brachte bloss 16 Schüsse auf sein Tor zu Stande. War es deshalb schwierig, in den Rhythmus zu kommen? «Damit muss man umgehen können, das ist das Torhüterleben. Aber klar, drei Gegentore sind zu viel, da gibt es nichts schönzureden», so Genoni selbstkritisch. Auf seine Kappe nehmen muss er das 2:2, bei dem er auf der nahen Seite erwischt wurde. «Da habe ich die Schussabgabe verpasst, das darf nicht passieren.»
Beeindruckt war er von der Leistung in der Offensive. «Wir spielten vorne unglaublich gut, nahmen ihnen so die Luft.» Zudem sei das Boxplay überragend gewesen. Ist die Schweizer Mannschaft in Helsinki auf dem Papier eines der besten Teams, für das er je gespielt hat? «Ja, aber Papier hält nicht so lange», antwortet Genoni schnippisch. Wie auch immer, die ersten vier Auftritte versprechen einiges.