Der FC Basel hat den Scherbenhaufen der vergangenen Saison zusammengewischt und will wieder angreifen. Zurück ins internationale Geschäft heisst das Ziel, das Sportdirektor Daniel Stucki ausgibt.
Nicht Xherdan Shaqiri, nicht Riccardo Calafiori, nicht Renato Veiga. Popillia Japonica heisst der Name, der in Basel während der Sommervorbereitung am meisten diskutiert wurde. Dabei handelt es sich nicht etwa um einen potenziellen Neuzugang, sondern um einen Schädling, den man so schnell wie möglich wieder loswerden möchte am Rheinknie.
Auch an diesem strahlend schönen Freitagnachmittag ist der Japankäfer in der Nordschweiz an der Arbeit, richtet Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen und öffentlichen Grünflächen an, so auch an einem Trainingsplatz des FC Basel. Entsprechend ist er an der Medienkonferenz im St. Jakob-Park Thema, wenn auch nur am Rande. Vielmehr interessieren die Ausführungen von Cheftrainer Fabio Celestini und Sportdirektor Daniel Stucki, die Einblick in die Vorbereitungen geben und auf den Saisonauftakt am Sonntag (16.30 Uhr) in Lausanne vorausschauen.
Celestini spricht von «einer sehr guten Vorbereitung», dem «richtigen Weg», auf dem man sich befinde, einem «Prozess» und «positiven Signalen», ohne konkreter auf die einzelnen Punkte einzugehen. Sie hätten viel Spass gehabt im Trainingslager im österreichischen Seefeld. «Alle waren zufrieden, wenn der Shake von José bereitstand», ergänzt Stucki. Mit José meint er José Blesa. Der Spanier ist eine grosse Nummer, hat in den vergangenen Jahren mit Cristiano Ronaldo zusammengearbeitet und ist nun als Ernährungsberater Teil des Basler Trainerstaffs – ein Novum beim FCB. Jeder Stein wurde umgedreht, jede noch so kleine Verbesserungsmöglichkeit soll ausgeschöpft werden. Denn eine Saison wie die vergangene soll es kein zweites Mal geben.
Zurück ins internationale Geschäft
Die Erinnerungen sind noch längst nicht verschwommen. Zu weh tat es, als man vom Aufsteiger Stade Lausanne-Ouchy im eigenen Stadion gedemütigt wurde, hier, wo einst Manchester United und die Bayern geschlagen wurden, wo die ganz Grossen des europäischen Fussballs zu Gast waren. Tabellenletzter war man zwischenzeitlich. Nach vier Niederlagen in Serie und ohne eigenen Treffer im gesamten Oktober mussten sich die erfolgsverwöhnten Fans so einige Sticheleien der Konkurrenz anhören.
Erst mit der Verpflichtung von Fabio Celestini kam der Umschwung. Er, der für offensiven, attraktiven Fussball steht, schaffte es, die am Boden liegende Mannschaft aufzurichten, ihr defensive Stabilität zu vermitteln. Auch wenn es hie und da Rückschläge gab: Die Richtung stimmte. Der FCB verpasste zwar die angestrebte Qualifikation für die Meisterrunde, konnte sich aber früh sämtlicher Abstiegssorgen entledigen und beendete die Saison auf Platz 8.
In der neuen Saison soll es weiter aufwärts gehen. Schritt für Schritt, wie Celestini sagt. Aus dem Mund von Stucki hört sich das so an: «Wir wollen unter die ersten sechs Mannschaften und zurück ins internationale Geschäft. Ein solch grosser Klub wie der FCB gehört auf diese Bühne.» Es sind forsche Töne, die man in Basel anschlägt.
Transferpolitik bringt Millionen ein
Daniel Stucki ist seit Mai Sportdirektor beim FCB. Mit dem FC Zürich wurde der heute 42-Jährige dreimal Schweizer Meister und gewann ein Mal den Cup. Nach seinem Karriereende war Stucki während zehn Jahren bei der Basler Polizei in verschiedenen Funktionen tätig. 2020 vollzog er den Wiedereinstieg ins Fussballgeschäft, wurde Nachwuchs-Direktor beim FCB. Nun hat er die Gesamtverantwortung für den Bereich Sport beim einstigen Serienmeister.
Eine seiner ersten Amtshandlungen war der Verkauf von Renato Veiga an Chelsea. 14 Millionen Euro spülte der 20-jährige Portugiese in die Vereinskasse. Kein schlechtes Geschäft, wenn man bedenkt, dass der FCB Veiga vor einem Jahr für 4,6 Millionen Euro von Sporting Lissabon loseiste und der talentierte Mittelfeldspieler seine Klasse im rot-blauen Trikot nur allzu selten unter Beweis gestellt hat.
Eingeplant und budgetiert sei der Verkauf von Veiga nicht gewesen. «Ein solches Angebot konnten wir jedoch nicht ausschlagen», sagt Stucki. Immer wieder bewies man in Basel in der Vergangenheit ein glückliches Händchen mit Transfers. Dan Ndoye, Andy Diouf, Zeki Amdouni oder Riccardo Calafiori kamen für vergleichsweise wenig Geld und verliessen den St. Jakob-Park mit einem satten Transferplus. Dank Verhandlungsgeschick könnten bei Ndoye und allen voran Calafiori nachträglich noch Millioneneinnahmen winken.
Mehr Nachhaltigkeit und Kontinuität
Reinvestieren wird man das Geld nur zu einem Teil. Am Donnerstag gab Basel die Verpflichtung von Marin Soticek bekannt. Der 19-jährige Kroate kommt aus seiner Heimat von NK Lokomotiva und kostete 3 Millionen Euro. «Wir werden noch den einen oder anderen Transfer tätigen», sagt Stucki, ohne Namen zu nennen. Seit Wochen kursiert das Gerücht über eine mögliche Rückkehr von Xherdan Shaqiri. «Natürlich sind wir an Spielern mit der Qualität eines Shaqiri interessiert», so Stucki. Nur müsse das Gesamtkonstrukt realistisch sein, damit man in Gespräche gehen könne. Momentan sei dies nicht der Fall.
Verstärkungen sind erwünscht. Vielmehr lautet die Aufgabe des Sportdirektors jedoch, das Kader von momentan rund 30 Spielern zu entschlacken. Einen Umbruch wie in den letzten beiden Jahren soll es in Basel nicht mehr geben. «Wir wollen nachhaltiger arbeiten, haben gelernt aus den letzten Transferperioden», sagt Stucki und fügt an: «Wir brauchen mehr Nachhaltigkeit und Kontinuität.»
In die gleiche Kerbe schlägt an diesem Freitagnachmittag auch immer wieder Celestini. Angesprochen auf die Wichtigkeit eines erfolgreichen Auftakts gegen Lausanne sagt er: «Siege sind immer wichtig im Fussball, es beschleunigt den Prozess. Aber die Schnelligkeit ist nicht so wichtig. Fussball ist ein Marathon, kein Sprint.»
In Basel wissen sie nicht erst seit vergangener Saison, aber spätestens seit dem Befall durch den Japankäfer: Geduld bringt Erfolg.