Partycrasher Omikron Manche Clubs haben an Silvester offen – ist das eine gute Idee?

Von Stefan Michel und Anna Kappeler

30.12.2021

Wie sinnvoll es ist, sich trotz Omikron in einem Club zu amüsieren, darüber sind sich die Corona-Experten und die Clubbetreiber nicht einig.
Wie sinnvoll es ist, sich trotz Omikron in einem Club zu amüsieren, darüber sind sich die Corona-Experten und die Clubbetreiber nicht einig.
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Unter der 2G-plus-Regel bleiben Clubs weiterhin offen. Die Expert*innen des Bundes und andere Virologen warnen vor Partys in geschlossenen Räumen. Die Zürcher Bar und Club Kommission ist dagegen überzeugt, die Clubs seien sicher.

Von Stefan Michel und Anna Kappeler

30.12.2021

Im Freundes- und Familienkreis, überall häufen sich die Omikron-Fälle. In Erinnerung geblieben ist auch der Hilferuf vom Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf diese Woche: In der Region Luzern sind die Spitalkapazitäten so knapp, dass eine notwendige Intensivpflege bald nicht mehr garantiert werden kann.

Trotzdem bleiben Clubs für Silvesterpartys offen. Unter der 2G-plus-Regel dürfen sie das, ihre Gäste sogar ohne Maske tanzen. Dies, auch wenn die Taskforce des Bundes diese Woche klar davon abgeraten hat. Es wird zunehmend klarer, dass Omikron auch unter den Geimpften und sogar unter den Geboosterten grassiert.

«An Silvester in Clubs zu gehen, ist momentan überhaupt keine gescheite Idee. Davon rate ich dezidiert ab», sagt Andreas Cerny, Virologe an der Klinik Moncucco in Lugano. Inzwischen wisse man, dass Antigentests gerade bei Omikron nicht zuverlässig seien. «Also nützt auch das 2G-plus-Konzept der Clubs wenig», sagt Cerny.

Gleichwohl Party mitten in der Omikron-Welle?

Alexander Bücheli, Sprecher der Schweizer Bar und Club Kommission, schätzt, dass ungefähr die Hälfte der Lokale an Silvester Gäste empfängt. Nach Argumenten, weshalb es richtig ist, mitten in der Omikron-Welle an Silvester zu öffnen, muss Bücheli nicht lange suchen: «Keiner Branche werden härtere Auflagen gemacht als uns. Nicht nur dürfen wir nur noch Geimpfte und Genesene einlassen, diese müssen auch noch über einen negativen Test verfügen, und wir müssen Kontaktdaten aller Gäste für das Contact Tracing erfassen.» Um ein Altersheim zu besuchen, genüge an den meisten Orten ein gültiges Zertifikat.

Die Aussage von Bücheli entkräftet der Virologe allerdings sofort. Bei Antigentests besteht laut Cerny ein geschätzt 40 prozentiges Risiko, «dass ich das Virus in mir trage, obwohl der Test negativ anzeigt». Heisst: «In den zwei, drei Tagen, bevor ich Symptome bekomme, verbreite ich das Virus zwar, fühle mich aber noch gesund.» Diese asymptomatische Phase sei sehr gefährlich, weil hochansteckend.

«In den zwei, drei Tagen, bevor ich Symptome bekomme, verbreite ich das Virus zwar, fühle mich aber noch gesund.»

Andreas Cerny

Tessiner Virologe

Schauen wir nun auf die Kantone: St. Gallen etwa bittet die Bevölkerung, sich an Silvester nicht auf dem beliebten Klosterplatz zu treffen, sondern zu Hause zu bleiben. Im Kanton Wallis dürfen sich höchstens 15 Personen im Freien treffen und Lugano verbietet Feiern in der Fussgängerzone. Dies sind nur ein paar Beispiele, die zeigen, dass die Behörden auch Treffen unter freiem Himmel für gefährlich halten.

Wo feiern die Leute, wenn die Clubs zu sind?

Das spricht aus Sicht von Alexander Bücheli für die Silvester-Party im Club: «Bei uns feiern die Leute in kontrolliertem Rahmen. Der Club ist gerade einer der sichersten Orte der Schweiz.»

Dann stellt er die Gegenfrage: «Was ist die Alternative, wenn die Menschen ihr Bedürfnis nach sozialen Kontakten nicht in Bars und Clubs befriedigen können?» Die Antwort ist für ihn klar: Das Geschehen verlagert sich in den privaten Rahmen und in den öffentlichen Raum, wo kaum Schutzkonzepte bestehen.

Dem widerspricht Virologe Cerny: «In geschlossenen Räumen wie Clubs mit engem Körperkontakt und ohne Maske verbreitet sich das Virus besonders stark», sagt er. Die Taskforce des Bundes habe nicht ohne Grund diese Woche davor gewarnt. Und auch empfohlen, Events ohne Maske zu schliessen.

Clubs seien nicht für Geschehen vor Tür zuständig

Mit der Pflicht, neben den Covid-Zertifikaten auch noch ein Testzertifikat zu kontrollieren, sei der Aufwand für die Clubs noch grösser geworden, sagt Bücheli, der Clubvertreter. Und das führe zu einem weiteren Problem: «Die Schlangen vor den Clubs werden noch länger werden.»

Die Clubbetreiber würden die Massnahmen konsequent umsetzen, versichert Bücheli. Die Grenze sei aber erreicht, wo sich das Geschehen im öffentlichen Raum abspiele. «Dafür sind wir nicht zuständig», findet er.

Aus epidemiologischer Sicht gebe es dagegen nur eine vernünftige Lösung, sagt Cerny: keine Partys. «Es liegt nun auch an den Kantonen, Silvesteranlässe in Innenräumen doch noch abzusagen.» Die Möglichkeiten, das zu machen, hätten sie.