Comeback des Jahrtausends

Abba, war das jetzt eine gute Idee?

Pro

Carlotta Henggeler

Redaktorin Unterhaltung

Braucht die Welt Abba-Konzerte in Hologramm-Form? Diese Frage wird seit der Verkündung in meiner Bubble heiss diskutiert. Ja, klar! Es geht um die Leichtigkeit des Seins und pure Lebensfreude. Oder, Stefan?

Ich oute mich jetzt hier gern. Ich habe sehr lange auf ein Comeback von Guns'N'Roses und ja, Abba gehofft. Zwei sehr konträre Bands – die aber beide meine Jugend geprägt haben. Schliesslich gab's keine Schulparty, ohne dass irgendein Abba-Kracher lief.

Ein paar Jahre später, das gleiche Szenario: Keine Hochzeit ohne Abba. Immer, wenn die Gäste nach dem feudalen Essen zu erlahmen drohten, zack, spielte der DJ «Dancing Queen», «Super Trouper» oder «Gimme! Gimme! Gimme!». Und die Frauen pfefferten im Kollektiv ihre Stöggelschuhe in die Ecke und stürmten das Parkett. Auch Onkel Erich, der gerade noch fröhlich am Tisch vor sich hindöste, gab dann seine Moves zum Besten. Jeder Feld- und Wiesen-DJ weiss, mit Abba kriegst du sie alle. Ob in die Jahre gekommen oder Teenager. Alle lieben Abba, ausser Stefan, gell?

Woher diese Beliebtheit kommt, das müsste man arrivierte Musik-Komponisten fragen. Ihr Sound hat irgendwie eine zeitlose Pop-Note. Ihr Stil ist retro-cool. 

Das Phänomen Abba erklären zu wollen, sprengt diesen Rahmen. Aber eines kann ich mit Sicherheit sagen: Wenn sie für einen Gig auch in die Schweiz kommen, ich wäre dabei.

Happy, endlich wieder zu «Take a Chance On Me» und ihren neuen Songs abzufeiern – wie damals als Teenager – mit anderen Konzert-Fans um mich herum. Und im Gegensatz zu GnR wird es gesanglich top sein. Schliesslich sind Abba dafür bekannt. Und auch als Abbatare wird das nicht anders sein. Da werden sich die vier Schwed*innen nicht lumpen lassen. 

Ein Hoch auf die Leichtigkeit des Seins, die pure Lebensfreude: Der lang erwartete Lichtblick am Ende des Corona-Tunnels. Wenigstens für ein paar Stunden.

Contra

Stefan Ryser

Textchef

Die Freude war riesig, als mich die Nachricht des Jahrtausends erreicht hat. Na also, dachte ich. Wenn selbst Abba sich versöhnen und wieder auf Tour gehen, gibt es irgendwo da draussen auch Einhörner. Und. Dann. Das.

Ha! Carlotta, ich muss doch schon bitten, das Vergnügen eines Outings ist ganz meinerseits. Selbstverständlich liebe ich Abba mindestens so sehr wie du, mein Mami hat mich zum Glück von klein auf mit Abba sozialisiert.

Unvergessen die kindliche Freude und Leichtigkeit, wenn ich als Knirps im Autositzli sass und aus den Lautsprechern «Super Trouper», «Dancing Queen», «Mamma Mia», «Lay All Your Love on Me» oder ein beliebiger anderer ihrer unzähligen Hits scherbelte.

Das Schöne an Abba ist: Höre ich ihre Songs, rufen sie in mir immer noch dieselbe Freude und Leichtigkeit hervor. Hervorragend geschriebene Popmusik, für die damalige Zeit unglaublich aufwendig produziert.

Das noch Schönere an Abba ist aber: Die ungekrönten Queens and Kings of Disco lebten seit ihrer nie offiziell verkündeten Auflösung vom Zauber einer längst vergangenen Zeit – und, okay, ein wenig auch von der Hoffnung, sie würden sich eines Tages wieder versöhnen.

Als die Nachricht einsickerte, dass die vier – pardon – alten Schwed*innen zurückkommen, beschlich mich sofort ein ungutes Gefühl: Würden sie wirklich wieder gemeinsam auftreten, nach Äonen des Schweigens?

Ich bin erleichtert, wird das nun also eine lauwarme, halbbatzige Sache. Immerhin zerstören sie nicht ihr eigenes, glamouröses Bild ewiger Jugend und Schönheit.

Aber haben die vier Poprentner*innen und ihre Millionen von Fans das wirklich nötig? Werden die echte Anni-Frid, der echte Björn, der echte Benny und die echte Agnetha zu Hause am Cheminéefeuer sitzen und heimlich zuschauen, wie ihre Abbatare beim Publikum ankommen?

Nein, nötig haben das weder Abba noch ihre Fans. Und es ist kaum anzunehmen, dass A und B und B und A heimlich zuschauen. Ein echtes Comeback sieht anders aus.