«Tödlichste Droge der Welt» Carfentanyl kann schon bei Berührung zu Überdosis führen

Von Tobias Benz

17.2.2024

Zwei Milligramm Fentanyl reichen, um einen Menschen zu töten. Carfentanyl ist noch einmal viel gefährlicher.
Zwei Milligramm Fentanyl reichen, um einen Menschen zu töten. Carfentanyl ist noch einmal viel gefährlicher.
Bild: KEYSTONE

Es ist die tückischste und laut Experten gefährlichste Droge der Welt: Carfentanyl. Bereits eine Berührung des Rauschgifts kann zu einer Überdosis führen. Was macht die Substanz so gefährlich?

Von Tobias Benz

17.2.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Synthetische Opiate, die ursprünglich als Medikamente auf den Markt kamen, werden in der Drogenszene immer beliebter.
  • Während die Substanz Fentanyl bereits jährlich für zehntausende Todesopfer sorgt, droht sich nun das noch viel stärkere Carfentanyl auszubreiten. 
  • Die Drogen sind bei den Händlern in Mexiko, China und den USA deshalb so beliebt, weil sie aufgrund ihrer enormen Potenz eine unfassbare Marge erwirtschaften können.
  • Zuletzt tauchte Carfentanyl auch in München auf. In der Schweiz finden sich noch keine Berichte von solchen Fällen.

Turnhout ist eine beschauliche Kleinstadt im flämischen Teil Belgiens. Sie ist ein Zentrum der Grafikindustrie, bekannt für ihre Spielkartenherstellung – und Ursprung der tödlichsten Droge der Welt.

Hier tüftelt der Chemiker und Mediziner Paul Janssen Mitte des letzten Jahrhunderts an Psychopharmaka. Mit Erfolg: Im Dezember 1960 gelingt ihm die Entwicklung eines bahnbrechenden Kassenschlagers: dem Schmerzmittel Fentanyl.

Das synthetische Opiat ist etwa hundert Mal stärker als Morphium und überbietet alles, was die Pharmabranche damals zu bieten hat. Seither wird Fentanyl bei längeren chirurgischen Eingriffen oder bei starken Schmerzen von Krebspatienten eingesetzt.

Drogenspürhunde fallen tot um

Doch was mit guter Absicht begann, hat sich längst in einen tödlichen Alptraum verwandelt. Über die Jahre wurde aus Fentanyl das Derivat Carfentanyl entwickelt. Dieses ist weitere hundertmal potenter als sein Vorgänger und wurde lange in der Tiermedizin zur Einschläferung von grossen Wildtieren wie Nashörnern und Elefanten eingesetzt. Mittlerweile tauchen Fentanyl und Carfentanyl immer häufiger auf dem Schwarzmarkt auf und werden als Rauschgift eingesetzt – mit tödlichen Folgen.

Während Fentanyl jährlich bereits für zehntausende Todesopfer alleine in den USA verantwortlich ist, droht Carfentanyl sogar noch verheerendere Auswirkungen zu haben. Die Droge ist so stark, dass mit 0,1 Gramm Carfentanyl 10'000 Dosen für Opiatkonsumenten hergestellt werden können.

In den USA gehen regelmässig Menschen gegen Fentanyl auf die Strasse.
In den USA gehen regelmässig Menschen gegen Fentanyl auf die Strasse.
Bild: IMAGO/Pond5 Images

Das Betäubungsmittel ist 7'500-mal stärker als Morphium und führt zu tödlichem Atemstillstand. Alleine die Berührung soll bei Menschen zu einer Überdosis führen können und für Drogenspürhunde kann das Erschnüffeln des Derivats tödlich sein. Nach Einschätzung von Experten ist Carfentanyl die «tödlichste Droge der Welt», wie etwa «N-TV» schreibt.

Unfassbare Gewinnmarge

Bei Drogenhändlern, besonders in Mexiko, China und den USA ist Fentanyl und Carfentanyl dennoch beliebt. Der Grund ist die unglaubliche Marge. Laut Angaben der US-Drogenbekämpfungsbehörde «DEA» kostet ein Kilogramm Heroin in der Produktion 6'000 bis 7'000 Dollar. Verkauft wird die Droge auf der Strasse für rund 80'000 Dollar pro Kilo.

Im Falle von Fentanyl winkt den Drogenhändlern aufgrund der enorm hohen Potenz ein noch viel grösserer Gewinn. Die Herstellung eines Kilogramms kostet rund 5'000 Dollar. Weil es viel stärker gestreckt werden kann, wird damit aber ein Umsatz von mehr als 1,5 Millionen Dollar generiert.

Die tödliche Gefahr bei Carfentanyl ist oft, dass es in einer so geringen Menge in anderen Drogen gestreckt ist, dass die Konsumenten gar nichts davon wissen. In Argentinien starben im Frühjahr 2022 mindestens 20 Menschen nach dem Konsum von Kokain, das mit dem gefährlichen Betäubungsmittel versetzt war.

Die Droge Fentanyl ist in den USA weit verbreitet.
Die Droge Fentanyl ist in den USA weit verbreitet.
Bild: KEYSTONE

Carfentanyl in München, Fentanyl in der Schweiz

Die europäische Drogenbeobachtungsstelle EMCDDA meldete Dutzende Todesfälle nach Einnahme von Carfentanyl, unter anderem in Belgien, Estland, Norwegen, Schweden und Grossbritannien. Zuletzt tauchte das Rauschgift auch in München auf.

Laut einer Untersuchung des Landeskriminalamts war es einer Konsum-Einheit Heroin beigemischt, die bei der Kontrolle eines Drogenkonsumenten beschlagnahmt wurde. «Es könnte sein, dass der Mann gar nicht wusste, was da noch alles in sein Heroin gemischt war», so ein Sprecher des deutschen LKA.

In der Schweiz finden sich noch keine Berichte von Carfentanyl-Fällen in der Drogenszene. Dafür soll gemäss «20 Minuten» die ebenfalls tödliche Droge Fentanyl auf Schweizer Strassen angekommen sein.


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