Friends-forever-Kolumne Darum ist mein Partner nicht mein bester Freund

Von Gabriella Alvarez-Hummel

31.5.2022

In «Die Hochzeit meines besten Freundes» ist Julia Roberts in ihren besten Freund verliebt – und die Sache endet übel.
In «Die Hochzeit meines besten Freundes» ist Julia Roberts in ihren besten Freund verliebt – und die Sache endet übel.
Bild: ©TriStar Pictures/Courtesy Everett Collection

Unsere Kolumnistin kann es nicht mehr hören, wenn Menschen sagen, sie haben ihren besten Freund geheiratet.

Von Gabriella Alvarez-Hummel


Wenige Dinge irritieren mich so sehr wie Hochzeitsanzeigen (vorwiegend auf Instagram), in denen verkündet wird: «Ich heirate meinen besten Freund/meine beste Freundin!»

Lasst einander doch ein wenig Platz und Ruhe, will ich ihnen sagen. Jetzt heiratet ihr doch schon, wahrscheinlich wohnt ihr zusammen (seid also auch ganz banal: Mitbewohner), vielleicht teilt ihr euch das Sorgerecht mehrerer kleiner Menschen oder eines Haustiers, möglicherweise arbeitet ihr sogar in derselben Branche oder habt denselben Freundeskreis – und jetzt soll der Partner oder die Partnerin auch noch die Aufgabe der besten Freundschaft übernehmen?

Bedingungen in Beziehungen

Versteht mich nicht falsch: Ich bin absolut der Meinung, dass eine gute Beziehung auf einer guten Freundschaft basieren soll. Mein Mann ist in vielen Belangen sowas wie mein bester Freund. Wenige Menschen kennen mich so gut wie er, er ist die erste Person, die ich anrufe, wenn etwas ist.

Aber an diese Beziehung sind so viele weitere Bedingungen geknüpft, dass ich den armen Mann nicht auch noch damit belasten will, mein bester Freund zu sein. Er soll wissen, dass ich auf andere Menschen zurückgreifen kann, wenn es mir nicht gut geht. Oder wenn er gerade keine Kapazität hat.

Es muss reichen, dass er schon mein Liebes- und Lebenspartner, Mitbewohner, Arbeitskollege, Hundepapi und buchstäbliches Mitglied meiner Familie ist.

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Freundschaft ist nicht gerade sexy

Und ehrlicherweise finde ich es auch einfach unsexy. Wenn ich an meine besten Freundinnen und Freunde denke, werde ich nicht ansatzweise horny. Ich meine, ich liebe sie, sie sehen auch alle top aus und hundert andere attraktive Attribute, aber körperliche Anziehung: null.

Und wenn ich dann versuche, meinen Partner in diese Freunde-Schublade zu stecken, sträubt sich in mir drin alles. Weil sie zwar schön und flauschig, aber irgendwie sehr asexuell ist. Und das will ich nicht für meine Partnerschaft.

Ich frage mich dann auch, was man unterschwellig mitteilen will, wenn man sagt, man habe die beste Freundin geheiratet. Dass man gut miteinander klarkommt? Dass man wirklich, wirklich füreinander da ist?

Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Ich finde es sogar schön, dass man sich die gute Freundschaft sozusagen zum Vorbild nimmt. Aber darf das denn nicht reichen: eine sehr gute Freundschaft? Muss es gleich die beste sein?

Die letzte Erklärung dafür wäre, dass Menschen diese Aussage machen, weil sie sich nicht besser auszudrücken wissen. Dann wäre es schlichtweg eine Floskel. Und damit im Kontext einer Hochzeitsankündigung endgültig inhaltsleer.

Das war der letzte Teil der Friends-Forever-Kolumne. Danke fürs Lesen und für die Messages via Instagram.


Friends-forever-Kolumne
zVg

Es gibt Beziehungsratgeber, Elternblogs, was aber ist mit Freundschaften? Warum werden sie im öffentlichen Diskurs so vernachlässigt? Die freie Autorin Gabriella Alvarez-Hummel will das mit ihrer Kolumne ändern.