Bötschi fragt Meta Hiltebrand: «Tim Mälzer verweigert mir die Revanche»

Von Bruno Bötschi

30.3.2021

«Ich verstehe nicht, warum Menschen für Schuhe ein Vermögen ausgeben und sich aber gleichzeitig mit billigem Fastfood vollstopfen»: Meta Hiltebrand.
«Ich verstehe nicht, warum Menschen für Schuhe ein Vermögen ausgeben und sich aber gleichzeitig mit billigem Fastfood vollstopfen»: Meta Hiltebrand.
Bild: zVg

Mit 25 hatte sie ihre eigene TV-Show, mit 30 ihr eigenes Restaurant in Zürich: Köchin Meta Hiltebrand verrät ihre liebsten Zutaten, den Vornamen ihres liebsten Menschen und auch, wie es mit ihrem Restaurant in Zürich weitergeht.

Von Bruno Bötschi

30.3.2021

Diese Frau fällt auf – mit ihren orangen Haaren, dem geschliffenen Mundwerk, aber noch viel mehr mit ihrem Talent: Meta Hiltebrand kann kochen, wunderbar kochen, grossartig kochen. Mit 25 war sie die jüngste TV-Köchin Europas. Heute, also 13 Jahre später, wirkt sie immer noch so frisch wie die Zutaten, die sie in der Küche verwendet. 

Der Journalist trifft die Köchin in ihrem neuen Kochstudio bei den Viaduktbögen in Zürich. «Kochen ist mein Leben», sagt Hiltebrand. Statt Trübsal zu blasen wegen der Corona-Pandemie und ihrem seit Monaten geschlossenen Restaurant Le Chef hat sich die wohl bekannteste Schweizer Köchin damit einen Traum erfüllt.

Und sie hat, nach reiflichen Überlegungen, einen weiteren weitreichenden Entscheid gefällt: Sie will den Pachtvertrag für ihr Restaurant nicht verlängern. Halt! Stopp! Wir wollen nicht schon am Anfang alles verschreien, sondern fangen ganz langsam an, bevor es dann zum Ende so richtig ans Eingemachte geht.

Das Interview wird per du geführt, weil sich Hiltebrand und der Journalist schon länger kennen und die Fernsehköchin auch mit all ihren Gästen in ihrem Restaurant Duzis macht.

Meta Hiltebrand, wir machen heute ein Frage-Antwort-Spiel: Ich stelle dir in den nächsten 30 Minuten möglichst viele Fragen – und du antwortest möglichst schnell und spontan. Passt dir eine Frage nicht, sagst du einfach ‹weiter›.

Alles klar. Ich habe kürzlich dein Interview mit Schlangenfrau Nina Burri gelesen und dabei festgestellt, dass sie nie mit ‹weiter› geantwortet hat.

So ist es.

Wow.

Wie geht es dir nach drei Monaten Winterschlaf?

Es ist bereits der zweite Corona-Lockdown, den ich erlebe, und deshalb ist er, zumindest emotional gesehen, weniger schlimm als der erste. Was wohl auch damit zu tun hat, dass ich mich vor ein paar Monaten neu verliebt habe.

Wie heisst der Glückliche?

Tom.

Wie geht es dir geschäftlich?

Meinem Restaurant Le Chef in Zürich geht es schlecht. Wegen des Lockdowns ist es seit Mitte Dezember geschlossen. Ansonsten kann ich mich aber nicht beklagen, ich habe gerade ziemlich viel Arbeit: Ich schreibe Rezepturen für Firmen, biete Online-Kochkurse an, bin mit dem Aufbau meines neuen Kochstudios beschäftigt und als Störköchin unterwegs. Aber Störkochen tue ich nur für Menschen, die ich wirklich sehr gut kenne, denn auch ich will mich vor dem Coronavirus schützen.

Zum Autor: Bruno Bötschi
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«blue News»-Redaktor Bruno Bötschi spricht für das Frage-Antwort-Spiel «Bötschi fragt» regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.

Auf einer Skala von eins bis zwölf Punkten: Wie verrückt ist die Welt gerade?

Zehn Punkte.

Und wie verrückt bist du?

Ich war schon immer eine Zwölf.

Dein Lieblings-Frustessen?

Tomaten-Mozzarella-Salat mit selbstgemachter Balsamico-Reduktion.

Dein Lieblingsessen als Kindergärtlerin?

Als Kind hatte ich kein Lieblingsessen. Meine Mami ist eine sensationell gute Köchin. Sie kann alles kochen und ihre Wähen und Guetslis sind absolute Sonderklasse. Es gibt jedoch zwei Gerichte, denen ich emotional stark verbunden bin.

Welche sind das?

Meine Mami kommt aus Deutschland und macht megatolle Brotknödel und wunderbar süsse Zwetschgenknödel. Das Erstaunliche dabei: Ich habe beide Knödelarten schon mit ihr zusammen gekocht, aber es bisher nie geschafft, dass meine genauso gut schmecken.

Steht dein Vater auch in der Küche?

Mein Vater ist ein leidenschaftlicher Koch, vor allem am Wochenende. Er verarbeitet gern Produkte aus dem eigenen Garten. Das erste Mal, als mein Vater für mich ganz allein gekocht hat, servierte er mir ein Menü total in Grün. Das werde ich nie mehr vergessen.

Wer hat dir das Kochen beigebracht?

Fabio Codarini. Er war mein Lehrmeister im Restaurant Rigihof und wurde danach zu meinem Mentor und Förderer. Fabio hat mir nicht nur das Kochen beigebracht, sondern auch immer viel Vertrauen geschenkt.

Wieso hast du Köchin gelernt?

Ich wollte einen handwerklichen Beruf erlernen, schnupperte deshalb als Maurerin, Floristin und Köchin. Maurerin schaffte ich körperlich nicht, Floristin hat mir grundsätzlich nicht gefallen.

Und Köchin?

Ich stand kaum in der Küche, da erhielt ich, ich war gerade am Salatwaschen, das erste Lob. Später durfte ich ein Schoggimousse machen und auch dafür wurde ich gelobt. Da war für mich klar: Ich will Köchin werden.

Wie wird aus der Schnupperstiftin, die für ihr Schoggimousse gelobt wird, eine der prägendsten Frauen der Schweizer Gastronomie?

Oh, danke vielmals für das tolle Kompliment. Ich persönlich nehme mich aber nicht so wichtig.

Und jetzt bitte noch eine Antwort auf meine Frage.

In der Schule bin ich in den Fächern, die zählten, nicht durch gute Leistungen aufgefallen. Während der Kochausbildung merkte ich bald, dass mir diese Arbeit nicht nur liegt, sondern auch Freude macht. Ich entwickelte einen extremen Wissensdurst, wollte die Gastronomie von der Pike auf kennenlernen. Statt in die Ferien zu fahren, arbeitete ich deshalb einmal eine Woche bei McDonalds, eine Woche bei New Point und eine Woche in einer Pizzeria.

«Ich habe beide Knödelarten schon mit meiner Mami zusammen gekocht, aber es bisher nie geschafft, dass meine genauso gut schmecken»: Meta Hiltebrand.
«Ich habe beide Knödelarten schon mit meiner Mami zusammen gekocht, aber es bisher nie geschafft, dass meine genauso gut schmecken»: Meta Hiltebrand.
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Dein Lieblingsfluchwort in der Küche?

Der Klassiker ist ‹Scheisse›.

Wenn du in einem Restaurant etwas Schlechtes serviert bekommst: Reklamierst du beim Service, oder isst du ein bisschen und behauptest am Ende: ‹Es war fein, aber die Portion war zu gross›?

Ich bin eine ganz schlechte Lügnerin. Allerdings muss einem der Service auch die Möglichkeit geben, reklamieren zu können. Kommt ein Kellner auf mich zu und sagt selbstbestätigend ‹Gelled Sie, es isch recht gsi?›, würde ich das so nie bestätigen. Durch meine Bekanntheit kommt es zudem öfter vor, dass der Küchenchef persönlich an den Tisch kommt und fragt, wie das Essen war. Ich frage dann jeweils: ‹Willst du eine ehrliche und konstruktive Kritik oder willst du dir nur ein Kompliment abholen?› Ist der Küchenchef offen für eine faire Kritik, gebe ich die gern ab.

Aufs Maul hocken war noch nie dein Ding. Stimmt’s?

Stimmt. Ich sage immer: Frage einen Menschen nicht nach seiner Meinung, wenn du sie nicht hören willst.

Wann das letzte Mal gedacht ‹Mist, wäre ich doch besser aufs Maul gehockt›?

Natürlich gibt es Momente, in denen ich denke, ich hätte besser etwas länger nachgedacht, als sofort geantwortet. Aber bereuen, was ich gesagt habe, tue ich nie. Ich bin ein ehrlicher Mensch. Es gibt also keinen Grund, nicht für meine Meinung einzustehen.

Bist du gut im Entschuldigen?

Alle Menschen machen Fehler. Ich habe kein Problem damit, mich zu entschuldigen, wenn ich einmal zu forsch, zu ungeduldig oder zu direkt war.

Wann das letzte Mal gedacht ‹Ach, hätte ich doch nur was gesagt›?

Das passiert mir nicht. Ich sage immer, was ich denke.

Muss eine Köchin, ein Koch ein Erfinder sein?

Ein guter Koch ja. Du musst mutig sein. Du musst Grenzen überwinden und nicht nur Rezepte aus irgendwelchen berühmten Kochbüchern nachkochen. Wer dies tut, schafft es vielleicht in eine Kantinenküche. Das ist beileibe kein schlechter Job, aber ich wollte mehr, wollte meine eigenen Ideen realisieren, wollte mein eigenes Restaurant eröffnen.

Mit 25 hattest du bereits deine eigene Kochsendung. Wie kam das?

Ich habe mir das nicht selber verdient, sondern war im richtigen Moment am richtigen Ort mit dem richtigen Netzwerk. Die Sendung ‹Kochen.TV› suchte damals einen neuen Koch. Mein Schwager, Berater und Mentor Reto Dürrenberger kannte die Veranwortlichen der Sendung und schlug mich vor.

Anfänglich soll es mit der TV-Sendung nicht besonders gut gelaufen sein.

Das stimmt. Früher war ich blond. In der Küche war ich immer nur das nette Mädchen. Meine Schwester Sarah, sie ist Werberin, brachte mich in der Folge dazu, meine Haare orange zu färben – das ist die Farbe des Appetits. Und sie nahm mich mit zu einem Designer. Seither trage ich eine violette Kochbluse. Ich sage nur: Storytelling! Ich fand das anfänglich alles nicht besonders lässig, aber so wurde Meta Hiltebrand zur Marke, ab 2005 im Schweizer Lokal-TV, später auch in deutschen Kochshows. Dass dies alles so gekommen ist, habe ich Sarah zu verdanken. Sie fördert mich und ist gleichzeitig mein grösster Fan und meine grösste Kritikerin.



Was braucht es alles, neben etwas Talent, um es als Köchin oder Koch nach ganz oben zu schaffen?

Viel Durchhaltewillen, wahnsinnig viel Ehrgeiz und man darf sich, auch wenn man mal eines in die Fresse bekommt, nicht so schnell unterkriegen lassen. Ganz wichtig ist zudem das richtige Umfeld, also Menschen, die für einen da sind in guten und schlechten Zeiten und dafür sorgen, dass einem der Erfolg nicht in den Kopf steigt.

Wenn man dem 2018 verstorbenen New Yorker Küchenchef Anthony Bourdain glaubt, dann ist Kochen: ‹Sex, Drugs and Rock'n'Roll.›

Die Drogen kannst du streichen. Hätte ich diesen Substanzen je gefrönt, hätte ich niemals geschafft, was ich in den letzten Jahren erreicht habe. Ich kenne genug talentierte Köche, die ihre Karriere nicht auf die Reihe gekriegt haben, weil ihnen Drogen in den Weg kamen.

Aber das mit dem Sex und dem Rock’n’Roll stimmt demnach?

Definitiv. Ich muss sogar sagen – egal, wie frustrierend das jetzt für alle meine Ex-Freunde klingen mag – den allerbesten Orgasmus erlebe ich, während ich mein eigenes Essen geniesse. An diese Vielzahl von Emotionen ist bisher noch keiner meiner Männer herangekommen. Also echt, was kann es Geileres geben, als etwas Tolles zu Essen, auf der Zunge die verschiedenen Konsistenzen zu schmecken, im Gaumen zu spüren … wow, dafür brenne ich, das gibt mir immer wieder neuen Drive weiterzumachen, nicht stehenzubleiben und neue Ideen zu entwickeln und auszuleben.

Und was ist mit dem Rock’n’Roll?

Mir ist Techno lieber.

So grundsätzlich: Welche Bedeutung hat Essen für dich?

Es gibt wenige Dinge, die wir Menschen machen müssen, damit wir überleben können. Essen gehört dazu und darum ist es mir ganz wichtig, dass das ein Höhepunkt ist. Ich verstehe nicht, warum Menschen für Schuhe ein Vermögen ausgeben und sich aber gleichzeitig mit billigem Fastfood vollstopfen. Gutes Essen bedeutet Lebensfreude, gutes Essen bedeutet Energie. Ich will keinen Schrott essen.

Welche Bedeutung hat Trinken?

Ich bin ein Kafi-Junkie. Ohne Kaffee geht es mir nicht gut.

Welches war deine beste Idee, während du betrunken warst?

Ich sage jetzt einmal frech: Wenn ich richtig betrunken bin, weiss ich am nächsten Tag nicht mehr alles, was ich erzählt habe. Und deshalb würde ich sagen: Die richtig guten Ideen habe ich im nüchternen Zustand, wenn ich mit den richtigen Menschen zusammen bin.

Träumst du von neuen Menükreationen?

Ja – und das ist Fluch und Segen zugleich. Ich liebe meinen Beruf so sehr, dass er auch in meinen Träumen vorkommt. Ich annonciere im Bett, ich kritisiere, erwähne Menüzutaten, formuliere sogar ganze Sätze, während ich schlafe. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass bis zu 70 Prozent meiner kulinarischen Ideen ihren Ursprung in meinen Träumen haben. Ehrlich gesagt, es ist oft nicht lässig neben mir im Bett zu liegen.

«Ich muss sogar sagen – egal, wie frustrierend das jetzt für alle meine Ex-Freunde klingen mag – den allerbesten Orgasmus erlebe ich, während ich mein eigenes Essen geniesse»: Meta Hiltebrand.
«Ich muss sogar sagen – egal, wie frustrierend das jetzt für alle meine Ex-Freunde klingen mag – den allerbesten Orgasmus erlebe ich, während ich mein eigenes Essen geniesse»: Meta Hiltebrand.
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Wie beschreibst du spontan und kurz das perfekte, selbst gekochte Mittagessen für eine vierköpfige Familie an einem trüben Frühlingstag während des Lockdowns?

Weniger ist mehr würde ich in dem Fall sagen und auf einen Klassiker setzen. Gut passen würde ein Geschnetzeltes in einer Rahmsauce, dazu würde ich Süsskartoffeln und etwas Gemüse servieren.

Wie beschreibst du das perfekte, selbst gekochte Abendessen für ein Liebespaar an einem verregneten Frühlingstag während des Lockdowns?

Da wäre mein Motto «Go wild and crazy»: Jakobsmuscheln wären wunderbar oder Belugalinsen mit selber gemachten Essenzen. Und ich würde Peta-Zeta-Knallpulver darüber streuen und damit vor dem Essen für eine hübsche Explosion auf dem Tisch sorgen.

Was kannst du am Kochen absolut gar nicht leiden?

Ich hasse Friteusen. Ich finde es ekelhaft, am Abend nach Hause zu kommen und nach Öl zu stinken.

Du kannst besser kochen als die meisten Menschen – was kannst du gar nicht?

Ich würde nicht sagen, dass ich besser kochen kann als die meisten Menschen, aber ich schaffe es, Essen mit Emotionen zu verbinden und mit meinen Menüs Geschichten zu erzählen.

Wann ist dir zuletzt ein Menü abverreckt?

Die Frage wird mir immer und immer wieder gestellt. Aber ehrlich gesagt, ich habe noch nie ein Menü derart versaut, dass ich es hätte wegwerfen müssen.

Gibt es für dich so etwas wie das perfekte Lebensmittel?

Das perfekte Lebensmittel gibt es nicht, aber es gibt solche, die wichtiger sind als andere.

Zum Beispiel?

Salz, Zucker und Fette, zum Beispiel Öle jeder Art oder Butter.

Gibt es Lebensmittel, die du nicht magst, aber trotzdem isst, weil sie gesund sind?

Ich esse alles ausser Bananen und Kokosnuss. Diese beiden Lebensmittel kann ich roh nicht essen.

Schon einmal Insekten gegessen?

Ja, natürlich. Ich war in der Schweiz eine der ersten, die Rezepte mit Insekten lanciert hat und habe dafür auch einen ziemlichen Shitstorm geerntet.

Welches Lebensmittel hat es bei dir daheim immer im Kühlschrank?

Es sind drei Lebensmittel, die ich immer vorrätig habe: Butter, Schweizer Milchschoggi und Salami.

Was kochst du am liebsten, wenn du daheim bist?

Fondue und Raclette.

2009 sagtest du in einem Interview: ‹Ein Viergänger für zwölf Personen bei mir daheim wäre jederzeit ohne einzukaufen möglich.›

Das stimmt. Essen habe ich daheim immer genug vorrätig. Es liegen auch immer ein paar schöne Stücke Fleisch von meinem Jäger in der Tiefkühltruhe. Gäbe es Corona nicht, könnten wir jetzt sofort zu mir nach Hause gehen und eine Party schmeissen.

Was gibt es an Ostern bei Meta Hiltebrand zu essen?

Ostern und Weihnachten sind wichtige Festtage für mich. Ich bin dann immer bei meinen Eltern auf Besuch. An Ostern gibt es bei den Hiltebrands einen klassischen Familien-Brunch, für den meine Mami ihre legendären Zopfhasen backt und dazu Ostereier serviert, die sie im Zwiebelbad gefärbt hat.

Ich nenne dir vier Gastrotrends der vergangenen Jahre, und du sagst spontan, was du davon hältst. Erstens: die Haute Cuisine.

Allgegenwärtig. Ich setze sie nach wie vor um bei mir im Restaurant.

Fast Food.

Wohl der beliebteste Gastrotrend zurzeit. Ich finde, die Menschene sollten dringend weniger davon essen.

Molekularküche.

Ist gar nicht meins.

«Meine Teller sind prinzipiell bunt angerichtet und du findest darauf immer etwas total Unnötiges»: Meta Hiltebrand.
«Meine Teller sind prinzipiell bunt angerichtet und du findest darauf immer etwas total Unnötiges»: Meta Hiltebrand.
Bild: zVg

New Nordic Cuisine.

Der Burner schlechthin und die kulinarische Inspiration überhaupt für mich. Eine Küche, die auf regionale Naturprodukte der Saison setzt, auf alte Konservierungstechniken und Zutaten. Ich bin ein grosser Fan von Kopenhagen und reiste vor der Corona-Pandemie regelmässig in die dänische Hauptstadt.

Um neue kulinarische Ideen zu sammeln?

Nein, um mich verwöhnen zu lassen.

Deine Restauranttipps für Kopenhagen?

Mein absoluter Favorit war die Fiskebar im ehemaligen Fleischmarkt. Leider sorgte die Pandemie dafür, dass das Lokal kürzlich zu machen musste. Grossartig finde ich zudem das Geist, dort werden die aufwendigsten Cocktails weit und breit serviert. Zusammen mit dem Essen fühlt sich das an wie ein Sechser im Lotto. Und wenn ich einmal so richtig abheben will, gehe ich ins Geranium essen, dem höchst dotierten Restaurant in der Stadt. Die servieren dir dort zum Beispiel einen Ast mit einem Häufchen Moos drauf. Total freakig, total wunderbar, total geil.

An die Stelle des Gourmets alter Schule ist der sogenannte Foodie getreten. Er achtet mehr auf Werte: Bio muss sein Essen sein, regional, saisonal.

Ich finde das eine gute Entwicklung, aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass die regionalen Produkte sehr oft nicht in genug grosser Menge vorhanden sind. Und deshalb gilt für mich am Ende des Tages: Egal, wie regional und saisonal ich koche, ich will dem Gast ein supertolles Essen bieten können. Das heisst, wenn die Erdbeeren aus der Schweiz gerade nicht geschmackvoll sind, dann weiche ich halt auf solche aus dem nahen Ausland aus.

Oder du servierst keine Erdbeere?

Das ginge natürlich auch. Aber vielleicht wünscht sich der Gast unbedingt Erdbeere und dann will ich mich diesem Wunsch nicht querstellen.



Essen sei die neue Religion, heisst es immer wieder. Stört dich diese Entwicklung?

Nein, aber ich finde, jeder soll nach seiner Façon selig werden. Und ganz wichtig: Vor lauter Chichi sollten wir während des Essens das Essen nicht vergessen. Essen sollte niemals anstrengend sein. Denn du bist, was du isst. Und du fühlst dich auch so, wie und was du isst.

Was macht die Einzigartigkeit eines Gerichtes aus: die blossen Zutaten oder das Genie der Köchin oder des Koches?

Es braucht beides. Und nicht zu vergessen: Es braucht den Gast, er ist der wichtigste Mitspieler. Hat dein Gast einen schlechten Tag, musst du ihm ein anderes Essen servieren, als wenn dein Gast emotional positiv gestimmt ins Restaurant kommt.

Woran erkennt man einen Teller von Meta Hiltebrand?

Meine Teller sind prinzipiell bunt angerichtet und du findest darauf immer etwas total Unnötiges.

Zum Beispiel?

Einhorn-Staub oder Peta-Zeta-Pulver, damit es schön knallt.

Als Betreiberin eines Restaurants hat man tagtäglich mit vielen Menschen zu tun. Wie ist das, wenn man wegen der Corona-Pandemie plötzlich auf sich selbst zurückgeworfen wird?

Ich habe kein Problem damit, Zeit mit mir selber zu verbringen. Aber natürlich vermisse ich den Austausch mit meinen Mitarbeitern und den Gästen. Ehrlich gesagt bin ich sogar etwas auf Entzug, denn ich bin ein sehr kommunikativer Mensch. Ich musste feststellen, dass wenn ich in diesen Wochen jemanden auf der Strasse treffe, diesen total zutexte. Ich vermisse die Kritik, egal ob positiv oder negativ. Und ich vermisse den Ausgang. Ich liebe es, ab und zu die Nacht zum Tag zu machen und im Hive in Zürich tanzen zu gehen.

Liebe geht durch den Magen. Wahr oder nicht?

Garantiert wahr.

Verliebte Köche versalzen das Essen.

Keine Ahnung, wer diesen Satz erfunden hat. Er gehört auf alle Fälle dringend revidiert. Ich bin, wie eingangs erwähnt, total verliebt, aber das Essen versalze ich trotzdem nicht. Ich wüsste auch nicht, wieso mir das passieren sollte. Ich finde es super geil, wenn Tom neben mir steht, während ich koche. Oder noch besser: Er hilft mit. Ich habe nämlich endlich einen Partner gefunden, der nicht nur gern isst, sondern auch gern kocht.

«Hat dein Gast einen schlechten Tag, musst du ihm ein anderes Essen servieren, als wenn dein Gast emotional positiv gestimmt ins Restaurant kommt»: Meta Hiltebrand.
«Hat dein Gast einen schlechten Tag, musst du ihm ein anderes Essen servieren, als wenn dein Gast emotional positiv gestimmt ins Restaurant kommt»: Meta Hiltebrand.
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Im vergangenen Februar sagtest du in einem Interview: ‹Ich werde, wenn der Pachtvertrag für das Restaurant Le Chef in zwei Jahren ausläuft, ihn wohl nicht verlängern.›

Der Entscheid ist definitiv. Ich werde den Vertrag nicht verlängern.

Weiter sagtest du: ‹Ich liebe zwar die Gastronomie, aber ich habe Mühe mit den langen Arbeitstagen und dem ganzen Bürokram.›

Ich habe in den letzten Jahren krass viel gearbeitet, ich stand regelmässig 13, 14 Stunden in der Küche meines Restaurants. Durch die Corona-Pandemie und das geschlossene Restaurant habe ich nun so etwas wie mein soziales Leben zurückgewonnen. Früher habe ich mich vor allem über meine Leistung im Restaurant definiert, heute ist mir das nicht mehr ganz so wichtig. Ich musste zudem feststellen: Ich vermisse die alte Meta. Die Meta, die Ideen rasch realisiert. Mit einem Restaurant an der Backe geht das nicht so einfach.

Gastronomie ja, Restaurant nein: Wie wird es mit Meta Hiltebrand weitergehen?

Ich möchte in Zukunft wieder mehr Entertainerin sein. Deshalb habe ich mich entschlossen, mich auf mein neues Kochstudio zu konzentrieren, statt ein klassisches Restaurant zu führen. Ich koche lieber einen Abend lang für 20 Gäste, anstatt mich über Besteck zu ärgern, das geklaut wurde. Zudem will ich Events und Kochkurse durchführen und mich dem Kreieren von neuen Rezepturen widmen.



Hast du die Lust am Beizen komplett verloren?

Ich liebe das, was ich mache und was ich mache, mache ich exzessiv und mit ganzem Herzen. Deshalb garantiere ich dir hier und heute: Sobald wir das Restaurant Le Chef wieder aufmachen dürfen, werden meine Mitarbeiter und ich wieder Vollgas geben bis zum letzten Öffnungstag.

Ich hätte ein Tipp: Lanciere endlich deine eigene Kochsendung!

Ich darf dir verraten: Ich habe das schon x-fach versucht, habe auch schon mehrere Pilotsendungen produziert. Am Ende kam nie etwas dabei heraus. Ehrlich gesagt, ich habe etwas die Schnauze voll davon, ständig neue Ideen auszubrüten, die dann doch nicht realisiert werden, nur weil der Schweizer Fernsehmarkt zu klein und zu konservativ ist.

Du bist eine der ganz wenigen Frauen, die in der Sendung ‹Kitchen Impossible› gegen den deutschen Fernsehkoch Tim Mälzer kochen durften.

Stimmt, ich war die erste Frau überhaupt in seiner Sendung.

Und du hast sogar gegen ihn gewonnen.

Ich habe die Challenge gern angenommen, aber hatte nie erwartet, auch nur den Hauch einer Siegeschance zu haben. Warum auch? Tim hat viel mehr Erfahrung als ich. Aber es war einfach megageil, dass ich in der Sendung dabei sein durfte und gegen eines meiner grossen Vorbilder kochen durfte. Cool war es auch deshalb, weil Tim und ich von Jamie Oliver inspiriert sind, einen ähnlichen Kochstil pflegen und uns auch charakterlich ähneln.

Was passierte nach deinem Sieg?

Tim Mälzer war hässig. Aber er ist immer böse, wenn er verliert. Das ist seinem Ehrgeiz geschuldet. Tim hasst Niederlagen, aber gleichzeitig machen sie ihn noch stärker und noch unberechenbarer.

Drohte dir Tim Mälzer nach deinem Sieg mit der Kündigung der Freundschaft?

Nein, aber ich habe schnell gemerkt, dass es für unsere Freundschaft besser gewesen wäre, wenn ich verloren hätte. Für mein Ego und für Tims Weiterentwicklung hingegen war es gut, dass ich gewonnen habe.

Er wird dich demnach nie mehr in seine Sendung einladen?

Ich habe ihm eine Revanche angeboten, aber er ist bis heute nicht auf mein Angebot eingegangen. Ich frage mich, wieso er diese Niederlage auf sich sitzen lässt und mir nicht nochmals die Stirn bieten will. Stattdessen liess er mich gegen Tim Raue antreten.

Gegen Raue, einen Berliner Sternekoch, hast du verloren.

Das stimmt. Aber ich wollte nie gegen Raue antreten.

Warum nicht?

Ich bin der Meinung, ein Duell Tim Raue gegen Meta Hiltebrand macht keinen Sinn. Es fühlt sich etwa so an, wie wenn ein Autofahrer gegen ein Velofahrer ein Rennen austrägt. Tim und Meta passen viel, viel besser zusammen.

Viele Schweizerinnen und Schweizer träumen vom Traumpaar Studi und Meta Hiltebrand.

Meta und Studi? Du weisst schon, dass der Studi schwul ist.

Natürlich weiss ich das. Aber ich rede ja auch nicht von Liebe oder gar Heirat, sondern von einer gemeinsamen Kochsendung.

Ach so! Ich kann dazu nur sagen, ich mag den Studi sehr und wäre bei so einem Projekt sofort dabei. Aber Studi lebte lange in Berlin und ist nun kürzlich nach London gezogen. Ich denke darum, dass er andere Ziele verfolgt.

Schauen wir einmal, vielleicht liest ja SRF-Direktorin Nathalie Wappler dieses Interview und meldet sich danach bei dir.

Wie gesagt: Für so ein Projekt wäre ich jederzeit offen.

Die Küchenchefs sind so etwas wie die Popstars des 21. Jahrhunderts. Wahr oder nicht?

Ich finde, man kann auch alles übertreiben.

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