Kolumne am Mittag Roger Federer, hör bitte sofort auf zu trällern!

Von Bruno Bötschi

24.9.2020

War nicht anders zu erwarten: Tennisspielen kann Roger Federer definitiv besser als Singen.
War nicht anders zu erwarten: Tennisspielen kann Roger Federer definitiv besser als Singen.
Bild: Getty Images

Roger Federer singt in einem TV-Spot den Beatles-Klassiker «With a Little Help From My Friends». Es war nicht der erste öffentliche Gesangsversuch des Tennisstars, aber hoffentlich sein letzter.

Vorab sei erwähnt: Es soll niemand behaupten, der Kolumnist wisse nicht, wovon er schreibe. Denn er hat sich selber auch schon als Sänger versucht. Doch dazu später.

«There's no business like show business», heisst es im Musical «Annie Get Your Gun» aus den 1940er-Jahren. Doch wer den Schritt ins Rampenlicht wagt, sei gewarnt: Sie oder er könnte über erbarmungslose Kritiker stolpern.

Vreni Schneider kann ein Lied davon singen. Im November 2012 trällerte sie im Schweizer Fernsehen in einer leuchtend grünen Steppjacke ein «Kafi am Pisterand mit Fründe im Glarnerland» – und bewies: Skistars jagen besser schnell über den Schnee, als dass sie Töne treffen.

Schneider reihte sich damit in eine Galerie von Sportlerinnen und Sportlern ein, die ihren Fans eins auf die Ohren gegeben haben – von Franz Beckenbauer über Bernhard Russi bis hin zu den englischen Fussballern Glenn Hoddle und Chris Waddle. Das Duo schaffte es mit dem Song «Diamonds Lights» 1987 sogar auf Platz 12 in den britischen Single-Charts. Trotz des kommerziellen Erfolgs fielen die Meinungen über die Gesangsqualität der beiden Kicker vor allem negativ aus.

Nicht in die Hitparade schaffen wird es Roger Federer mit seinem aktuellen Gesangsversuch, viel Geld bekommt er dafür trotzdem. Im TV-Spot einer Telekomfirma stimmt der Basler den Beatles-Klassiker «With a Little Help From My Friends» an.

«It's Hard to Say I'm Sorry»

Federer behauptet, dass er sich überwinden musste, öffentlich zu singen. Aber stimmt das wirklich? Warum hat er es dann immer wieder in den letzten Jahren getan?

«Who is the beeest? Better than the reeest?» schmetterte er 2009 beim Davis Cup gegen Italien 2009 im Festzelt. Schon damals zeigte sich eindrücklich: Die Stimmbänder des Basler Tennisvirtuosen sind nicht von der Muse geküsst. Was ihn nicht davon abhielt, es weiter zu versuchen.

Was macht Federer, wenn er nicht auf dem Tennisplatz steht? Er singt mit seinen Freunden seine Liebeslieder. Zumindest, wenn man dem Video glaubt, das er vor zwei Jahren getwittert hat.

Darin ist er gemeinsam mit Tommy Haas und Grigor Dimitrow zu sehen und zu hören, wie sie den Klassiker «It's Hard to Say I'm Sorry» von Chicago zum Besten geben. Haas' Schwiegervater begleitet das Trio am Klavier. Immerhin: Der Mann weiss, was er tut. Er ist Musiker. Was den Auftritt allerdings nicht besser macht.

«Roger Federer trifft auch Töne – manchmal»

Wenn Sportlerinnen und Sportler zum Mikrofon greifen, dann ist das Resultat meist bescheiden. Und so tönt auch die Tennis-Boygroup – sorry für die Majestätsbeleidigung! – nach Katzenmusik.

Wie erwähnt, der Kolumnist weiss, von was er schreibt. Für seinen Auftritt während der Hochzeit eines befreundeten Paares besuchte er monatelang Gesangsstunden, um nach der Trauung «Love Is In The Air» von John Paul Young singen zu können.

Wie es geklungen hat? Ach, zumindest hat niemand die Hochzeitsparty frühzeitig verlassen.

«Love is in the Air» –  gesungen von Kolumnist Bruno Bötschi

«Love is in the Air» – gesungen von Kolumnist Bruno Bötschi

«Love is in the Air» – gesungen von Bruno Bötschi. Und man hört und staunt: allerdings nicht über die Gesangskünste des Kolumnisten, sondern über das, was eine Korrektursoftware alles schafft mit einer Stimme.

24.09.2020

Zurück zu Roger Federer und seinem Versuch mit einem Beatles-Klassiker. Vor dem Auftritt habe er im Auto geübt, sagt er – zusammen mit seinen Kindern. Am Morgen vor dem Shooting bekam er zudem Hilfe von einem Vocal Coach: «Man gab mir den tollen Tipp, den Text fast zu sprechen, anstatt ihn tatsächlich zu singen.»

Dementsprechend klingt es: «Roger Federer trifft auch Töne – manchmal» notiert die Musikkritikerin des «Tages-Anzeigers». Dabei sei die Melodie nicht wahnsinnig schwierig. «Kleiner Umfang, keine komplizierten Intervalle. Also durchaus zu bewältigen für einen, der sonst eher Bälle als Töne treffen muss.»

Würdest du weglaufen, wenn ich falsch singen würde?, heisst es im Lied  am Anfang. Ach, lieber Roger Federer, sagen wir es so: Spiel bitte noch ewig lang Tennis, aber hör bitte sofort auf zu trällern!

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blueNews» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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