«Politischer Bürgerkrieg» Donald Trump mischt sich in US-Vorwahlkämpfe ein

Von Jeff Amy und Steve Peoples, AP

9.12.2021 - 06:13

Ex-Präsident Donald Trump am 9. Oktober 2021 in Des Moines, Iowa, an einem Anlass mit seinen Anhängern.
Ex-Präsident Donald Trump am 9. Oktober 2021 in Des Moines, Iowa, an einem Anlass mit seinen Anhängern.
KEYSTONE

Schon Monate lange vor den nächsten Wahlen in den USA macht Ex-Präsident Trump seinen Einfluss geltend. Das stösst nicht bei allen Republikaner auf Begeisterung. Für oder gegen Trump, das ist die Frage.

9.12.2021 - 06:13

Weniger als ein Jahr nach seiner Abwahl macht sich Donald Trump daran, die Republikanische Partei nach seinen Vorstellungen umzuformen. In den am härtesten umkämpfen US-Staaten facht der frühere Präsident bittere Vorwahlkämpfe an. Kandidaten und Wähler werden entscheiden müssen, wie nah sie Trump und dessen aggressiver Rhetorik stehen wollen. Am deutlichsten wird das derzeit in Georgia.

In dem bei Wahlen jüngst umkämpften Staat hat Trump eine Reihe von Getreuen motiviert, sich um ein Staatsamt zu bewerben. Zu der Gruppe gehört wie Trump der im vergangenen Jahr abgewählte republikanische Senator David Perdue, der offiziell den ebenfalls republikanischen Gouverneur Brian Kemp herausgefordert hat – ein seltener Schritt gegen einen amtierenden Staats- und Regierungschef eines US-Staates. Ein monatelanger innerparteilicher Kampf ist programmiert in Georgia, wo die Republikaner die Macht zurückerobern wollen.

Vor einem «Bürgerkrieg»

«Es wird einen politischen Bürgerkrieg geben hier in Georgia», sagt der derzeitige Vizegouverneur Geoff Duncan, ein Republikaner und regelmässiger Trump-Kritiker, der nicht zur Wiederwahl antritt. «Es ist alles vermeidbar, wenn wir uns einfach wie Erwachsene verhalten und weitermachen. Aber das ist momentan nicht die Realität.»

Und es geht nicht nur um Georgia. Spannungen zwischen Trump und dem verbliebenen republikanischen Establishment bestimmen Vorwahlen für den Senat und Gouverneursämter in Dutzenden US-Staaten, darunter Arizona, Massachusetts, North Carolina, Ohio und Pennsylvania – und das Monate vor den ersten Wahlen im Frühjahr und Sommer kommenden Jahres. Angesichts sinkender Umfragewerte von US-Präsident Joe Biden können die Republikaner auf grössere Siege 2022 hoffen, sofern sie sich nicht selbst im Weg stehen.

Trumps Interesse an einer dritten Präsidentschaftskandidatur 2024 stellt sicher, dass er auf absehbare Zeit das Gesicht der Partei sein wird. Georgia liefert hier schon ein abschreckendes Beispiel. Im Herbst vergangenen Jahres hatte Biden hier Trump knapp besiegt. Nachdem der Amtsinhaber fälschlich Wahlbetrug beklagt hatte, gewannen die Demokraten im Januar bei Stichwahlen zwei Senatssitze, was ihnen eine Mehrheit in der Kammer verschaffte. Seitdem greift Trump die Vertreter von Georgia, die das Wahlergebnis bestätigt hatten, scharf an, allen voran Kemp.

Persönliche Rache an erster Stelle

Das grösste Problem des Expräsidenten mit Kemp hat wenig mit Politik zu tun: Er will den Gouverneur schlicht deswegen stürzen, weil dieser Trumps Kampf gegen das Wahlergebnis von 2020 nicht unterstützte. In seiner Erklärung zur Unterstützung von Perdue vom Montagabend bezeichnet Trump Kemp als «sehr schwachen Gouverneur». Der Amtsinhaber könne die Wahl nicht gewinnen, weil die Basis von «Make America Great Again» – Trumps Wahlkampfslogan – niemals für Kemp stimmen werde, sagte Trump.

Neben Perdue unterstützt er weitere republikanische Kandidaten, unter ihnen den politisch unerfahrenen Ex-Football-Star Herschel Walker, der in Georgia den demokratischen Senator Raphael Warnock ablösen will. Bei der republikanischen Vorwahl tritt Walker gegen den Landwirtschaftsminister von Georgia, Gary Black, an. Landesweit hat Trump mehr als 60 gleichgesinnten Kandidaten für die Zwischenwahlen seine Unterstützung zugesichert. Dazu gehören mehrere, die gegen republikanische Amtsinhaber kandidieren.

Albtraum für Strategen der Republikaner

Trumps Einmischung in das Rennen um das Gouverneursamt in Georgia ist für einige republikanische Strategen ein Albtraum-Szenario. Denn statt auf einen schmutzigen und teuren Vorwahlkampf hatten sie sich eigentlich auf ein schwieriges Rennen gegen die Demokratin Stacey Abrams eingestellt, die 2018 Kemp knapp unterlegen war. Die frühere Abgeordnete und Wahlrechts-Aktivistin hat ihre Kandidatur in der vergangenen Woche bekannt gegeben. Innerparteiliche Rivalen gibt es bislang nicht. «Während sich David Perdue und Brian Kemp gegenseitig bekämpfen, wird Stacey Abrams für die Menschen von Georgia kämpfen», schrieb ihre Chefberaterin Lauren Groh-Wargo auf Twitter.

In seinem Video zur Bekanntgabe seiner Kandidatur hatte Perdue angekündigt, er trete in erster Linie an, um Abrams und einen «beispiellosen Angriff der woken Linken» zu stoppen. Er wiederholte zudem Trumps haltlose Behauptungen zur Wahl 2020. Auch der Vorsitzende der Republikanischen Partei in Georgia, David Shafer, hält dem früheren Präsidenten offen die Treue. Ein Blick auf die Bundesebene in Washington zeigt jedoch eine Spaltung der Republikaner: Parteivertreter hier stehen loyal hinter Amtsinhaber Kemp. Auch die Vereinigung republikanischer Gouverneure sprang ihm zur Seite.

Von Jeff Amy und Steve Peoples, AP