Stimmen zum 2. Wahl-Triell Einer ist schon Kanzler, der andere macht auf Chef und sie gibt die Störenfriedin

tafu

13.9.2021

Beim zweiten Triell der Kanzlerkandidaten wurde vor allem eines klar: Noch ist gar nichts klar. Das spiegelt sich auch beim Blick in die Berichterstattung wider.

tafu

13.9.2021

Die Kanzlerkandidat*innen von SPD, CDU und den Grünen haben sich erneut zum Triell getroffen, um diesmal den Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ZDF-Talkerin Maybrit Illner und ARD-Chefredakteur Oliver Köhr, vor laufenden Kameras Rede und Antwort zu stehen.

Der teils scharfe Schlagabtausch stiess nicht nur auf grosses Zuschauerinteresse – über 11 Millionen Zuschauer*innen schalteten ein –, auch die Presse im In- und Ausland machte die Runde zum Thema. Und dabei ging es nicht nur um die rote Gesichtsfarbe von Olaf Scholz (SPD) – aber auch.

Keine allzu grossen Probleme in Deutschland

So sprach die NZZ sowohl Olaf Scholz als auch Armin Laschet (CDU) eine stärkere Leistung als beim ersten Triell vor zwei Wochen zu. Laschet sei dabei zwar «ähnlich kämpferisch» aufgetreten, allerdings «weniger unwirsch und besserwisserisch» als beim letzten Mal, wo er «gelegentlich wie ein empörter Papa Moll» gewirkt habe, «der beim Bäcker um seinen rechtmässigen Platz in der Warteschlange kämpft».

Insgesamt sei die Sendung jedoch eher unspektakulär geblieben, da sich keiner der Kandidaten «eine Blösse» gegeben hatte. So wird dann auch in dem mit den Worten «95 Minuten Langeweile» betitelten Kommentar der Schluss gezogen: «Ein Land, das sich solch langweilige Debatten leisten kann, scheint keine allzu grossen Probleme zu haben.»



Grüne «Störenfriedin» 

Der «Tages-Anzeiger» ging unter anderem auf die Rollen ein, in denen sich die drei Kandidaten verfestigt haben. Scholz sei aufgetreten, als habe er das Amt des Kanzlers bereits inne, Laschet habe sich «in die Rolle des Herausforderers gefügt» und Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) habe sich als «Störenfriedin» aufgeführt, die «bei jedem Thema die Augen rollt und klarmacht, dass ihre Grünen mit dem Schlamassel, den die Langzeitregierer von CDU/CSU und SPD angerichtet haben, nichts zu tun haben».

Das «Handelsblatt» spricht von einer «verpassten Chance» Armin Laschets: «Laschet hat das Ruder damit nicht herumreissen können.» Den Kandidaten der Union umgebe die «Aura des Glücklosen». «Wenn er auf Erfolge in dem von ihm regierten Bundesland verweist, überzeugt er nicht.» Auch den engagierten Klimaschützer nehme man ihm nur widerwillig ab.

Olaf Scholz (SPD, links), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und Armin Laschet (CDU) trafen am Sonntag beim zweiten TV-Triell aufeinander.
Olaf Scholz (SPD, links), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und Armin Laschet (CDU) trafen am Sonntag beim zweiten TV-Triell aufeinander.
Keystone/dpa/Michael Kappeler

Laschet spielt sich als Chef auf

Die «Süddeutsche Zeitung» kommentiert Laschets Auftreten wie folgt:  «Dass er mit Gemütlichkeit in diesem Wahlkampf nicht weiterkommt, hat er offensichtlich kapiert. Nun versucht er es mit Salven: Erst am Samstag bei der CSU, wo er die SPD im Ganzen verdammte, und nun, indem er zu Scholz sprach, als wäre er dessen Chef.»

Damit spielte er auf Scholz' aktuellen Posten als Finanzminister und die erst vergangene Woche durchgeführte Durchsuchung im Finanzministerium an. «Wenn mein Finanzminister so arbeiten würde wie Sie, hätten wir ein ernstes Problem.» 

Annalena Baerbock sei dagegen «erkennbar zurück in der Spur» gewesen: «klar und präzise in dem, was sie sagte, auf die Zukunft gerichtet und nicht auf ‹Vergangenheitsbewältigung›, dem Wort, mit dem sie sich über eines der Scholz-Laschet-Scharmützel mokierte».



Auch die «Zeit» sieht die Frage nach der Finanzministeriumsrazzia als den «grössten Dissens des Abends». «Scholz weicht aus, redet erst mal über den grossen Personalaufwuchs beim Zoll.» Laschet sei dagegen zum Angriff übergegangen und warf Scholz «Versäumnisse bei Cum-Ex und Wirecard vor».

Annalena Baerbock legte nach: «Dem Staat gingen jedes Jahr 50 Milliarden Euro wegen Geldwäsche durch die Lappen.» Sie forderte, dass man künftig  «nicht mehr mit grossen Barbeträgen etwa Häuser kaufen» kann. Die Reaktion des SPD-Kandidaten folgte prompt: «Selbst durch die TV-Schminke sieht man Scholz da rot anlaufen», so die «Zeit».

Wer ist denn nun der Sieger?

Wer nun das Triell für sich entscheiden konnte, wird in der Live-Kommentierung  des «Spiegel» mit folgenden Worten zusammengefasst: «Keine Überraschungen, keine Experimente, kein klarer Sieger und auch keine Siegerin.»

«Bild» sieht dagegen durchaus einen Kandidaten vorne: «Olaf Scholz kann sich eigentlich nur noch selbst schlagen! Seine ungefähren Antworten, seine weltfremden Finanzierungskonzepte, seine unhaltbaren Versprechen hat ihm bisher niemand wirklich um die Ohren gehauen. Er überzeugt, weil niemand überzeugender ist.» Armin Laschet könne dagegen nur noch auf den «Mitleidseffekt beim Wähler» hoffen.

Und was ist mit Annalena Baerbock? Die sei, obwohl sie in der Mitte gestanden habe, nur eine «Randfigur» geblieben, so der «Bayerische Rundfunk».