Umstrittenes Haftlager Aktivisten fordern Biden zur Schliessung von Guantánamo auf

dpa

8.1.2022 - 12:15

Demonstranten fordern während des Nato-Gipfels in Brüssel im Juni 2021 die Schliessung des  US-Gefangenenlagers in Guantánamo.
Demonstranten fordern während des Nato-Gipfels in Brüssel im Juni 2021 die Schliessung des US-Gefangenenlagers in Guantánamo.
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Guantánamo sehen Kritiker als Symbol dafür, wie die USA in ihrem «Krieg gegen den Terror» rechtsstaatliche Prinzipien über Bord geworfen haben. US-Präsident Joe Biden soll das Lager endlich schliessen.

20 Jahre nach Eröffnung des US-Gefangenenlagers Guantánamo fordert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International den US-Präsidenten Joe Biden zur Schliessung der umstrittenen Einrichtung auf.

«Das Lager stellt ein Synonym für Willkür, Ungerechtigkeit und Folter dar. Das System Guantánamo ist nicht zu reparieren», sagte Sumit Bhattacharyya von Amnesty International der Nachrichtenagentur DPA. «Das Lager selber muss geschlossen werden und Menschen, die an Folter oder an anderen illegalen Aktionen beteiligt waren, müssen vor Gericht gestellt werden. Die müssen sich für ihre Taten verantworten.»

Proteste in mehreren Städten

Zum bevorstehenden 20. Jahrestags der Eröffnung des Lagers hat Amnesty International am Samstag Proteste in verschiedenen Ländern angekündigt. Die ersten Gefangenen waren am 11. Januar 2002 in das Camp auf Kuba gebracht worden, das in einem US-Militärstützpunkt liegt. Amnesty wirft den USA vor, «kontinuierlich und systematisch» Menschenrechte in dem Lager verletzt zu haben.

Die Organisation fordert, dass die noch verbliebenen 39 Gefangenen «ein faires, rechtsstaatliches Verfahren vor zivilen Gerichten» erhalten müssten. Sollten keine Beweise für Taten vorgelegt werden können, müssten sie freigelassen werden.

Insgesamt waren fast 700 Menschen zeitweise in dem Lager auf Kuba inhaftiert. Es war nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush errichtet worden, um mutmassliche islamistische Terroristen ohne Prozess festzuhalten.

Bushs Nachfolger, der Demokrat Barack Obama, wollte es schliessen, scheiterte aber am Widerstand im Kongress. Der Republikaner Donald Trump wiederum wollte das Lager weiter offen halten. Biden – der einst Obamas Vizepräsident war – hat als Ziel die Schliessung ausgegeben. Er hat nach Angaben seiner Regierung eine «umfassende Überprüfung» des Gefangenenlagers eingeleitet.

«Schandfleck der US-Geschichte»

«Dass dieses Lager keinen internationalen Standards entspricht, ist seit zwei Jahrzehnten bekannt», sagte Bhattacharyya zur Überprüfung. Der Experte fügte mit Blick auf die US-Kongresswahlen in diesem Jahr hinzu: «Es wäre sehr zu wünschen, dass Biden vor der nächsten Wahl im November ernst macht und endlich das Lager schliesst, damit dieser Schandfleck der US-amerikanischen Geschichte endlich getilgt ist.» Bidens bisherige Bemühungen dafür seien allerdings «eher halbherzig».



Ein Engagement der neuen Bundesregierung für die Schliessung Guantánamos wäre «begrüssenswert», sagte Bhattacharyya. «Die Bundesregierung könnte natürlich die US-amerikanische Regierung darauf hinweisen, dass das Lager unrechtmässig ist. Man könnte eventuell auch – falls die US-Amerikaner das wollen – Menschen aufnehmen, die aus dem Lager kommen, die erwiesenermassen unschuldig sind, damit zumindest an der Stelle der Gordische Knoten gelöst wird.» Die USA hatten in der Vergangenheit Schwierigkeiten, Aufnahmeländer für freigelassene Häftlinge aus Guantánamo zu finden.

Prinzip der Rechtsstaatlichkeit aufgegeben

Bhattacharyya sagte, von Guantánamo sei von vornherein ein verheerendes Signal ausgegangen. «Das Lager Guantanamo hat in die Welt das Signal geschickt, dass Staaten, die sich wie die USA selbst als Vorkämpferinnen für Menschenrechte sehen, in bestimmten Situationen bereit sind, grundlegende Prinzipien wie das der Rechtsstaatlichkeit aufzugeben. Ein viel stärkeres Zeichen wäre gewesen zu sagen: Die USA begegnen schweren Verbrechen wie den Anschlägen vom 11. September mit rechtsstaatlichen Standards. Und wir rücken von diesem Prinzip auch nicht ab.»