Algerien Algerien trauert um verstorbenen Staatschef Bouteflika

SDA

19.9.2021 - 16:56

Algerische Flaggen wehen auf Halbmast entlang der Strandpromenade. Nach dem Tod des früheren Staatschefs Abdelaziz Bouteflika trauert Algerien. Laut Staatsagentur APS starb der langjährige Präsident des Landes am Freitagabend nach schwerer Krankheit. Foto: Fateh Guidoum/AP/dpa
Algerische Flaggen wehen auf Halbmast entlang der Strandpromenade. Nach dem Tod des früheren Staatschefs Abdelaziz Bouteflika trauert Algerien. Laut Staatsagentur APS starb der langjährige Präsident des Landes am Freitagabend nach schwerer Krankheit. Foto: Fateh Guidoum/AP/dpa
Keystone

Algerien trauert um seinen früheren Staatschef Abdelaziz Bouteflika nach dessen Tod im Alter von 84 Jahren. Der langjährige Präsident starb am Freitagabend nach schwerer Krankheit, wie die Staatsagentur APS berichtete.

Flaggen wurden ab Samstag für drei Tage landesweit auf halbmast gesetzt. Bouteflika hatte Algerien seit 1999 für 20 Jahre regiert und geholfen, es aus dem «Schwarzen Jahrzehnt» eines blutigen Bürgerkrieges zu führen. Massenproteste gegen ihn stürzten das grösste afrikanische Land 2019 dann in eine tiefe politische Krise.

Bouteflika wurde am Sonntag auf dem El-Alia-Friedhof in Algier beigesetzt, wo andere prominente Politiker und Unabhängigkeitskämpfer begraben sind. Im Staatsfernsehen war sein mit einer Landesflagge drapierter und mit Blumen besteckter Sarg zu sehen. An der Beerdigung nahmen laut einem APS-Bericht Präsident Abdelmadjid Tebboune und andere ranghohe Regierungsmitglieder teil. Sie fiel aber kleiner aus als in Algerien bei verstorbenen Staatschef zuvor üblich. Auch die mögliche achttägige Staatstrauer wurde nicht ausgerufen.

Bouteflika wurde 1999 zum Staatschef gewählt und überstand auch zunächst die Proteste in der arabischen Welt 2011. Im Westen galt er als verlässlicher Partner im Kampf gegen den Terror, in Algerien selbst sollte er das Land nach einem blutigen Jahrzehnt des Bürgerkrieges wieder versöhnen – was ihm mit Hilfe des Militärs und politischer Netzwerke auch zunächst gelang. Sein politisches Geschick hatte ihm zuvor schon in seinen 16 Jahren als Aussenminister genutzt.

Mehr und mehr wurde aber Widerstand gegen Bouteflika laut. In den letzten Jahren seiner Amtszeit trat der nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzende Präsident kaum noch öffentlich in Erscheinung. Selbst die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel musste 2017 einen Besuch in letzter Sekunde absagen, weil es der Gesundheitszustand Bouteflikas nicht zuliess. Mehrfach liess er sich im Ausland behandeln.

Als Bouteflika trotzdem ankündigte, im Frühjahr 2019 für eine fünfte Amtszeit kandidieren zu wollen, entlud sich der Zorn in Algerien. Massenproteste mit Millionen Teilnehmern waren die Folge. Die Demonstranten forderten dabei seinen Abschied aus der Regierung. Das Militär entzog ihm schliesslich die Unterstützung und Bouteflika trat wenige Tage vor Ende seiner vierten Amtszeit zurück.

Die Proteste in Algerien hielten jedoch an. Im Nachfolger Tebboune an der Staatsspitze und dessen Regierung sehen die Demonstranten die Fortsetzung der alten Machtelite Bouteflikas. Sein Rücktritt liess jedoch Raum für neue Machtkämpfe: Der jüngere Bruder und Berater des Präsidenten, Said Bouteflika, der vielen Beobachtern als potenzieller Nachfolger galt, wurde ebenso verhaftet wie viele Wirtschaftsbosse algerischer Unternehmen. Die Wirtschaftslage verbesserte sich auch nach dem Abgang Bouteflikas zunächst nicht.

Nach Meinung politischer Beobachter war das Handeln Bouteflikas von drei grossen Leitlinien bestimmt: der Beendigung des Bürgerkriegs, der Beendigung der internationalen Isolation Algeriens sowie der Einschränkung der Macht der Militärs. Von diesen selbstgestellten Aufgaben konnte er zumindest bei den ersten beiden Erfolge erzielen. In dem Bürgerkrieg waren je nach Schätzungen zwischen 60 000 und 150 000 Menschen umgekommen.

Dringend nötige wirtschaftliche Reformen vernachlässigte Bouteflika allerdings, und auch einen demokratischen Wandel – der ab 2011 unter anderem die regionalen Nachbarn Tunesien, Ägypten und Libyen im Zuge des arabischen Aufstände erfasste – liess Bouteflika nicht zu. Seine letzte Zeit verbrachte Bouteflika so, wie er in den letzten Jahren auch regiert hatte: als «Phantom».