US-Republikaner Anklage gegen Trump bringt Rivalen in die Zwickmühle

AP/toko

2.4.2023 - 17:30

Donald Trump, ehemaliger US-Präsident, in seinem Anwesen Mar-a-Lago. 
Donald Trump, ehemaliger US-Präsident, in seinem Anwesen Mar-a-Lago. 
Andrew Harnik/AP/dpa (Archivbild)

Wie umgehen mit der Anklage gegen Trump, der wieder Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden will? Die Partei steht im Wahlkampf ums Weisse Haus 2024 vor ungeahnten Herausforderungen.

2.4.2023 - 17:30

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Anklage gegen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten stellt seine Rivalen vor ein Dilemma.
  • Es ist bislang nicht absehbar, wie sich die juristischen Entscheidungen auf die Wählergunst auswirken könnten.
  • Unterdessen bringt Trump die Öffentlichkeit gegen das Justizsystem auf.

Die historische Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wirft den Wahlkampf 2024 seiner Partei aus der gewohnten Spur. Das Szenario: Der aussichtsreiche Kandidat für die Nominierung der Republikaner stellt sich gleichzeitig dem Rennen um das Weisse Haus und einem Strafverfahren. Wie damit umgehen?

Derzeit liegt Trump in der Wählergunst vorne, wenn es darum geht, wer als Spitzenkandidat der Republikaner den amtierenden Präsidenten Joe Biden herausfordern soll. Das wissen auch diejenigen, die mit Trump um diese Position konkurrieren wollen oder zumindest darüber nachdenken, ihren Hut in den Ring zu werfen. Und darum wäre es für sie riskant, jetzt die Anklage als Angriffspunkt zu nutzen.

Weitere Verluste in Swing States?

Vielmehr scheint zumindest kurzfristig die Kritik am juristischen Vorgehen für viele erst einmal die richtige Strategie. Ohne Trump namentlich zu nennen, kritisierte etwa der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, die Entscheidung des Gerichts als «unamerikanisch».

Der ehemalige Vizepräsident Mike Pence sprach im Sender CNN von ungeheuerlichen Vorwürfen. Nikki Haley, die ehemalige Gouverneurin von South Carolina erklärte, es gehe «eher um Rache als um Gerechtigkeit», und Ex-Aussenminister Mike Pompeo warf dem Manhattaner Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg vor, «das Vertrauen der Amerikaner in unser Rechtssystem zu untergraben».

Wird Trump am kommenden Dienstag in Handschellen vorgeführt?

Wird Trump am kommenden Dienstag in Handschellen vorgeführt?

Washington/New York, 01.04.2023: Nach der historischen Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump wird der 76-Jährige in der kommenden Woche vor Gericht in New York erwartet. Die offizielle Anklageverlesung, zu der Trump erscheinen muss, soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge am Dienstag in Manhattan stattfinden. Es geht in dem Fall um Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin. Aus den Reihen radikaler Trump-Anhänger vom rechten Rand der Republikanischen Partei kamen Aufrufe, zu dem Termin in die US-Metropole zu reisen und zu protestieren. Die Stadt bereitet sich auf einen grossen Andrang und mögliche Demonstrationen vor. Trump muss sich als erster Ex-Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten in einem Strafverfahren verantworten. Ob er bei dem Gerichtstermin in Handschellen vorgeführt wird, ist unklar. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan hatte am Donnerstagabend eine Anklage gegen den Republikaner verkündet, der sich erneut um eine Präsidentschaftskandidatur für die Wahl im November 2024 bewirbt.

01.04.2023

Für das künftige Vorgehen der Republikaner wirft die Entscheidung der New Yorker Justiz, Anklage zu erheben, jedoch grundlegende Fragen für den Wahlkampf auf – zumal Trump neben dem Verfahren in New York weitere in Atlanta und Washington drohen.

Das könnte zwar seine überzeugte Anhängerschaft antreiben, aber die Partei gerade in den am schärfsten umkämpften Staaten Stimmen kosten. Der besondere Blick gilt hier Vororten in den sogenannten Swing States, in denen die Republikaner inzwischen in drei aufeinanderfolgenden Wahlen verloren haben.

Noch ist allerdings nicht absehbar, wie sich die juristischen Entscheidungen der Wählergunst auswirken könnten. In jüngsten Umfragen war Trump nach wie vor der Favorit bei der Präsidentschaftskandidatur seiner Partei. Daran rüttelte auch die Erwartung einer baldigen Anklage nicht.

Die Spekulationen von Trumps Unterstützern gingen vielmehr dahin, dass die Anklage die «Make America Great Again»-Anhängerschaft verärgert, aktiviert und zu Spenden für seinen Wahlkampf treibt. Und dass zugleich die Rivalen bei der Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur der Partei in die Zwickmühle kommen, Trump verteidigen zu müssen oder bei dessen breiter Basis anzuecken.

Menschen versammeln sich in der Nähe von Trumps Mar-a-Lago Anwesen in Palm Beach, um ihre Unterstützung für den ehemaligen Präsidenten zu bekunden.
Menschen versammeln sich in der Nähe von Trumps Mar-a-Lago Anwesen in Palm Beach, um ihre Unterstützung für den ehemaligen Präsidenten zu bekunden.
AP Photo/Rebecca Blackwell/Keystone

Wahlkampfteam wirbt um Spenden

Fast unmittelbar nach Bekanntwerden der geplanten Anklageerhebung begann Trumps Wahlkampfteam tatsächlich, mit der Nachricht Spenden einzutreiben. In Grossbuchstaben kam dies in den Betreff des Mail-Aufrufs.

Auch kurz vor der Verkündigung aus New York stellten sich Anhängerinnen und Anhänger Trumps bei der ersten Kundgebung für den Wahlkampf 2024 am Wochenende in Texas unbeeindruckt hinter ihrem Favoriten. Ihre Überzeugung: Die Anklage werde Trumps Chancen nicht beeinträchtigen. «Das ist ein Witz», sagte die 63-jährige Patti Murphy aus Fort Worth. «Es ist nur ein weiterer Versuch, ihn aus dem Rennen zu werfen.»

Von einige war zu hören, das juristische Vorgehen habe ihre Entschlossenheit, Trump zu unterstützen, eher gestärkt.

Trump selbst tut sein Möglichstes, die Öffentlichkeit gegen die Justiz aufzubringen. Schon als Mitte März Berichte über eine mögliche Anklage die Runde machten, heizte er die Stimmung in seiner Anhängerschaft mit einem Posting in seinem sozialen Netzwerk an, dass er erwarte, nun innerhalb weniger Tage festgenommen zu werden. Gegen Staatsanwalt Bragg wetterte er mit zutiefst persönlichen – und teils rassistischen – Angriffen.

Trump sei bereit zu kämpfen, erklärte sein Anwalt Joe Tacopina auf Fox News. Untermauert wurde dies von einem neuerlichen Posting des Ex-Präsidenten, in dem er die Justizentscheidung als «Angriff auf unser Land, wie es ihn noch nie gegeben hat» darstellte – wie so oft in Grossbuchstaben. Und selbst eine Verurteilung würde Trump rechtlich eine Kandidatur für das Weisse Haus nicht verbieten.

AP/toko