Mit einer emotionalen Rede hat sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach fünf Jahren Amtszeit verabschiedet und seine Erfolge herausgestrichen. «Ich scheide aus dem Amt nicht betrübt, nicht übermässig glücklich, aber im Gefühl, mich redlich bemüht zu haben».
Das sagte der 64-Jährige am Dienstag im EU-Parlament in Strassburg. «Ich war stolz darauf, während langer Zeit und vor allem in den letzten fünf Jahren ein kleines Teilchen eines grösseren Ganzen zu sein, das wichtiger ist als wir.»
Der Luxemburger erinnerte daran, dass die Europäische Union vor allem auch ein Friedensprojekt sei. «Frieden ist nicht selbstverständlich, und wir sollten stolz darauf sein, dass Europa den Frieden erhält», sagte er. Darüber müsse man auch mit jungen Menschen reden.
«Bekämpft den dummen Nationalismus!»
Seinen Nachfolgern gab er mit auf den Weg: «Bekämpft mit aller Kraft den dummen Nationalismus.» Und schloss seine Rede mit den Worten: «Es lebe Europa!»
Juncker scheidet offiziell zum 1. November aus dem Amt, führt aber noch die Geschäfte, bis seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen starten kann.
Der frühere luxemburgische Regierungschef war 2014 nach Brüssel gewechselt. In seine Amtszeit fallen etliche Krisen, darunter die Euro-Schuldenkrise, die 2015 fast zum Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone geführt hätte, und die Flüchtlingskrise 2015. Der grösste Rückschlag war die Brexit-Entscheidung in Grossbritannien 2016, die die Gemeinschaft seither fast pausenlos beschäftigt.
Investitionen dank Juncker-Plan
Juncker verwies zum Abschied vor allem auf Erfolge des 2014 von ihm gestarteten Investitionsprogramms, des sogenannten Juncker-Plans. Die damit abgesicherten Investitionen hätten 1,1 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und die Wirtschaft in der Europäischen Union um 0,9 Prozent stärker wachsen lassen als.
Das sei zwar kein Allheilmittel gewesen, doch könne man darauf stolz sein, sagte Juncker. Insgesamt wurden über einen mit 21 Milliarden Euro bestückten Fonds nach Angaben der EU-Kommission Investitionen in Höhe von 439,4 Milliarden Euro mobilisiert.
Darüber hinaus unterstrich Juncker die sozialere Ausrichtung der EU. Wichtig sei ihm zudem gewesen, Griechenland in der Eurozone zu halten und engere Beziehungen zu Afrika zu knüpfen. Seine EU-Kommission habe Vorschläge zur Migrationspolitik erarbeitet und insgesamt 15 internationale Handelsabkommen geschlossen.
Wie ein Luxemburger Trump die EU erklärt
Juncker erinnerte an sein Treffen mit US-Präsident Donald Trump im Juli 2018, bei dem er den Handelskonflikt mit den USA entschärft hatte. Er habe Trump damals erläutert, dass allein die EU-Kommission für die gemeinsame Handelspolitik zuständig sei, was der US-Präsident mit Interesse zur Kenntnis genommen habe. «Wenn man als Luxemburger in Washington sitzt und sagt, ich bin der entscheidende Mann, dann ist das quasi noch nie dagewesen», scherzte Juncker.
Der Start der neuen Kommissionschefin von der Leyen verzögert sich, weil ihr Personalpaket für die künftige Kommission noch nicht vollständig ist. Drei designierte Kommissare scheiterten im Nominierungsverfahren. Frankreich, Rumänien und Ungarn müssen nun neue Kandidaten präsentieren. Als möglicher neuer Starttermin gilt der 1. Dezember.
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