Schweizer Delegation in Kiew «Behörden des Gastlandes sind für die Sicherheit verantwortlich»

uri

27.4.2022

Nationalratsdelegation besucht befreite Stadt Irpin

Nationalratsdelegation besucht befreite Stadt Irpin

Die parlamentarische Delegation um Nationalratspräsidentin Irène Kälin (Grüne/AG) hatte am Mittwoch den Kiewer Vorort Irpin besucht. Die Entdeckung von Kriegsverbrechen in der Umgebung der Hauptstadt Kiew nach dem Abzug russischer Truppen hatte weltweit für Entsetzen gesorgt, neben Irpin auch in Butscha. Die Reise erfolgte auf eine offizielle Einladung des ukrainischen Parlamentspräsidenten. Ruslan Stefantschuk sagte, dass «Irène» gekommen sei, sei mehr als ein Zeichen der Solidarität, es brauche Mut, dies zu tun und es sei ein deutliches Zeichen der Unterstützung, wie die Parlamentsdienste auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilten.

27.04.2022

Nationalratspräsidentin Irène Kälin weilt mit einer Delegation in Kiew. Verlassen muss sie sich dort – zu ihrem Unverständnis – lediglich auf ukrainisches Sicherheitspersonal. Das Fedpol wollte nämlich nicht mitkommen. Aus guten Gründen, wie dieses meint. 

uri

27.4.2022

Seit heute befindet sich eine Delegation von Schweizer Parlamentariern um Nationalratspräsidentin Irène Kälin in der Ukraine, um sich ein Bild von der Lage in dem kriegsgeplagten Land zu machen.

Auch wenn vor den Schweizer Abgeordneten bereits zig andere Politiker aus der ganzen Welt in der Ukraine eingetroffen sind, ist der Besuch im Kriegsgebiet nicht ohne Risiken. Erst gestern erklärte das russische Verteidigungsministerium, man werde sich auch von der Präsenz westlicher Politiker in Kiew nicht von Vergeltungsschlägen abhalten lassen, sollten diese «notwendig» werden.

Auf ihrer Zugfahrt nach Kiew bemängelte Nationalratspräsidentin Irène Kälin im «Blick» denn auch, sie nehme «mit Befremden zur Kenntnis», dass sich das Bundesamt für Polizei Fedpol dazu entschieden habe, die Delegation nicht auf der Reise zu begleiten. Gleichwohl respektiere sie die Entscheidung. Ihr sei wichtig, dass sie auf dieser Reise nur von Menschen begleitet werde, die ein gutes Gefühl dabei haben. «Unsere Sicherheitskräfte haben dabei offenbar kein gutes Gefühl gehabt», sagte sie.

Lagebeurteilung und Risikoanalyse des Fedpol entscheidend

Allerdings bemerkt Kälin ein Ungleichgewicht zur Behandlung im eigenen Land, auch wenn sie wisse, dass die Polizeikräfte nicht für Einsätze im Ausland und in Kriegsgebieten gerüstet seien. In Thun werde sie sogar auf einer Künstlerbörse in der Schweiz von einem durch das Fedpol geschulten Weibel geschützt – und hier seien die Gefahren für sie doch bedeutend geringer. Allerdings schätze sie sehr, dass sie vor Ort durch ukrainische Sicherheitskräfte geschützt werde und fühle sich «in besten Händen». Über die Entscheidung des Fedpol hingegen «lasse sich streiten», bemängelte die höchste Schweizerin. 

Nicht einfach gemacht mit der Entscheidung hat man es sich offenbar beim Fedpol. Auf die Frage, warum das Amt die Delegation nicht begleitet habe, sagte Mediensprecher Christoph Gnägi zu blue News: «Einen solchen Entscheid fällen wir immer auf Basis einer eingehenden Lagebeurteilung und Risikoanalyse.» Man habe in diesem Fall zu beachten, dass in der Ukraine Krieg herrsche und dort schwere militärische Waffen eingesetzt würden. Das sei auch der Grund, weshalb man der Delegation von der Reise abgeraten habe.

Für entsprechende Einsätze in solchen Gebieten seien zivile Polizeikräfte weder ausgerüstet noch ausgebildet, führte Gnägi aus. Über entsprechende Fähigkeiten würden nur Armeeeinheiten verfügen. Zudem seien unabhängig von der aktuellen Situation «beim Besuch einer Schweizer Delegation im Ausland grundsätzlich die Behörden des Gastlandes für die Sicherheit der Delegation verantwortlich».

«Aus Sicherheitsgründen» wenig Konkretes zum Programm

Das Fedpol entscheide stets im Einzelfall, ob eine Schutzperson bei einer Auslandsreise von Schweizer Polizeiangehörigen begleitet werden soll, schildert Gnägi das Routine-Verfahren. Relevant sei dabei aber nicht nur die Situation vor Ort, sondern obendrein das «Einverständnis des Gastlandes». Das gelte umgekehrt übrigens auch genauso für die Schweiz, stellt der Fedpol-Sprecher klar.

Nationalratspräsidentin Irène Kälin schaut bei der Ankunft in Kiew aus dem Zug-Fenster.
Nationalratspräsidentin Irène Kälin schaut bei der Ankunft in Kiew aus dem Zug-Fenster.
Bild:  Keystone

Zuletzt war wenig Konkretes zum Programm der Schweizer Delegation in Kiew zu erfahren. «Aus Sicherheitsgründen», wie die Parlamentsdienste auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» mitteilen. Bekannt wurde, dass die Schweizer Parlamentarier den Kiewer Vorort Irpin besucht haben, in dem es zu Kriegsverbrechen gekommen ist. Auch traf Kälin ihren ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefanchuk. Eine im Vorfeld des Besuchs angekündigte Rede von Kälin im ukrainischen Parlament wird laut den Parlamentsdiensten nicht stattfinden.