Frankreich Biden entschuldigt sich bei Kiew für Lieferpause und sendet neue Hilfe

SDA

7.6.2024 - 15:46

US-Präsident Joe Biden (r) schüttelt die Hand des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Foto: Evan Vucci/AP
US-Präsident Joe Biden (r) schüttelt die Hand des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Foto: Evan Vucci/AP
Keystone

US-Präsident Joe Biden hat sich bei seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj für den monatelangen Stopp von Waffenlieferungen aus den USA entschuldigt. Er bitte um Verzeihung für die lange Ungewissheit über weitere Hilfen, sagte Biden am Freitag bei einem Treffen mit Selenskyj in Paris. Beide befinden sich derzeit zu mehrtägigen Besuchen in Frankreich. Biden kündigte ein neues Militärpaket für Kiew im Umfang von 225 Millionen Dollar (rund 208 Millionen Euro) an und versicherte Selenskyj, Amerika werde die Ukraine «nicht im Stich lassen».

Mit Blick auf die lange innenpolitische Blockade der US-Finanzhilfen für Kiew sagte Biden, einige «sehr konservative» Abgeordnete hätten diese im Parlament aufgehalten. Aber inzwischen sei das Problem gelöst. Die Ukraine sei ein «Bollwerk» gegen die Aggression Russlands, und die USA hätten eine Verpflichtung, Kiew zu unterstützen. «Ich versichere Ihnen, die Vereinigten Staaten werden an Ihrer Seite stehen», betonte er. «Wir sind voll und ganz dabei.»

Russland war Ende Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert und führt seitdem einen grossangelegten Angriffskrieg gegen das Nachbarland. Die USA sind der wichtigste Verbündete und grösste Waffenlieferant Kiews. Nach Angaben des Pentagons haben die USA der Ukraine seit Kriegsbeginn militärische Hilfe im Umfang von mehr als 51 Milliarden Dollar bereitgestellt oder zugesagt.

Aufholen nach der Lieferpause

Zu Beginn des Jahres waren die Waffenlieferungen der Amerikaner durch eine innenpolitische Blockade in den USA allerdings über mehrere Monate zum Erliegen gekommen – Republikaner vom rechten Rand der Partei hatten sich im US-Parlament gegen die Hilfen gestemmt. Die Ukraine musste dadurch auf dem Schlachtfeld einige Rückschläge einstecken. Inzwischen hat der US-Kongress ein neues Milliardenbudget für Ukraine-Hilfen freigegeben und seit Ende April gehen wieder Lieferungen mit Waffen und Munition aus den USA an Kiew. Die ukrainischen Streitkräfte versuchen seither, dort aufzuholen, wo sie in den vergangenen Monaten aus Mangel an Munition ins Hintertreffen geraten waren.

Das neue Militärpaket, das Biden in Paris ankündigte, beinhaltet nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums unter anderem Raketen für Hawk-Flugabwehrsysteme, Munition für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars sowie Stinger-Flugabwehrraketen und Artilleriemunition mit den Kalibern 155 und 105 Millimeter. Die USA sind derzeit vor allem bemüht, die Luftabwehr der Ukraine zu stärken und das Land nach der Lieferpause schnell mit neuer Munition zu versorgen. Die Mittel aus diesem Paket, wie auch aus vielen anderen, kommen aus den eigenen Beständen des US-Militärs, um die Lieferung zu beschleunigen.

Die Verteidigung von Charkiw

Bei dem Treffen mit Selenskyj würdigte Biden mehrfach den Mut und Kampfgeist der Ukrainer. Wie sie zuletzt Charkiw verteidigt hätten, zeige einmal mehr, dass das ukrainische Volk nicht überrannt werden könne.

Im Mai hatte das russische Militär – überwiegend von Stellungen auf dem eigenen Staatsgebiet aus – einen Angriff auf die zweitgrösste Stadt der Ukraine gestartet, die dicht an der Grenze zu Russland liegt. Angesichts der bedeutsamen Attacke änderte die US-Regierung zuletzt ihren Kurs und erlaubte den ukrainischen Streitkräften, Waffen aus Amerika in begrenztem Umfang gegen Ziele auf russischem Gebiet einzusetzen – allerdings ausschliesslich für Gegenschläge zur Verteidigung Charkiws.

Selenskyj sagte mit Blick auf die Lage in der Region Charkiw, die Entscheidungen der USA hätten «positive Wirkung» gehabt. Er wolle über die Details nicht öffentlich sprechen, aber es gebe einige Details zur Lage auf dem Schlachtfeld, die er mit dem US-Präsidenten besprechen wolle.

Moralische Unterstützung für Ukrainer

Der ukrainische Präsident dankte Biden für die «bedeutsame» Hilfe der USA. Kiew zähle auf die weitere Unterstützung der Vereinigten Staaten. «Es ist so wichtig für das Gemüt unseres Volkes, dass wir nicht alleine sind», sagte Selenskyj. Er verglich die Unterstützung der USA für die Ukraine mit dem Einsatz Amerikas im Zweiten Weltkrieg, als die Amerikaner geholfen hätten, Leben in Europa zu retten.

Sowohl Biden als auch Selenskyj hatten am Donnerstag an Gedenkfeiern zur Landung der Alliierten in der Normandie im Zweiten Weltkrieg teilgenommen. Vor 80 Jahren, am 6. Juni 1944, waren die Soldaten der Alliierten an den Stränden der Normandie gelandet. Der D-Day markierte den Auftakt der Befreiung Frankreichs und Westeuropas von der Nazi-Herrschaft.

Selenskyj wollte sich am Freitag noch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris treffen. Biden wiederum wird am Samstag in der französischen Hauptstadt von Macron mit viel Pomp als Staatsgast empfangen.