Jahrestag des Tulsa-Massakers Biden warnt vor rechtem Terror

SDA

2.6.2021 - 07:30

Als erster US-Präsident erinnert Joe Biden in Tulsa an das rassistische Massaker an Schwarzen in der Stadt vor 100 Jahren. Bei seiner Ansprache warnt er auch vor aktuellen Bedrohungen für die amerikanische Demokratie. Die grösste komme von rechts, sagt er.

2.6.2021 - 07:30

US-Präsident Joe Biden hat die Amerikaner 100 Jahre nach einem Massaker an Schwarzen in der Stadt Tulsa zur Auseinandersetzung mit dem Rassismus in der Geschichte ihres Landes aufgerufen. «Das ist es, was grosse Nationen tun. Sie arbeiten ihre dunklen Seiten auf», sagte Biden am Dienstag bei einem Besuch in Tulsa im Bundesstaat Oklahoma. Rassistischer Hass habe die Gesetze und die Kultur in den USA mitgeprägt. «Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir so tun, als wäre das alles nie passiert und als hätte das keine Auswirkungen auf uns heute.» Biden betonte, nach Einschätzung der amerikanischen Geheimdienste gehe die grösste Gefahr für die USA von rechtsextremistischem Terrorismus aus.

Biden war in Tulsa mit den letzten drei noch lebenden Zeitzeugen des Massakers vom 1. Juni 1921 zusammengekommen, die heute nach Angaben des Weissen Hauses zwischen 101 und 107 Jahre alt sind. Damals hatte ein weisser Mob das Viertel Greenwood angegriffen und nach Schätzungen rund 300 Schwarze getötet, die Häuser und Wohnungen von etwa 10'000 Menschen wurden zerstört. Greenwood war trotz der damals in den USA noch gesetzlich verankerten Diskriminierung Schwarzer ein Ort gewesen, an dem eine sehr erfolgreiche schwarze Gemeinschaft gewachsen war. Das Viertel wurde daher häufig als «Schwarze Wall Street» bezeichnet.

US-Präsident Joe Biden (links) an der Seite von Marcia Fudge, Ministerin für Wohnungsbau und Stadtentwicklung in Oklahoma. Auf den Tag genau 100 Jahre nach einem Massaker an Schwarzen in der Stadt Tulsa hat Biden die Amerikaner zur Auseinandersetzung mit dem Rassismus in der Geschichte ihres Landes aufgerufen.
US-Präsident Joe Biden (links) an der Seite von Marcia Fudge, Ministerin für Wohnungsbau und Stadtentwicklung in Oklahoma. Auf den Tag genau 100 Jahre nach einem Massaker an Schwarzen in der Stadt Tulsa hat Biden die Amerikaner zur Auseinandersetzung mit dem Rassismus in der Geschichte ihres Landes aufgerufen.
Evan Vucci/AP/dpa

Biden kündigte in Tulsa Massnahmen an, um die Wohlstandslücke zwischen Weissen und ethnischen Minderheiten in den USA zu verkleinern. Seine Regierung teilte mit, unter anderem solle der Kampf gegen Diskriminierung auf dem Immobilienmarkt verstärkt werden. Die Bundesregierung werde ausserdem die Auftragsvergabe an kleine Unternehmen, die im Besitz von Angehörigen von Minderheiten sind, um 50 Prozent erhöhen.

«Das war ein Massaker»

Biden bemängelte am Dienstag, der rassistische Angriff in Tulsa sei viel zu lange «in Dunkelheit gehüllt» und verschwiegen worden. «Meine amerikanischen Mitbürger, das war kein Aufstand. Das war ein Massaker. Eines der schlimmsten in unserer Geschichte», sagte er. «Dunkelheit kann zwar viel verbergen, aber nichts auslöschen.»

Biden sagte, er sei der erste Präsident, der Tulsa besucht habe, um des rassistischen Angriffs vor 100 Jahren zu gedenken. An die Opfer erinnerte der Präsident mit einer Schweigeminute, an deren Ende er sich bekreuzigte. Biden hat den Kampf gegen Rassismus zu einem der zentralen Ziele seiner Präsidentschaft erklärt.

Angriffe aufs Wahlrecht

Der 78-Jährige kritisierte in seiner Ansprache Angriffe auf das Wahlrecht, für die seine Demokraten Republikaner in mehreren Bundesstaaten verantwortlich machen. Der Präsident sprach von einem «wirklich beispiellosen Angriff auf unsere Demokratie» und kündigte an, seine Stellvertreterin Kamala Harris werde die Anstrengungen seiner Regierung zum Schutz des Wahlrechts leiten. Harris teilte mit, allen amerikanischen Wählern müsse die Stimmabgabe möglich sein.

Die Vizesprecherin des Weissen Hauses, Karine Jean-Pierre, kritisierte am Dienstag besonders ein Gesetzesvorhaben der Republikaner in Texas. Sie sagte, dieses Vorhaben sei «Teil eines konzertierten Angriffs auf unsere Demokratie» auf Grundlage der Lügen, die zum Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar geführt hätten. Jean-Pierre spielte auf die Erstürmung des Kapitols durch Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump an. Trump behauptet bis heute ohne jegliche Belege, durch Wahlbetrug um seinen Sieg gebracht worden zu sein.

SDA