Ukraine-Übersicht Ukrainische Führung nach Biden-Äusserung verstimmt +++ Heftige Kämpfe um Sjewjerodonezk

Agenturen, lpe

11.6.2022

Selenskyj drängt EU zu schneller Beitrittperspektive

Selenskyj drängt EU zu schneller Beitrittperspektive

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Politiker in der EU gebeten, seinem Land eine schnellere Beitrittsperspektive zu bieten. «Wir müssen den Worten Taten folgen lassen, dass die Ukraine Teil der europäischen Familie ist», sagt er.

10.06.2022

Hohn und Spott mussten die US-Geheimdienste über sich ergehen lassen, als vor einem Einmarsch Russlands in die Ukraine warnten. Präsident Biden erinnert Selenskyj daran und erntet Widerspruch. Die Ereignisse des Tages im Überblick.

Agenturen, lpe

11.6.2022

Die ukrainische Führung hat mit Unverständnis auf Äusserungen von US-Präsident Joe Biden reagiert, wonach Präsident Wolodymyr Selenskyj vor Kriegsbeginn die von Russland ausgehende Gefahr nicht ernst genug genommen habe. Präsidentensprecher Serhij Nykyforow sagte am Samstag, Selenskyj habe die internationalen Partner immer wieder dazu aufgerufen, präventiv Sanktionen zu verhängen, um Russland zu einem Abzug der damals bereits in der Grenzregion stationierten Truppen zu zwingen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen führte am Samstag in Kiew Gespräche über den EU-Beitrittsantrag der Ukraine. Bis Ende nächster Woche wolle die Kommission die Analyse des Antrags abschliessen, kündigte sie am Rande von Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten an. Dieser bezeichnete die Entscheidung als wegweisend für ganz Europa.

Selenskyj dankte der EU für das sechste Sanktionspaket gegen Russland und brachte ein siebtes ins Gespräch. Darin müssten ausnahmslos alle russischen Banken sanktioniert werden. Die EU solle ausserdem vollständig auf russische Energieträger verzichten und ein Wiederaufbauprogramm für die Ukraine auflegen. Von der Leyen hatte jedoch bereits deutlich gemacht, dass zunächst keine grösseren Sanktionspakete mehr anstehen.

Ukrainische Führung nach Biden-Äusserungen verstimmt

Der US-Präsident hatte bei einer Veranstaltung am Freitagabend (Ortszeit) in Los Angeles gesagt, es habe bereits vor dem 24. Februar Beweise dafür gegeben, dass Kremlchef Wladimir Putin die Ukraine überfallen wolle. Dann fügte er hinzu: «Es gab keinen Zweifel. Und Selenskyj wollte es nicht hören — viele Leute wollten es nicht.»

«Die Phrase «wollte nicht hören» bedarf sicherlich einer Erläuterung», sagte am Samstag der ukrainische Präsidentensprecher Serhij Nykyforow. Selenskyj habe dazu aufgerufen, präventiv Sanktionen gegen Russland zu verhängen. «Und hier kann man schon sagen, dass unsere Partner «uns nicht hören wollten»», sagte er.

Zwei Wochen vor Kriegsbeginn hatte Selenskyj gesagt, sein Land lebe schon seit 2014 mit einer Dauerbedrohung durch Russland. Er beklagte damals, der westliche «Alarmismus» schade dem Land mehr als er nütze: «Der beste Freund für die Feinde ist Panik in unserem Lande.» Sprich: Russland nütze es, wenn Angst zur Destabilisierung in der Ukraine führt. Vor dem Jahreswechsel hatte die Ukraine selbst vor einem möglichen Angriff Russlands gewarnt.

Kämpfe um strategisch wichtige Industriestadt Sjewjerodonezk

Ukrainer und Russen liefern sich nach Angaben der britischen Regierung heftige Strassenkämpfe um die ostukrainische Grossstadt Sjewjerodonezk. Beide Seiten dürften wahrscheinlich eine hohe Zahl an Opfern erleiden. Sjewjerodonezk ist die letzte Grossstadt im Gebiet Luhansk, die sich noch nicht vollständig unter russischer und prorussischer Kontrolle befindet. Gekämpft wird um sie seit Wochen.

Ein ukrainischer Panzer fährt durch die heftig umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine.
Ein ukrainischer Panzer fährt durch die heftig umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine.
Oleksandr Ratushniak/AP/dpa

Scholz plant offenbar Reise nach Kiew

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will nach Informationen der «Bild am Sonntag» vor dem G7-Gipfel Ende Juni nach Kiew reisen. Er plane den Besuch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi, berichtete die Zeitung am Samstag unter Berufung auf französische und ukrainische Regierungskreise. Ein Sprecher der Bundesregierung wollte den Bericht am Samstagabend nicht kommentieren.

Seit Kriegsbeginn sind bereits zahlreiche Staats- und Regierungschefs nach Kiew gereist, um ihre Solidarität mit dem von Russland angegriffenen Land zu demonstrieren. Scholz hatte zuletzt gesagt, er würde nur dorthin reisen, wenn konkrete Dinge zu besprechen wären. Die Ukraine hofft darauf, dass die EU sie bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni - unmittelbar vor dem G7-Gipfel vom 26. bis 28. Juni - zum EU-Beitrittskandidaten erklärt.

Von der Leyen spricht in Kiew über EU-Beitrittsantrag der Ukraine

Die EU-Kommissionspräsidentin liess offen, ob ihre Behörde den 27 Mitgliedstaaten empfehlen wird, der Ukraine uneingeschränkt den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu geben. Sie lobte in Kiew die parlamentarisch-präsidentielle Demokratie des Landes und die gut funktionierende Verwaltung. Zugleich mahnte sie Reformen an.

Auf Grundlage der Empfehlung der EU-Kommission werden die EU-Staaten entscheiden, wie es weitergeht. Die Ansichten der Länder zum Thema gehen bislang weit auseinander, obwohl die Entscheidung über den Kandidatenstatus die Aufnahmeentscheidung nicht vorwegnimmt und auch nicht mit einem Zeitrahmen verbunden ist. So ist die Türkei beispielsweise bereits seit 1999 EU-Beitrittskandidat.

«Eine positive Antwort der Europäischen Union auf den ukrainischen Antrag zur EU-Mitgliedschaft kann eine positive Antwort auf die Frage sein, ob es überhaupt eine Zukunft des europäischen Projekts gibt», sagte Selenskyj. Bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs habe das ukrainische Volk «bereits einen riesigen Beitrag zur Verteidigung der gemeinsamen Freiheit geleistet».


Die Ereignisse des Tages im Überblick:

Das Wichtigste in Kürze:

  • Russland will sich nicht mehr an Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte halten.
  • Laut britischen Geheimdienstinformationen greift Russland in der Ukraine offenbar schon auf Raketen aus den 60er Jahren zurück.
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj warnt vor weltweiten Hungerrevolten wegen des russischen Angriffskrieges.
  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist nach Kiew gereist, um letzte Fragen rund um den EU-Beitrittsantrag zu klären.
  • Der britische Geheimdienst meldete heftige Strassenkämpfe um die ostukrainische Grossstadt Sjewjerodonezk.
  • Die Geschehnisse vom Freitag kannst du hier nachlesen.
  • Liveticker
    Neue Beiträge
  • Liveticker beendet
  • 21.44 Uhr

    Wir beenden den Live-Ticker am Samstag

  • 21.21 Uhr

    Seit Kriegsbeginn rund zehntausend deutsche Visa für Russen ausgestellt

    Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben etwa zehntausend Russinnen und Russen ein Visum für Deutschland bekommen. Von Anfang März bis Ende Mai seien etwa 3560 entsprechende Schengen-Visa ausgestellt worden, teilte das Auswärtige Amt der «Welt am Sonntag» mit. Hinzu kommen demnach 5530 nationale Visa, die einen längeren Aufenthalt ermöglichen.

    Seit dem 18. Mai sei ausserdem 43 russischen Staatsangehörigen eine Aufnahme aus humanitären Gründen zugesagt worden, teilte das Bundesinnenministerium der Zeitung mit. Von Kriegsbeginn bis zu diesem Zeitpunkt seien es vier gewesen. Im Mai hatte sich die Bundesregierung intern auf Erleichterungen für die Aufnahme von besonders gefährdeten Kreml-Kritikern aus Russland verständigt.

  • 20.28 Uhr

    Medienbericht: Scholz will zusammen mit Macron und Draghi nach Kiew reisen

    Wie die  «Bild am Sonntag» unter Berufung auf französische und ukrainische Regierungskreise berichtet, plant der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz eine Reise nach Kiew. Demnach will er zusammen mit dem italienischen Ministerpäsidenten Draghi sowie dem französischen Präsidenten Macron reisen.

    Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will zusammen mit Macron und Draghi nach Kiew reisen.
    Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will zusammen mit Macron und Draghi nach Kiew reisen.
    Michael Kappeler/dpa

    Update 20.42 Uhr: Ein Sprecher der deutschen Bundesregierung wollte den Bericht am Samstagabend nicht kommentieren.

    Seit Kriegsbeginn sind bereits zahlreiche Staats- und Regierungschefs nach Kiew gereist, um ihre Solidarität mit dem von Russland angegriffenen Land zu demonstrieren. Scholz hatte zuletzt gesagt, er würde nur dorthin reisen, wenn konkrete Dinge zu besprechen wären. Die Ukraine hofft darauf, dass die EU sie bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni — unmittelbar vor dem G7-Gipfel vom 26. bis 28. Juni — zum EU-Beitrittskandidaten erklärt.

  • 20.15 Uhr

    Nato-Generalsekretär Stoltenberg reist zu Gesprächen nach Finnland und Schweden

    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg reist zu Gesprächen nach Finnland und Schweden. Beide Staaten hatten im Mai unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ihren Beitritt zur Nato beantragt.

    Dem Beitritt eines Staates zur Nato müssen alle 30 Mitgliedsländer zustimmen. Das Nato-Mitglied Türkei droht allerdings mit einem Veto. Im finnischen Naantali trifft Stoltenberg am Nachmittag mit Präsident Sauli Niinistö zusammen. Am Montag trifft Stoltenberg die schwedische Regierungschefin Magdalena Andersson und ihre Regierung.

  • 19.27 Uhr

    Kämpfe um Sjewjerodonezk halten laut ukrainischem Generalstab an

    Die Kämpfe um die Grossstadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine halten nach Angaben des ukrainischen Militärs weiter an. Die russische Armee habe die zivile Infrastruktur in der Stadt sowie im benachbarten Lyssytschansk und drei weiteren Orten beschossen, teilte der Generalstab der ukrainischen Armee per Facebook mit. Die ukrainischen Soldaten seien dabei, sich Angriffen der Russen in Sjewjerodonezk zu widersetzen. In dem Vorort Metelkino sei ein Angriff erfolgreich abgewehrt worden, die russische Armee habe sich zurückgezogen, hiess es in dem Lagebericht. In einem weiteren Vorort hielten die Kämpfe an. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen.

    Die strategisch wichtige Industriestadt Sjewjerodonezk ist die letzte Grossstadt im Gebiet Luhansk, die sich noch nicht vollständig unter russischer und prorussischer Kontrolle befindet. Gekämpft wird um sie bereits seit Wochen.

  • 18.42 Uhr

    Russland gründet Unternehmen für Handel mit ukrainischem Getreide

    Vertreter der von Russland eingesetzten prorussischen provisorischen Verwaltung in der ukrainischen Region Saporischschja haben eine Firma für den Handel mit ukrainischem Getreide im Namen Moskaus gegründet. Mit dem Unternehmen solle lokales Getreide aufgekauft und weiterverkauft werden, sagte der von Russland eingesetzte Verwaltungschef Jewgeni Balizky der Nachrichtenagentur Interfax. Balizky sagte, das neue staatliche Getreideunternehmen habe die Kontrolle über mehrere Einrichtungen übernommen. Er sagte, «das Getreide wird russisch sein» und «es ist uns egal, wer der Käufer sein wird.»

    Seit Russland die Ukraine überfallen hat, ist der Weizen knapp.  
    Seit Russland die Ukraine überfallen hat, ist der Weizen knapp.  
    KEYSTONE/DPA/ARNE DEDERT (Symbolbild)

    Die Ukraine und westliche Länder haben Russland vorgeworfen, ukrainisches Getreide zu stehlen und eine globale Nahrungsmittelkrise zu verursachen, die Millionen Hungertote zur Folge haben könnte.

    Es war unklar, ob die Bauern, deren Getreide von Russland verkauft wird, dafür bezahlt werden. Balizky sagte, seine Verwaltung werde sich Getreide nicht gewaltsam aneignen oder die Produzenten unter Druck setzen, es zu verkaufen.

    Der Chef des ukrainischen Präsidialbüros, Andrij Jermak, warf dem russischen Militär vor, Getreideanbauflächen vor der Ernte zu beschiessen und abzubrennen. Er attestierte, Moskau versuche eine Hungersnot aus der Sowjetzeit zu wiederholen, die mehr als drei Millionen Ukrainer zwischen 1932 und 1933 das Leben kostete. «Unsere Soldaten löschen die Feuer, aber (Russlands) «Lebensmittelterrorismus» muss gestoppt werden», schrieb Jermak bei Telegram.

    Weder die Angaben von Balizky noch die von Jermak konnten unabhängig überprüft werden.

  • 18.23 Uhr

    Russland will Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs nicht beachten

    Russland will sich nicht mehr an Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte halten. Ein entsprechendes Gesetz unterzeichnete Präsident Wladimir Putin, wie die Agentur Tass meldete. Demnach werden Urteile, die nach dem 15. März ergangen sind, nicht mehr ausgeführt.

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Strassburg gehört zum Europarat. Gemeinsam setzen sich die von der Europäischen Union unabhängigen Organe für den Schutz der Menschenrechte in den 47 Mitgliedstaaten ein. Russland und die Ukraine waren ursprünglich beide Mitglieder des Europarats. Das Gremium hatte Russlands Mitgliedschaft am 25. Februar in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine zunächst suspendiert. Nachdem der Kreml am 15. März seinen Austritt erklärt hatte, wurde Russland endgültig aus dem Europarat ausgeschlossen.

  • 17.42 Uhr

    Gestiegenes Interesse an militärischer Grundausbildung in der Slowakei

    Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verzeichnet die Slowakei ein stark gestiegenes Interesse an einer freiwilligen militärischen Grundausbildung. Für das knapp drei Monate lange Training gebe es in diesem Jahr 527 Bewerber auf 150 Plätze, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in Bratislava der Nachrichtenagentur Tasr. Dies ist ein Vielfaches mehr als in der Vergangenheit: Im Jahre 2019 gab es 122 Bewerbungen, im Jahr davor 180. In den vergangenen zwei Jahren wurde die freiwillige militärische Grundausbildung wegen der Corona-Pandemie nicht angeboten.

    Die Slowakei hat eine gemeinsame Grenze mit der Ukraine. Seit Kriegsbeginn sind nach Angaben des Grenzschutzes mehr als eine halbe Million Menschen aus der Ukraine in die Slowakei eingereist.

  • 16.57 Uhr

    Unterstützung für Weg des Westbalkans in die EU steigt laut Scholz

    Russlands Krieg gegen die Ukraine hat nach Einschätzung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz zu einem Umdenken in der EU hinsichtlich der Beitrittskandidaturen der Westbalkan-Staaten geführt. Angesichts der mit dem russischen Angriffskrieg verbundenen «grossen Veränderungen» gebe es eine «neue Bereitschaft bei vielen Mitgliedstaaten», den «Weg des westlichen Balkans in die Europäische Union aktiver zu unterstützen, als das für viele Jahre lang der Fall war», sagte Scholz bei einem Besuch in Sofia.

    Zur Frage, ob er die bulgarische Regierung aufgefordert habe, ihre Blockadehaltung gegenüber EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien aufzugeben, sagte Scholz, es sei jetzt der «Moment für klare Worte». Es sei wichtig, in internen Gesprächen, aber auch öffentlich zu sagen, «dass es möglich ist, hier zu einem Zueinander zu kommen. Und dass die vielen Einwände, die da wechselseitig sich über viele Jahre hin aufgebaut haben, weggepackt werden müssen».

    Nordmazedonien ist schon seit 2005 EU-Beitrittskandidat. Bis heute sind die konkreten Verhandlungen über die EU-Mitgliedschaft aber nicht aufgenommen worden, wozu ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten nötig ist. Nachdem zunächst Griechenland nach jahrelanger Blockade eine Änderung des Staatsnamens durchgesetzt hatte, verlangt Bulgarien nun, dass Nordmazedonien zuerst bulgarische Wurzeln in seiner Sprache, Bevölkerung und Geschichte anerkennt. Neben Nordmazedonien sind auch die Westbalkan-Länder Albanien, Serbien und Montenegro Beitrittskandidaten der EU.

  • 16.26 Uhr

    Russland verteilt erste Pässe an Ukrainer in besetzten Gebieten

    Russland hat in der besetzten ukrainischen Stadt Cherson erste russische Pässe an Einwohner ausgehändigt. 23 Bewohner der Stadt im Süden der Ukraine erhielten während einer Zeremonie ihre Ausweispapiere, wie die amtliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtete. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Ende Mai einen Erlass unterzeichnet, der die Passvergabe im «vereinfachten Verfahren» ermöglicht. Dieser gilt auch für die Region Saporischschja, die ebenfalls teilweise von Russland kontrolliert wird.

    «Alle unsere Einwohner in Cherson wollen so schnell wie möglich einen Pass und die (russische) Staatsbürgerschaft erhalten», sagte der pro-russische Regional-Verwaltungschef Wladimir Saldo laut Tass. «Damit beginnt für uns eine neue Epoche», zitierte ihn die Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Die Region Cherson war zu Beginn der russischen Offensive in der Ukraine fast vollständig von der russischen Armee erobert worden.

    Den Behörden in Cherson zufolge wurde der Beginn der Passausgabe mit Blick auf den Russland-Tag am Sonntag gewählt. Der Nationalfeiertag wird jährlich am 12. Juni begangen und erinnert an die Unabhängigkeit Russlands von der Sowjetunion.

    Die Ukraine hatte die Einführung des Pass-Sonderverfahrens verurteilt und von einer «ungeheuerlichen Verletzung» ihrer territorialen Integrität gesprochen. «Der russische Präsidialerlass ist rechtlich nichtig und hat keine Auswirkungen» auf die ukrainische Staatsbürgerschaft der Bewohner «der vorübergehend von Russland besetzten Gebiete», erklärte damals das ukrainische Aussenministerium.

  • 15.37 Uhr

    Familie von zum Tode verurteilten Briten am Boden zerstört

    Die Familie eines von prorussischen Separatisten zum Tode verurteilten Briten hat sich schockiert über das Urteil in der selbst ernannten Donezker Volksrepublik gezeigt. Das britische Aussenministerium teilte  im Auftrag der Angehörigen mit, die ganze Familie des 48-Jährigen sei «am Boden zerstört und betrübt über den Ausgang des illegalen Schauprozesses durch die sogenannte Volksrepublik Donezk».

    Als ukrainischer Einwohner und unter Vertrag stehender Marinesoldat sollten ihm alle Rechte eines Kriegsgefangenen gemäss der Genfer Konvention gewährt werden, hiess es nach Angaben der Nachrichtenagentur PA in der Erklärung. Dazu zähle auch eine vollständig unabhängige Rechtsvertretung.

    Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik (DVR) hatte am Donnerstag drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. Darunter waren zwei Briten und ein Marokkaner. Die beiden Briten waren Mitte April in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von prorussischen Kräften gefangen genommen worden. Beide hatten laut Medienberichten schon vor dem Krieg in der Ukraine gelebt und auch dort geheiratet.

  • 15.10 Uhr

    Russland setzt laut London Uralt-Raketen ein

    Russland greift in der Ukraine nach Angaben aus Grossbritannien offenbar schon auf Raketen aus den 60er Jahren zurück. Die 5,5 Tonnen schwere Ch-22 sei einmal für den Einsatz von Atomsprengköpfen gegen Flugzeugträger entwickelt worden und werde jetzt wahrscheinlich mit konventionellen Sprengköpfen gegen Landziele eingesetzt, teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienste mit. Die von Bombern abgefeuerte Rakete sei höchst ungenau und könne verheerende Kollateralschäden anrichten.

    Wo genau der Raketentyp eingesetzt worden sein soll, teilte das Verteidigungsministerium nicht mit. Das russische Arsenal an modernen und präziseren Waffen gehe inzwischen zur Neige, erklärte es. Die ukrainische Luftabwehr verhindere zudem, dass die russische Luftwaffe mit Flugzeugen im gesamten Land angreifen könne.

    Die russische Invasion von Ende Februar ist mittlerweile in einen Zermürbungskrieg um das Industriegebiet Donbass im Osten der Ukraine übergegangen, der die Vorräte beider Seiten stark beansprucht. Der Vizechef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Wadym Skibizky, sagte der britische Zeitung «The Guardian», die ukrainische Artillerie verschiesse 5000 bis 6000 Granaten pro Tag und sei auf Nachschub aus dem Westen angewiesen.

  • 14.43 Uhr

    Ukrainische Mitgliedschaft laut Selenskyj entscheidend  für EU-Zukunft

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Entscheidung über eine EU-Mitgliedschaft seines Landes als wegweisend für ganz Europa bezeichnet. «Eine positive Antwort der Europäischen Union auf den ukrainischen Antrag zur EU-Mitgliedschaft kann eine positive Antwort auf die Frage sein, ob es überhaupt eine Zukunft des europäischen Projekts gibt», sagte der ukrainische Staatschef bei einem Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kiew.

    Bei der Abwehr des seit Ende Februar andauernden russischen Angriffskriegs habe das ukrainische Volk «bereits einen riesigen Beitrag zur Verteidigung der gemeinsamen Freiheit geleistet», sagte Selenskyj.

    Kiew sei dankbar für das kürzlich verabschiedete sechste Sanktionspaket gegen Russland, sagte er. «Doch der Krieg geht leider weiter, daher ist ein siebtes Sanktionspaket erforderlich, das noch stärker sein sollte.». Dieses sollte alle russischen Beamten und Richter treffen, die für den Krieg arbeiteten, forderte Selenskyj. Zudem müssten ausnahmslos alle russischen Banken sanktioniert werden. Der ukrainische Staatschef sprach sich zudem für einen kompletten Verzicht der EU auf russische Energieträger sowie für ein Wiederaufbauprogramm für sein Land aus.

  • 14.24 Uhr

    Scholz begrüsst von der Leyens Kiew-Reise

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Reisen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und zweier seiner Bundesminister nach Kiew begrüsst. «Diese Reisen begrüsse ich alle», sagte der SPD-Politiker während seiner Balkan-Reise in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Sie seien für ihn nicht überraschend und machten alle einen Sinn. Das sei auch der Massstab für solche Reisen. Auf die Frage, ob und wann er selbst in die Ukraine reisen werde, antwortete der Kanzler nicht.

    Von der Leyen ist zu Gesprächen über den EU-Beitrittsantrag der Ukraine in Kiew eingetroffen. Die deutsche Spitzenpolitikerin wollte in der Hauptstadt des von Russland angegriffenen Landes mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Ministerpräsident Denys Schmyhal noch offene Punkte des Aufnahmegesuchs erörtern. Kurz zuvor waren Agrarminister Cem Özdemir und Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der Ukraine.

    Scholz hatte seinen Antrittsbesuch bei Selenskyj in Kiew vor Kriegsbeginn absolviert. Er hat immer wieder betont, dass er nur nach Kiew reisen werde, wenn ganz konkrete Dinge zu besprechen seien.

  • 14.15 Uhr

    Gouverneur berichtet von Flammenwerfereinsatz in einem Dorf

    Das russische Militär setzt nach Angaben des Gouverneurs der Region Luhansk auch Flammenwerfer ein. Mit diesen Waffen sei das Dorf Wrubiwka attackiert worden, schrieb Serhij Hajdaj auf Telegram. Viele Häuser seien niedergebrannt. Die Zahl der Opfer in dem Ort in der Region Popasnjanska werde noch ermittelt. Der Einsatz von Flammenwerfern auf dem Schlachtfeld ist legal, doch Hajdaj warf den russischen Truppen vor, mit dieser Waffe gegen zivile Anlagen vorzugehen.

    Wrubiwka liegt südwestlich der heftig umkämpften Grossstädte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk. Dort hätten die Russen Industriebetriebe und wichtige Infrastruktur angegriffen, berichtete Hajdaj, darunter Eisenbahndepots, eine Ziegelei und eine Glasfabrik. «(Die Russen) zerstören weltbekannte Fabriken», schrieb er. Tausende Einwohner von Sjewjerodonezk wollten gern zurückkehren, «Aber der Feind zerstört sowohl die Stadt selbst als auch die chemische Industrie», fügte er hinzu.

  • 13.58 Uhr

    Ukrainische Staatsanwaltschaft: Fast 800 Kinder im Krieg verletzt oder getötet

    In der Ukraine sind seit Kriegsbeginn nach Justizangaben knapp 800 Kinder getötet oder verletzt worden. Mindestens 287 Kinder seien als Folge von Militäraktionen ums Leben gekommen, mindestens 492 weitere hätten Verletzungen erlitten, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft heute mit. Die meisten Fälle habe es in der Provinz Donezk gegeben, aus der 217 Kinder getötete oder verletzte Kinder gemeldet worden seien. In der Region Charkiw habe es 132 Fälle gegeben, im Gebiet um die Hauptstadt Kiew 116.

  • 13.24 Uhr

    Selenskyj warnt vor Hungerrevolten

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor weltweiten Hungerrevolten als Folge des russischen Angriffskrieges gegen sein Land gewarnt. «Wenn wir unsere Lebensmittel nicht exportieren können, dann wird die Welt mit einer schweren Lebensmittelkrise und Hunger in vielen Ländern Asiens und Afrikas konfrontiert werden», sagte der 44-Jährige vor Besuchern des Sicherheitsforums «Shangri La Dialogue» in Singapur, dem er heute per Video zugeschaltet war. Der Lebensmittelmangel könne zu politischem Chaos und dem Sturz von Regierungen vieler Länder führen.

  • 11.38 Uhr

    Kiew reagiert verstimmt auf Bidens Kritik

    Die politische Führung in Kiew hat verstimmt auf Äusserungen von US-Präsident Joe Biden reagiert, wonach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor Kriegsbeginn die von Russland ausgehende Gefahr nicht ernst genug genommen haben soll. Bei einer Fundraiser-Veranstaltung am Freitagabend in Los Angeles hatte Biden gesagt, es habe bereits vor dem 24. Februar Beweise dafür gegeben, dass Kremlchef Wladimir Putin die Ukraine überfallen wolle. Dann fügte er hinzu: «Es gab keinen Zweifel. Und Selenskyj wollte es nicht hören – viele Leute wollten es nicht.»

    «Die Phrase ‹wollte nicht hören› bedarf sicherlich einer Erläuterung», sagte heute der ukrainische Präsidentensprecher Serhij Nykyforow. Selenskyj habe die internationalen Partner immer wieder dazu aufgerufen, präventiv Sanktionen zu verhängen, um Russland zu einem Abzug der damals bereits in der Grenzregion zur Ukraine stationierten Truppen zu zwingen, sagte Nykyforow der Onlinezeitung Liga.net. «Und hier kann man schon sagen, dass unsere Partner uns ‹nicht hören wollten›», sagte er.

  • 10.35 Uhr

    Von der Leyen ist für Gespräche nach Kiew gereist

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist heute zu Gesprächen über den EU-Beitrittsantrag der Ukraine in Kiew eingetroffen. Die deutsche Spitzenpolitikerin wollte mit Präsident Wolodymyr Selenskyj unter anderem noch offene Punkte des Aufnahmegesuchs erörtern. Die EU-Kommission wird voraussichtlich kommenden Freitag ihre Einschätzung dazu veröffentlichen, ob der Ukraine der Status als Kandidat für einen EU-Beitritt gewährt werden sollte.

    Die Präsidentin der Europäischen Kommission: Ursula von der Leyen.
    Die Präsidentin der Europäischen Kommission: Ursula von der Leyen.
    Mindaugas Kulbis/AP/dpa
  • 10.30 Uhr

    Ausstellung über den Krieg in Kiew

    Waffen, Pässe und Militärstiefel der russischen Soldaten: Während der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine noch andauert, gibt es in der Hauptstadt Kiew zum aktuellen Konflikt aber bereits eine Ausstellung mit dem Titel «Ukraine – Kreuzigung».

    Ukraine-Krieg bereits in Kiewer Museum ausgestellt

    Ukraine-Krieg bereits in Kiewer Museum ausgestellt

    Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert noch an, in der Hauptstadt Kiew gibt es zum aktuellen Konflikt aber bereits eine Ausstellung. «Ukraine – Kreuzigung» wurde in kürzester Zeit auf die Beine gestellt.

    11.06.2022

  • 10 Uhr

    Grossbritannien: Heftige Kämpfe um Sjewjerodonezk

    Ukrainer und Russen liefern sich nach Angaben der britischen Regierung heftige Strassenkämpfe um die ostukrainische Grossstadt Sjewjerodonezk. Beide Seiten dürften wahrscheinlich eine hohe Zahl an Opfern erleiden, schrieb das britische Verteidigungsministerium heute in seinem regelmässigen Geheimdienst-Update zur Lage im Ukraine-Krieg.

    Die strategisch wichtige Industriestadt Sjewjerodonezk ist die letzte Grossstadt im Gebiet Luhansk, die sich noch nicht vollständig unter russischer und prorussischer Kontrolle befindet. Gekämpft wird um sie bereits seit Wochen.

  • 9.50 Uhr

    Russische Agentur: Mehr als 800'000 Neurussen in vergangenen Jahren im Donbass

    In den ostukrainischen Separatistengebieten haben laut russischer Nachrichtenagentur Tass in den vergangenen drei Jahren mehr als 800'000 Menschen die russische Staatsbürgerschaft auf vereinfachtem Weg erhalten. Nur knapp ein Prozent der Anträge von Bewohnern der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk sei abgelehnt worden, meldete Tass heute unter Berufung auf das Innenministerium in Moskau. Kremlchef Wladimir Putin hatte im April 2019 ein Dekret erlassen, dem zufolge Ukrainer im Donbass leichter russische Staatsbürger werden können.

  • 8.05 Uhr

    Biden: Selenskyj wollte Warnungen vor Krieg nicht hören

    Präsident Joe Biden hat die Reaktion seines ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj auf Warnungen der USA vor der russischen Invasion kritisiert. Selenskyj habe nicht hören wollen, als US-Geheimdienste Informationen über die Angriffsvorbereitungen Russlands zusammentrugen, sagte Biden. Die Daten hätten jedoch gezeigt, dass Russland die Grenze überschreiten wolle. «Es gab keinen Zweifel», sagte Biden. «Und Selenskyj wollte es nicht hören.» Allerdings hätten damals auch viele andere geglaubt, dass er, Biden, übertreibe.

    Selenskyj hat zwar nach Kriegsbeginn an Ansehen gewonnen, doch wird ihm vorgeworfen, die Ukraine nicht ausreichend auf einen russischen Überfall vorbereitet zu haben. Er hatte in den Wochen vor Beginn der russischen Invasion am 24. Februar gereizt auf die wiederholten Warnungen der USA vor einem Militärangriff reagiert, unter anderem weil er fürchtete, dass das Szenario eines drohenden Krieges der ukrainischen Wirtschaft schaden könnte.

    US-Präsident Biden kritisiert Wolodymyr Selenskyj scharf für seine Handeln vor der russischen Invasion.
    US-Präsident Biden kritisiert Wolodymyr Selenskyj scharf für seine Handeln vor der russischen Invasion.
    Patrick Semansky/AP/dpa/Archiv
  • 7 Uhr

    Selenskyj-Berater: Bisher 10'000 ukrainische Soldaten tot

    In gut dreieinhalb Monaten des russischen Angriffskrieges sind nach Regierungsangaben etwa 10'000 ukrainische Soldaten getötet worden. Ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj machte die Zahl in der Nacht zum Samstag öffentlich. In der Ostukraine gehen unterdessen die Kämpfe ohne grosse Veränderungen des Frontverlaufs weiter. Die ukrainische Seite spricht von Erfolgen ihrer Artillerie dank westlicher Munition - und appelliert, das Tempo der Waffenlieferungen zu erhöhen.

  • 6 Uhr

    Russland händigt ab heute russische Pässe aus

    Russland setzt seine Versuche fort, besetzte ukrainische Gebiete enger an sich zu binden. In den von russischen Truppen kontrollierten Teilen der Region Saporischschja sollen von heute an russische Pässe ausgehändigt werden. Die Empfänger würden danach als vollwertige Bürger Russlands betrachtet, sagte ein Mitglied der Besatzungsbehörden, Wladimir Rogow, dem Fernsehsender Rossija-24. Ihm zufolge haben dort mehr als 70'000 Menschen Anträge gestellt.

  • 5 Uhr

    Bürgermeister Mariupols: Russen bergen Leichen nicht 

    Der von russischen Truppen aus Mariupol vertriebene Bürgermeister Wadym Boitschenko hat den Besatzern vorgeworfen, in der Stadt Mehrfamilienhäuser abzureissen, ohne zuvor die Leichen getöteter Bewohner zu bergen. Die Toten würden mit dem Schutt abtransportiert, schrieb Boitschenko gestern im Nachrichtendienst Telegram. In der wochenlang von russischen Truppen belagerten Hafenstadt seien 1300 Gebäude zerstört worden und unter den mehrstöckigen Häusern würden jeweils 50 bis 100 Tote vermutet. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Ukrainische Behörden schätzten die Zahl der in Mariupol getöteten Zivilisten noch vor der Eroberung durch russische Truppen auf bis zu 20'000.