Diese Konflikte prägen ihr erstes Treffen Biden und Xi haben viel zu besprechen

Von Oliver Kohlmaier

13.11.2022

Xi Jinping und Joe Biden, damals US-Vizepräsident der USA, bei einem Treffen in Peking im Dezember 2013. Am Montag treffen sich die beiden erneut.
Xi Jinping und Joe Biden, damals US-Vizepräsident der USA, bei einem Treffen in Peking im Dezember 2013. Am Montag treffen sich die beiden erneut.
Lintao Zhang/Getty Images/EPA/dpa

Am Montag treffen US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Amtkollege erstmals als Staatsoberhäupter aufeinander. Die Beziehungen beider Länder sind historisch schlecht — es gibt also viel zu besprechen.

Von Oliver Kohlmaier

Die Beziehungen zwischen China und den USA sind an einem Tiefpunkt. Manche US-Beobachter vergleichen das Verhältnis mit der Zeit vor dem historischen Besuch Richard Nixons 1972.

Erstmals seit seiner Wahl zum US-Präsidenten trifft Joe Biden am Montag nun seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping. Letzterer kommt mit viel Rückenwind zum G20-Gipfel. Im Oktober wurde ihm eine dritte Amtszeit zugesprochen und eigens dafür die Verfassung geändert: seit Mao war kein Präsident mächtiger. 

Dem Treffen der beiden Staatsmänner wird grosse Bedeutung beigemessen. Trotz Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen atomaren Drohgebärden spielt China in der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA die Hauptrolle. Der kommunistische Staat wird darin als grösste Bedrohung für die USA beschrieben und als wichtigste geopolitische Konkurrentin. China hingegen wirft den USA vor, seinen Aufstieg in der Welt behindern zu wollen.

Um wie viel es geht, hat Joe Biden im Vorfeld zumindest angedeutet und von «roten Linien» gesprochen. Was der Präsident damit gemeint haben könnte, und was es sonst noch zu besprechen gibt: eine Übersicht.

Chinas Russland-Unterstützung

Ungeachtet der weltweiten Empörung über den russischen Einmarsch in der Ukraine hat China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin stets Rückendeckung gegeben. Bis heute gibt es keine öffentliche Kritik aus China an Russlands Vorgehen. Vielmehr hat Peking die USA und die Nato als Hauptverantwortliche des Konflikts dargestellt.

Die Haltung gegenüber Russland werde bei dem Treffen daher zur Sprache kommen, kündigte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan an. Jedoch seien Xis jüngste Äusserungen zum Einsatz von Atomwaffen «positiv zu bewerten». Auch habe Peking Moskau bislang keine Waffen zur Nutzung in der Ukraine geschickt und auch nicht internationale Sanktionen gegen Russland untergraben.

Ob Biden Xi indessen zum Einlenken und somit etwa zu einer Verurteilung des Angriffskrieges bewegen wird, darf bezweifelt werden. Im Vorfeld des Treffens beschrieb ein Sprecher des chinesischen Aussenministeriums die Beziehungen zu Russland als «felsenfest». Beide Länder seien «umfassende strategische Partner».

Die enge Partnerschaft hat nicht wenig mit Chinas gigantischem Bedarf an Rohstoffen zu tun. Zwar hat China bislang keine Sanktionen umgangen, profitiert jedoch etwa beim Erdöl vom Ausfall anderer Abnehmer und bezieht grosse Mengen aus Russland — natürlich mit Preisnachlass.

Biden will mit Xi Jinping über «rote Linien» sprechen

Biden will mit Xi Jinping über «rote Linien» sprechen

US-Präsident Joe Biden will bei einem möglichen Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping auf dem G20-Gipfel in der kommenden Woche über «rote Linien» beider Länder sprechen. Biden bestätigte damit indirekt seine Pläne, Xi am Rande des G20-Gipfels i

10.11.2022

Konflikt um Taiwan

US-Präsident Joe Biden sprach im Vorfeld seines Treffens mit Xi von «roten Linien». Es ist sehr wahrscheinlich, dass er damit den Dauerkonflikt um Taiwan meinte, der in diesem Jahr gefährlich eskalierte. Der Konflikt um die aus Chinas Sicht abtrünnige Inselrepublik dürfte am Montag daher das wichtigste Gesprächthema sein.

Die kommunistische Führung Chinas betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet — was bislang vor allem Waffenlieferungen bedeutete.

Biden hatte in den letzten Monaten jedoch mehrfach betont, dass die Vereinigten Staaten auch bereit seien, Taiwan mit US-Truppen zu verteidigen. Damit ging er weiter als seine Vorgänger und löste in Peking grosse Verärgerung aus. Bidens Aussagen haben das ohnehin angespannte Verhältnis beider Mächte weiter verschlechtert. 

Auch der Besuch der demokratischen Mehrheitsführerin Nancy Pelosi im August sorgte für Entrüstung in China. Als Reaktion führte die chinesische Armee tagelang Manöver vor der Pazifikinsel durch. Nach Angaben des taiwanischen Verteidigungsministeriums sollen chinesische Kriegsschiffe dabei auch in die 12-Meilen-Zone eingedrungen sein, was Peking bestritt.

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden haben US-Kriegsschiffe ihre Einsätze um Taiwan und im Südchinesischen Meer verstärkt. Chinesische Kampfflieger wiederum verletzen fast täglich Taiwans Identifikationszone zur Luftverteidigung.

Expansion im Südchinesischen Meer

China baut seine Ansprüche im Südchinesischen Meer seit Jahren systematisch aus, militärisch, ökonomisch und diplomatisch. Auch an dem am Freitag gestarteten Asean-Gipfel sind die chinesischen Territorialansprüche ein Hauptthema. Denn mehrere Staaten sehen die aggressive Expansionspolitik mit grosser Sorge. 

China beansprucht praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich. Neben der Besetzung unbewohnter Gebiete schüttet die chinesische Marine sogar künstliche Inseln auf und errichtet dort Militärstützpunkte.  Die Volksrepublik liegt deshalb im Streit mit Ländern der Region wie den Philippinen, Vietnam, Malaysia und Brunei. In der Gegend werden grosse Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet.

Die USA hingegen sehen in den Expansionsbestrebungen eine Bedrohung ihrer strategischen Vorherrschaft im pazifischen Raum. 

Chinesische Infrastruktur und Gebäude auf dem künstlich angelegten Fiery Cross Reef in den umstrittenen Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer.
Chinesische Infrastruktur und Gebäude auf dem künstlich angelegten Fiery Cross Reef in den umstrittenen Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer.
AP/Aaron Favila/Keystone

Handelskrieg

Die USA und China befinden sich seit 2018 in einem andauernden Handelskonflikt, der auch Einfluss auf die globale Wirtschaft hat. Losgetreten wurde der Streit vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump, der schon im Wahlkampf angekündigt hatte, gegen die verheerende Handelsbilanz mit China vorzugehen.

Die USA führten mehrere neue Importzölle ein und erhöhten die Tarife für zahlreiche Güter. Seitdem hat sich das amerikaniche Handelsbilanzdefizit noch weiter erhöht, auch die erhoffte Rückverlagerung an Produktion trat nicht ein.

Der Streit jedoch dauert bis heute an, und eine Lösung ist nicht in Sicht.

Mit Material von dpa