ÜbersichtWachsender Zeitdruck bei Rettungsflügen aus Afghanistan
Agenturen/red
25.8.2021
In Kabul harren weiterhin tausende Menschen aus in der Hoffnung, in den kommenden Tagen noch das Land zu verlassen. Die USA machen Tempo und halten am Ende der Evakuierungen bis nächsten Dienstag fest. Die deutsche Kanzlerin Merkel bezeichnet die Lage als «eine einzige Tragödie». Die Ereignisse des Tages im Überblick.
Agenturen/red
25.08.2021, 21:36
25.08.2021, 21:37
Agenturen/red
Die Rettung schutzbedürftiger Menschen aus Afghanistan wird zunehmend zum Rennen gegen die Zeit: Angesichts des vollständigen US-Truppenabzugs zum 31. August könnte die Luftbrücke der deutschen Bundeswehr aus Kabul schon am Freitag eingestellt werden, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Sicherheitskreisen in Berlin erfuhr. Die Taliban sagten derweil nach Angaben des deutschen Afghanistan-Botschafters Markus Potzel zu, auch nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen weiter Afghanen aus dem Land ausreisen zu lassen.
Der Taliban-Chefunterhändler Scher Mohammed Abbas Staniksai habe zugesichert, Afghanen «mit gültigen Dokumenten» könnten das Land auch nach dem 31. August mit kommerziellen Flügen verlassen, schrieb der zu Verhandlungen nach Doha entsandte Botschafter Potzel auf Twitter. Voraussetzung seien allerdings «gültige Dokumente».
Viele Afghanen fürchten, das Land nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen nicht mehr verlassen zu können. Am Mittwoch warteten am Kabuler Flughafen weiterhin tausende Menschen auf eine Mitfluggelegenheit.
US-Präsident Joe Biden hatte am Dienstag noch einmal sein Festhalten am Abschluss des Truppenabzugs bis Dienstag kommender Woche bekräftigt. «Je eher desto besser. Jeder weitere Tag im Einsatz bringt zusätzliches Risiko für unsere Soldaten», sagte Biden.
Bislang brachten das US-Militär und alliierte Truppen nach US-Angaben mehr als 82'300 Menschen aus Kabul in Sicherheit. Die deutsche Bundeswehr flog davon nach Angaben vom Mittwochabend mehr als 5000 Menschen aus dem Land.
In der Nacht zu Mittwoch brachte die Bundeswehr mit einem US-Helikopter 21 deutsche Staatsbürger zum Kabuler Flughafen. Bundeswehr-Soldaten hätten die Hilfesuchenden an einem Sammelpunkt in der afghanischen Hauptstadt abgeholt und sicher zum Airport gebracht, sagte Generalinspekteur Eberhard Zorn.
Die deutsche Kanzlerin Merkel sprach sich derweil für Verhandlungen mit den Taliban aus. Es dürfe aber «keine unkonditionierten Vereinbarungen» mit den neuen Machthabern geben, sagte Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag. Sie räumte erneut ein, dass die Bundesregierung die jüngsten Entwicklungen falsch eingeschätzt habe. Für den schnelle Zusammenbruch in Afghanistan machte Merkel die Sicherheitskräfte des Landes und die politische Führung verantwortlich. 26 westliche Staaten versuchen, ihre Staatsbürger und schutzsuchende Afghanen auszufliegen. Dafür bleiben nur noch wenige Tage. «Die Entwicklungen der letzten Tage sind furchtbar, sie sind bitter», sagte Merkel dazu. «Für viele Menschen in Afghanistan sind sie eine einzige Tragödie.»
Die Ereignisse des Tages im Überblick:
Das Wichtigste in Kürze:
Präsident Joe Biden will am Abzug der US-Truppen bis kommenden Dienstag festhalten.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat im Bundestag eine Regierungserklärung zum Debakel beim Abzug der Bundeswehr und der westlichen Verbündeten aus Afghanistan abgegeben.
Das US-Militär reduziert seine Truppenpräsenz am Flughafen Kabul nach eigenen Angaben um «mehrere Hundert» Soldatinnen und Soldaten.
Die USA haben nach Berichten über schlechte hygienische Zustände auf dem Militärflugplatz nahe der katarischen Hauptstadt Doha eine schnelle Besserung versprochen. Der Flugplatz ist ein wichtiges Drehkreuz für die Evakuierungsflüge aus Afghanistan.
Türkei hat mit Truppenabzug aus Afghanistan begonnen
Die Türkei hat mit dem Abzug ihrer Soldaten aus Afghanistan begonnen und damit offenbar ihr Vorhaben aufgegeben, bei der Sicherung des Kabuler Flughafens zu helfen. «Die türkische Armee kehrt in unser Heimatland mit dem Stolz zurück, die ihr anvertrauten Aufgaben erfüllt zu haben», erklärte das Verteidigungsministerium in Ankara am Mittwochabend. Es sei damit begonnen worden, die Soldaten vom Kabuler Flughafen abzuziehen, erklärte das Ministerium.
Zuletzt hatte die Türkei 500 Soldaten in Afghanistan stationiert. Die Türkei hatte sowohl mit den USA als auch mit den in Afghanistan herrschenden Taliban darüber verhandelt, dass sie sich nach dem vollständigen US-Abzug am Schutz des Kabuler Flughafens beteiligen könnte. Dieser ist für kommenden Dienstag geplant. Die schnelle Einnahme Kabuls durch die Taliban hatte die Pläne der Türkei allerdings durcheinander gebracht.
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan sagte zum Abzug der türkischen Soldaten, es sei «wichtig, dass sich Afghanistan stabilisiert». «Die Türkei wird in Übereinstimmung mit diesem Ziel weiter im engen Dialog mit allen Seiten in Afghanistan bleiben», betonte er.
Viele Afghanen, die vor den nun herrschenden radikalislamischen Taliban fliehen wollen, fürchten das Land nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen nicht mehr verlassen zu können. Am Mittwoch warteten am Kabuler Flughafen noch immer tausende Menschen auf eine Mitfluggelegenheit. Nach Angaben des deutschen Afghanistan-Botschafters Markus Potzel haben die Taliban allerdings zugesagt, auch nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen weiter Afghanen aus dem Land ausreisen zu lassen - allerdings nur mit «gültigen Dokumenten».
20.43 Uhr
US-Abgeordnete ziehen mit Afghanistan-Reise Kritik auf sich
Mit einer nicht genehmigten Afghanistan-Reise inmitten der dramatischen Evakuierungsmission haben zwei US-Abgeordnete scharfe Kritik auf sich gezogen. Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sagte am Mittwoch, der Besuch des Republikaners Peter Meijer und des Demokraten Seth Moulton am Flughafen von Kabul habe wichtige Ressourcen beansprucht, die für die Evakuierungsmission benötigt würden. «Das ist tödlicher Ernst», sagte die Demokratin. «Wir wollen nicht, dass Abgeordnete dorthin reisen.»
Noch deutlicher drückte sich ein US-Regierungsvertreter gegenüber der «Washington Post» aus. «Das ist dumm und egoistisch.» Die Abgeordneten hätten Flugzeugplätze weggenommen, die für eine Ausreise von US-Bürgern und gefährdeten Afghanen benötigt würden. Sie hätten Diplomaten und Soldaten einem erhöhten Risiko ausgesetzt, «damit sie einen Moment vor der Kamera haben können». Ein Diplomat sprach gegenüber der Zeitung von «einer der verantwortungslosesten Dinge von Abgeordneten», von der er gehört habe.
Moulton und Meijer — zwei Irak-Veteranen — waren am Dienstag nach Kabul gereist, um sich ein Bild von der Lage zu machen. «Wir haben den Besuch geheim gehalten, um das Risiko und die Auswirkungen auf die Mission zu reduzieren, und wir haben darauf bestanden, in einem Flugzeug auszufliegen, das nicht voll war», schrieb Moulton im Kurzbotschaftendienst Twitter. Sie hätten niemandem einen Platz weggenommen.
20.36 Uhr
Deutsches Gericht verpflichtet Aussenministerium zu Visavergabe an afghanische Ortskraft
Das Berliner Verwaltungsgericht hat das deutsche Auswärtige Amt in einem Eilverfahren zur Erteilung eines Visums an eine früher für die deutsche Entwicklungshilfegesellschaft GIZ tätige afghanische Ortskraft und die engere Familie des Manns verpflichtet. Zur Begründung verwiesen die Richter im Urteil auf aktuelle Aufnahmekriterien des Aussenamts und öffentliche Erklärungen des deutschen Entwicklungsminister Gerd Müller.
Angesichts der «aussergewöhnlichen Umstände» nach dem Vormarsch der radikalislamischen Taliban reiche dieses bereits aus, um das Aussenministerium in einem Eilverfahren zur Erteilung eines Visums zu verpflichten, erklärte das Gericht. Demnach hält sich der Mann mit seiner Ehefrau und drei Kindern in Kabul auf. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Es kann noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) eingelegt werden.
Das Gericht verwies zudem auf die durch die dramatische Lage in Afghanistan entstandene besondere Dringlichkeit. «Schon aus der Machtübernahme der Taliban und der hieraus erwachsenden Gefahr für Ortskräfte» ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf eine sofortige Klärung, betonten die Richter.
20.01 Uhr
Deutsche Botschaft warnt vor Schiessereien und Anschlägen in Kabul
Die deutsche Botschaft in Kabul hat vor Schiessereien und Terroranschlägen am Flughafen der afghanischen Hauptstadt gewarnt. «Es kommt sehr häufig zu gefährlichen Situationen und bewaffneten Auseinandersetzungen an den Gates. Dazu kommen aktuelle Terrorwarnungen», heisst es in einem Schreiben an deutsche Staatsbürger, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Zugang zum Flughafen sei kaum noch möglich.
Die Bundeswehr hatte bereits am Dienstag berichtet, das zunehmend potenzielle Selbstmordattentäter der Terrororganisation Islamischer Staat in Kabul unterwegs seien. Die internationale Evakuierungsaktion, die nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban eingeleitet wurde, soll am 31. August mit dem Abzug der US-Streitkräfte enden. Der letzte Bundeswehrflug könnte schon deutlich früher gehen.
19.36 Uhr
USA noch mit 5400 Soldaten in Kabul — Zukunft des Airports unklar
Das US-Militär ist derzeit noch mit rund 5400 Soldaten am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul im Einsatz. Das sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, in Washington. Zuvor waren es rund 5800 gewesen. Die USA hatten mehrere Hundert ihrer Soldaten ausgeflogen, nachdem Präsident Joe Biden entschieden hatte, vorerst an dem Plan festzuhalten, die Truppen bis 31. August, also kommenden Dienstag, komplett abzuziehen.
Nach Angaben des Pentagon handelte es sich bei den Soldaten, die nun das Land verliessen, unter anderem um Beschäftigte der Zentrale, Spezialisten für Wartungsarbeiten und andere Soldaten, deren Mission am Flughafen abgeschlossen sei.
Kirby betonte, Ziel sei es, in Kabul möglichst bis zum Schluss Evakuierungsflüge für Schutzbedürftige abzuwickeln, während zugleich schrittweise die amerikanische Truppenpräsenz reduziert werde. Es werde dabei priorisiert, welche militärischen Kräfte vorerst bleiben müssten und welche nicht mehr benötigt würden.
Auf die Frage, wer den Abflug der letzten amerikanischen Flieger - also die Maschinen mit den letzten Soldaten an Bord — absichern werde, erklärte das Pentagon lediglich vage, das US-Militär habe die Fähigkeit, die eigenen Kräfte selbst zu schützen. Konkreter äusserte sich das Ministerium aus taktischen Gründen nicht. Kirby betonte aber, sobald die US-Truppen abgezogen seien, liege die Absicherung des Flughafens nicht mehr in der Verantwortung der USA.
Das US-Militär kontrolliert derzeit den Airport in Kabul und sichert die internationale Evakuierungsmission dort ab. Die verbliebenen internationalen Kräfte am Flughafen sind bei ihren Evakuierungsaktionen auf den Schutz durch US-Truppen angewiesen.
18.57 Uhr
21 Deutsche nach Helikoptereinsatz in Sicherheit gebracht
Soldaten der deutschen Bundeswehr und der US-Streitkräfte haben bei ihrem gemeinsamen Helikoptereinsatz in der afghanischen Hauptstadt Kabul 21 Deutsche in Sicherheit gebracht. Dabei hätten die US-Soldaten ihre eigenen Helikopter geflogen und die Bundeswehrsoldaten die Aufstellung an einem Sammelpunkt organisiert, sagte Generalinspekteur Eberhard Zorn in Berlin. «Die Operation ist in der Nacht durchgeführt worden», sagte er. Nach früheren Informationen waren Spezialkräfte an dem Einsatz beteiligt.
Grösste Sorge mache inzwischen die Anschlagsgefahr bei Evakuierungen aus der Stadt. «Und zwar nicht die Anschlagsgefahr, die von den Taliban ausgeht», sagte Zorn dazu. «Die Taliban gewährleisten im Grunde die Sicherheit, und zwar die Sicherheit rings um den Flugplatz durch ihre Checkpoints, aber auch bei den jeweiligen Konvois, die durchgeführt werden.»
Die Bundeswehr hat bislang mit 34 Flügen bisher 5193 Menschen aus Kabul ausgeflogen, darunter mehr als 3600 Afghanen. Insgesamt wurden Menschen aus 45 Nationen von der Bundeswehr ausgeflogen. «Wir werden versuchen, bis wirklich zur letzten Sekunde und mit dem letzten Flieger auch zu evakuierende Personen mitzunehmen», sagte die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Einen genauen Zeitpunkt für das Ende der Luftbrücke nannte sie nicht.
18.38 Uhr
Frankreich unterzieht Afghanen dreifachem Sicherheitscheck
Frankreich unterzieht ausreisewillige Afghanen eingehenden Sicherheitschecks: Regierungssprecher Gabriel Attal sagte nach der ersten regulären Kabinettssitzung nach der Sommerpause, es gebe ein «dreifaches Sicherheitsnetz», um mögliche Gefährder nicht ins Land zu lassen. Er reagierte damit auf Warnungen der Rechtspopulistin Marine Le Pen vor möglichen Risiken durch die Flüchtlinge.
Attal sprach von bis zu 2500 Menschen, die Frankreich aus Afghanistan bisher ausgeflogen habe. Dabei gebe es «keinen Blankoscheck», betonte er. «Jeder Fall, jedes Dossier wird genau unter die Lupe genommen.» Dies geschehe an drei Stellen: In Kabul, bei der Zwischenlandung auf einem französischen Militärstützpunkt in den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie bei der Ankunft in Frankreich.
«Unsere Geheimdienste ermitteln, befragen und halten wenn nötig alle Personen fest, die als mögliche Risiken identifiziert werden», sagte der Regierungssprecher weiter. Le Pen hatte Präsident Emmanuel Macron vorgeworfen, er stelle humanitäre Aspekte über die Sicherheit der Franzosen.
Am Wochenende hatten fünf Afghanen bei ihrer Ankunft in Paris die Mitteilung erhalten, dass sie vom französischen Inlands-Geheimdienst (DGSI) überwacht werden. Einer von ihnen wurde in Polizeigewahrsam genommen und sollte wegen möglicher Verbindungen zu Taliban der Staatsanwaltschaft vorgeführt werden.
18.09 Uhr
Deutscher Botschafter: Taliban sagen Ausreisen auch nach Truppenabzug zu
Die Taliban haben nach Angaben des deutschen Afghanistan-Botschafters Markus Potzel zugesagt, auch nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen weiter Afghanen aus dem Land ausreisen zu lassen. Der Taliban-Chefunterhändler Scher Mohammed Abbas Staniksai habe zugesichert, Afghanen «mit gültigen Dokumenten» könnten das Land nach dem 31. August mit kommerziellen Flügen verlassen, schrieb der zu Verhandlungen nach Doha entsandte Botschafter im Onlinedienst Twitter.
Director Stanekzai assured me that Afghans with legal documents will continue to have the opportunity to travel on commercial flights after 31 August.
Angesichts des vollständigen US-Truppenabzugs zum 31. August könnte die Luftbrücke der Bundeswehr aus Kabul schon am Freitag aufgehoben werden, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Sicherheitskreisen in Berlin erfuhr. Viele Afghanen fürchten, das Land nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen nicht mehr verlassen zu können. Am Kabuler Flughafen warteten erneut tausende Menschen auf eine Mitfluggelegenheit.
17.50 Uhr
US-Soldaten verwehren Journalisten Zugang nach Kabul
Journalisten am Kabuler Flughafen soll nach eigenen Angaben am Mittwoch durch US-Soldaten der Zugang in die Stadt verwehrt worden sein.
Der stellvertretende Chefredakteur der deutschen Boulevardzeitung «Bild», Paul Ronzheimer, selbst vor Ort, berichtete auf Twitter: «Unter Androhung von Militärpolizei zwingt US-Militär uns und zehn weitere internationale Journalisten, Flieger nach Doha zu nehmen. Obwohl wir einen gesicherten Weg raus aus dem Airport hatten Richtung Stadt. Krasser Angriff auf die Pressefreiheit.» Im weiteren Verlauf berichtete Ronzheimer, man werde zum Flieger nach Doha eskortiert.
Wir wollten NICHT auf dem Flughafen bleiben, sondern nach Kabul, um über die Lage zu berichten. Dass man uns d untersagt (ja, natürlich gibt es ein Risiko, aber das ist Job) ist rinr massive Gängelung der Presse und passt leider in d Bild, das die Biden-Regierung hier abliefert. https://t.co/txhf3dJckW
Ähnlich berichtete auf Twitter am Mittwoch eine freischaffende Journalistin, die unter anderem regelmässig für den «Guardian» arbeitete: Sie sei Teil einer Gruppe von Journalisten, die von US-Kräften gezwungen würden, in ein Flugzeug zu steigen. Alles, was man wolle, sei in Kabul zu bleiben. Sie schrieb auch: «Wer kann helfen?»
17.45 Uhr
Chancen auf sichere Ausreise sinken für Tausende in Afghanistan
Weniger als eine Woche vor dem Ende der militärisch gesicherten Evakuierungen aus Afghanistan sinken für Tausende Menschen die Chancen auf eine sichere Ausreise. Trotz Bitten europäischer Verbündeter um eine Verlängerung des Einsatzes halten die USA am Truppenabzug bis kommenden Dienstag fest. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete die Entscheidung über den Zeitpunkt als schwieriges Dilemma. Der Bundestag stimmte dem laufenden Einsatz der Bundeswehr mit bis zu 600 Soldaten am Mittwoch zu und schuf damit nachträglich die rechtliche Grundlage für die Mission.
15.48 Uhr
Noch mehr als 200 Deutsche in Kabul
In der afghanischen Hauptstadt Kabul halten sich nach Angaben des Auswärtigen Amts noch mehr als 200 deutsche Staatsbürger auf. Die Zahl liege höher als noch am Vortag, «weil sich weiterhin Menschen bei uns melden», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin. 540 Deutsche seien bereits ausgeflogen worden. Am Dienstag hatte Aussenminister Heiko Maas (SPD) von rund 100 Deutschen vor Ort und ihren Familien gesprochen.
Es gebe eine «gewisse Unschärfe» bei den Zahlen, weil teils auch Angehörige deutsche Staatsbürger seien, sagte der Sprecher. Wie viele der Betroffenen neben der deutschen auch die afghanische Staatsbürgerschaft haben, werde nicht erfasst, weil es für die Frage, ob jemand berechtigt sei zur Teilnahme an der Evakuierungsmission, keinen Unterschied mache. Er räumte aber ein, dass es für die Bewegungsfreiheit der Betroffenen im von den Taliban kontrollierten Kabul relevant sein könne. «Das ist ein Faktor, den man berücksichtigen muss.»
15.02 Uhr
USA fliegen in 24 Stunden mehr als 11'000 Menschen aus
Bei der Evakuierungsmission am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul haben die USA zuletzt innerhalb von 24 Stunden mehr als 11'000 Menschen ausser Landes gebracht. Zwischen dem frühen Dienstagmorgen und dem frühen Mittwochmorgen hätten 42 Flugzeuge des US-Militärs rund 11'200 Menschen ausgeflogen, teilte das Weisse Haus am Mittwoch in Washington mit. Im gleichen Zeitraum hätten ausserdem 48 Maschinen internationaler Partner rund 7800 Menschen evakuiert. Insgesamt waren es innerhalb der 24-Stunden-Spanne also etwa 19'000 Menschen.
Seit dem Start der Evakuierungsmission Mitte August haben die Vereinigten Staaten insgesamt rund 82'300 Menschen entweder selbst aus Afghanistan ausgeflogen oder deren Ausreise ermöglicht, wie es weiter hiess. Nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan hatten die USA und ihre Verbündeten begonnen, in grosser Eile ihre Staatsbürger sowie afghanische Helfer und andere Schutzbedürftige ausser Landes zu bringen.
13.47 Uhr
Merkel für Verhandlungen mit Taliban
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel befürwortet mit Blick auf weitere internationale Bemühungen für Afghanistan auch Verhandlungen mit den militant-islamistischen Taliban. «Unser Ziel muss es sein, dass so viel wie möglich von dem, was wir in den letzten 20 Jahren in Afghanistan an Veränderungen erreicht haben, bewahrt wird», sagte sie am Mittwoch im Bundestag. Darüber sei auch mit den Taliban zu sprechen. «Unkonditionierte Verabredungen allerdings kann und darf es nicht geben.» Als Ziel nannte Merkel auch, nach der derzeitigen Evakuierung weiter Menschen zu schützen.
Die Kanzlerin betonte mit Blick auf die Machtübernahme der Islamisten vor gut einer Woche: «Die Taliban sind jetzt Realität in Afghanistan.» Dies sei bitter, aber man müsse sich damit auseinandersetzen. Sie hob zugleich hervor, dass Deutschland und die internationale Gemeinschaft Verbesserungen für viele individuelle Schicksale erreicht hätten – etwa bei der Versorgung mit Strom und Trinkwasser oder einer geringeren Kindersterblichkeit. Zudem sei das ursprüngliche Ziel erreicht worden, dass von Afghanistan aus seither keine internationalen Terroranschläge mehr ausgegangen seien. Das sei auch ein Verdienst der deutschen Soldaten mit ihrem Einsatz.
London will Evakuierungseinsatz bis 31. August beenden
Der britische Aussenminister Dominic Raab hat am Mittwoch bestätigt, dass der Evakuierungseinsatz aus Kabul bis zum 31. August beendet sein wird. Einen genauen Zeitplan für das Ende der britischen Evakuierungsflüge könne er nicht nennen, aber es sei «klar, dass die Truppen bis Ende des Monats abgezogen werden», sagte Raab.
Das britische Militär benötige vorab Zeit, um sein Personal und die Ausrüstung abzuziehen, aber der verbleibende Zeitraum werde maximal ausgenutzt. Seit der Machtübernahme der Taliban am 15. August hätten die britischen Truppen 9000 britische Staatsbürger und gefährdete Afghanen ausgeflogen, sagte Raab.
US-Präsident Joe Biden hatte sich zuvor dem Druck Grossbritanniens und anderer Verbündeter widersetzt und eine Verlängerung der Evakuierungsaktion über den 31. August hinaus abgelehnt. Der Flughafen von Kabul wird von fast 6000 US-Soldaten und kleineren Kontingenten anderer Staaten gesichert.
13.09 Uhr
12 von 78 Afghanistan-Rückkehrern nach Indien haben Covid-19
Mindestens 12 Personen einer Gruppe von 78 Menschen, die aus Kabul in Afghanistan evakuiert und nach Indien gebracht wurden, sind mit dem Coronavirus infiziert. Sie zeigten keine Symptome, sagte ein Mitarbeiter der Organisation India World Forum, die dem indischen Aussenministerium bei ihrer Evakuierungsmission hilft, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Die Gruppe sei am Dienstag in Indien angekommen und die Positiv-Getesteten befänden sich in Quarantäne. Indien hat seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan mehr als 600 Menschen ausgeflogen – darunter mehr als 200 indische Bürgerinnen und Bürger.
11.37 Uhr
Taliban-Vizechef: Afghanen können auch später noch ausreisen
Einem hochrangingen Taliban-Führer zufolge können Afghanen auch in der Zukunft problemlos und in Ruhe das Land verlassen. «Wenn sie für Jobs ins Ausland gehen oder ihr Leben verbessern wollten, können sie später Pässe beantragen, Visa bekommen und über legale Wege das Land verlassen», sagte der Taliban-Vizechef Mullah Jakub in einem am Dienstagabend (Ortszeit) auf offiziellen Taliban-Kanälen verbreiteten Audio-Interview. Niemand werde sie daran hindern. So chaotisch auszureisen wie derzeit sei ein Problem für alle Seiten.
Seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban spielen sich auf dem Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul dramatische Szenen ab. Tausende Menschen versuchen, mit einem Evakuierungsflug das Land zu verlassen. Vor allem frühere Regierungsbeamte, Mitglieder der Sicherheitskräfte, Menschenrechtler oder Ortskräfte und Mitarbeiter ausländischer Streitkräfte und Organisationen haben Angst vor Racheaktionen der Taliban. In dem Gedränge vor den Zugängen zum Flughafen sind mehrere Menschen getötet worden.
In Wirklichkeit wolle der absolute Grossteil der Menschen am Flughafen «für ihre Fantasien» das Land verlassen, sagte Mullah Jakub weiter. Sie seien nicht dort, um vor der Taliban-Herrschaft zu fliehen. Immerhin lebten weiter hochrangige Vertreter der bisherigen Regierung im Land. Es gelte eine Amnestie für alle. Allerdings gab es in den vergangenen Tagen glaubwürdige Berichte über Racheaktionen etwa an ehemaligen Sicherheitskräften.
10.13 Uhr
Russland schickt Flugzeuge für mehr als 500 Menschen
Russland schickt vier Militärtransportflugzeuge nach Afghanistan zur Rettung von mehr als 500 Menschen aus verschiedenen Ländern. Das teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch der Staatsagentur Tass zufolge mit. Bei der grossen Evakuierungsmission sollen neben Russen auch Bürger aus der Ukraine, aus Belarus und den zentralasiatischen Republiken Tadschikistan, Usbekistan und Kirgistan aus Afghanistan herausgeholt werden, hiess es.
Demnach liess Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Mission mit medizinischem Personal, Wasservorräten, Lebensmitteln und Decken auf Anweisung des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem Stützpunkt in Uljanowsk an der Wolga zusammenstellen. Moskau steht seit langem in Verhandlungen mit den militant-islamistischen Taliban, die in Russland als Terrororganisation verboten sind. Die russische Botschaft in Kabul wird nach früheren Angaben des Aussenministeriums in Moskau nicht evakuiert.
Bei ihrem Treffen mit Putin hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Freitag Russland zur Unterstützung dabei aufgerufen, Menschen aus Afghanistan in Sicherheit zu bringen. Der Kremlchef warnte zuletzt mehrfach davor, dass unter afghanischen Flüchtlingen auch Terroristen sein könnten, die womöglich unter dem Deckmantel politischen Asyls ins Ausland gelangen wollten. Putin sprach von einer «realen Gefahr».
9.11 Uhr
Bundeswehr-Luftbrücke könnte bereits Freitag enden
Angesichts des bevorstehenden US-Truppenabzugs aus Afghanistan könnte Medienberichten zufolge die Bundeswehr ihre Evakuierungsflüge bereits in dieser Woche beenden. Die ARD und das Portal Business Insider berichteten am Mittwoch von einem möglichen Ende schon am Freitag.
Die ARD berichtete unter Berufung auf Angaben der Bundeswehr und des Auswärtigen Amts in der usbekischen Hauptstadt Taschkent, dass die deutsche Luftbrücke nach gegenwärtiger Planung wohl am Freitag oder Samstag eingestellt werde. Laut einem Bericht von Business Insider soll die letzte Bundeswehr-Maschine am Freitag aus Kabul nach Taschkent fliegen.
Der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU), konnte dies im ZDF-«Morgenmagazin» nicht bestätigen. Klar sei aber, dass bei einem Abzug der USA am 31. August deren Partner zwei bis drei Tage vorher aus Afghanistan heraus müssten. Deshalb sei es ganz wichtig, dass afghanische Ortskräfte auch danach ausreisen könnten. Es gehe deshalb darum, mit den radikalislamischen Taliban zu verhandeln.
8.16 Uhr
Weiter Menschenmassen am Flughafen Kabul
Rund um den Flughafen Kabul harren weiter Tausende Menschen aus, in der Hoffnung auf einen Evakuierungsflug ins Ausland. So zeigen am Mittwoch in sozialen Medien geteilte Videos Hunderte Afghanen, die teils bis zu den Hüften in einem Wassergraben vor einer Wand zum Flughafengelände stehen und warten. Ein Mann, der den Wassergraben hochgeklettert ist, wird von zwei Soldaten zurückgedrängt.
Aufgrund der weiter desaströsen Lage rund um die Eingänge zum Flughafen haben Länder begonnen, ihre zu Evakuierenden anderweitig in den Flughafen zu bringen. Zwei Personen, die auf einer US-Liste zur Evakuierung standen, sagten, sie seien zu einem Ort in der Stadt gerufen worden und von dort mit in einem gepanzerten Konvoi in den Flughafen gebracht worden.
7.47 Uhr
Afghanistan bekam 10'000 Bundeswehr-Pistolen
Die Bundeswehr hat die afghanischen Sicherheitskräfte während ihres 20-jährigen Einsatzes mit 10'000 Pistolen ausgerüstet. Daneben sei seit 2002 nur Sanitätsmaterial und Bekleidung an die Armee und die Polizei abgegeben worden, teilte das Verteidigungsministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Die Pistolen vom Typ Walther P1 seien bereits 2006 kostenlos zur Verfügung gestellt worden.
Was daraus nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban geworden ist, ist dem Ministerium nicht bekannt. «Es liegen dem BmVg (Verteidigungsministerium) keine Erkenntnisse darüber vor, ob diese Güter in die Hände der Taliban gelangt sind», erklärte eine Sprecherin.
Die afghanischen Streitkräfte hatten sich vielerorts kampflos den Taliban ergeben. Ausgerüstet worden sind sie in den 20 Jahren des internationalen Militäreinsatzes vor allem von den USA. Alleine zwischen 2013 und 2016 statteten die Vereinigten Staaten Armee und Polizei mit fast 600'000 Schusswaffen, 76'000 Fahrzeugen und mehr als 200 Flugzeugen aus, wie das «Wall Street Journal» vergangene Woche unter Berufung auf einen US-Regierungsbericht berichtete.
6 Uhr
Evakuierungseinsatz des US-Militärs in einer Woche vorbei
Das Zeitfenster für die vom Militär gesicherten Evakuierungen aus Afghanistan schliesst sich schnell: Präsident Joe Biden will vorerst am Abzug der US-Truppen bis kommenden Dienstag festhalten, obwohl noch viele Tausend Afghanen auf eine Ausreise hoffen. Am Dienstag sagte Biden im Weissen Haus: «Je früher wir es abschliessen, desto besser.» Auch Bitten europäischer Verbündeter, noch länger Evakuierungen am Flughafen Kabul zu ermöglichen, stimmten Biden nicht um. Nach einer Videoschalte der G7-Staats- und Regierungschefs erklärte der US-Präsident zumindest, er habe das Aussen- und Verteidigungsministerium angewiesen, Alternativpläne zu erarbeiten, «um den Zeitplan anzupassen, falls das nötig sein sollte».
Das Zeitfenster für die Evakuierungen dürfte sich allerdings noch weiter verkürzen, da die Amerikaner selbst noch ihre Soldaten und Ausrüstung ausser Landes schaffen müssen. Das werde «mindestens mehrere Tage» dauern, wie der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby, erklärte. US-Medien berichteten, notfalls könne das Militär Teile seiner Ausrüstung auch beim Abschluss des Einsatzes sprengen, um den Taliban nichts zu hinterlassen.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird heute (12:00 Uhr) im Bundestag eine Regierungserklärung zum Debakel beim Abzug der Bundeswehr und der westlichen Verbündeten aus Afghanistan abgeben. Es wird erwartet, dass sich in der anschliessenden Aussprache auch der politisch unter Beschuss stehende Aussenminister Heiko Maas äussert. Regierungsvertreter haben eingeräumt, dass es bei der Einschätzung des Tempos, in dem die militant-islamistischen Taliban auch die afghanische Hauptstadt Kabul eingenommen haben, gravierende Fehler gegeben hat. Vertreter der Opposition erhoben wegen der Fehleinschätzungen schwere Vorwürfe gegen die Regierung.
5.22 Uhr
Zwei afghanische Para-Athleten an sicheren Ort gebracht
Zwei afghanische Para-Athleten sind nach Angaben des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) aus ihrer Heimat an einen sicheren Ort gebracht worden. Die beiden Athleten würden psychologisch betreut. Ob sie möglicherweise doch noch zu den Paralympics nach Tokio nachreisen werden, ist nicht bekannt.
Am Tag vor Beginn der Spiele hatte das IPC bekannt gegeben, dass wegen der Machtübernahme der Taliban keine afghanischen Athleten in Japan am Start sein werden. Die Flagge Afghanistans wurde bei der Eröffnungsfeier am Dienstag «als Zeichen der Solidarität» von einem Volunteer ins Stadion getragen.
3.09 Uhr
Hunderte US-Soldaten vom Flughafen Kabul abgezogen
Das US-Militär hat seine Truppenpräsenz am Flughafen Kabul nach eigenen Angaben um «mehrere Hundert» Soldatinnen und Soldaten reduziert. Dies sei bei einem laufenden Einsatz Teil der normalen Entscheidungsgewalt des örtlichen Kommandeurs, erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby. Es handle sich dabei unter anderem um Beschäftigte der Zentrale, Spezialisten für Wartungsarbeiten und andere Soldaten, deren Mission am Flughafen abgeschlossen sei, erklärte er am Dienstag (Ortszeit). Das US-Militär hatte dort zuletzt rund 5800 Soldaten im Einsatz.
Kirby betonte, der routinemässige Abzug einiger Truppen stelle nicht den Beginn des Abzugs aller Soldaten aus Afghanistan dar. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht befohlen worden, erklärte er.
US-Präsident Joe Biden hält vorerst an dem Plan fest, die Truppen bis 31. August, also kommenden Dienstag, abzuziehen. Er hat das Pentagon und das Aussenministerium aber auch darum gebeten, Alternativpläne vorzuschlagen, falls diese nötig werden sollten.
2.30 Uhr
Biden: Wachsende Anschlagsgefahr am Flughafen Kabul
US-Präsident Joe Biden hat vor einer wachsenden Terrorgefahr am Flughafen in Kabul gewarnt. Jeder Tag, den man wegen der Evakuierungen länger vor Ort bleibe, sei ein weiterer Tag, an dem ein örtlicher Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat versuche, den Flughafen anzugreifen, sagte Biden. Es gebe die «akute und wachsende Gefahr eines Anschlags», sagte er am Dienstag in Washington (Ortszeit) nach einer Videoschalte der G7-Staats- und Regierungschefs zur Lage in Afghanistan. Die USA halten daher vorerst an ihrem Plan fest, ihre Truppen bis zum 31. August aus Afghanistan abzuziehen. «Je früher wir es abschliessen, desto besser», sagte Biden.
Nach Angaben des US-Präsidenten bestand bei den G7-Beratungen am Dienstag Einigkeit darüber, dass die Anerkennung einer künftigen Regierung in Afghanistan von zahlreichen Bedingungen abhängen würde. «Wir sind uns einig, dass niemand von uns die Taliban beim Wort nehmen wird. Wir werden sie nach ihren Taten beurteilen, und wir werden uns eng über alle Schritte abstimmen», sagte Biden. Entscheidend sei etwa, ob die Taliban internationalen Verpflichtungen nachkämen und verhinderten, dass Afghanistan erneut als «Basis für Terrorismus» genutzt werden könne.
Mit Blick auf den Ableger des Islamischen Staats (IS) sagte Biden, die Terrorgruppe sei auch ein erklärter Feind der Taliban. Mit einem Anschlag auf den Flughafen könnte der IS-Ableger die Glaubwürdigkeit der Taliban als neue Machthaber erschüttern und auch ausländische Truppen treffen, die der Gruppe verhasst sind, so die Logik. Die Taliban kontrollieren das Gebiet rund um den Flughafen.
Die militanten Islamisten haben Mitte August die Macht in Afghanistan an sich gerissen. Biden ordnete daher eine Verstärkung der US-Truppen am Flughafen Kabul an, um eine Evakuierung westlicher Staatsbürger, afghanischer Ortskräfte und anderer Schutzbedürftiger zu ermöglichen. Derzeit sind dort mehr als 5000 US-Soldaten im Einsatz.
2.25 Uhr
Fast 71'000 Personen aus Afghanistan ausgeflogen
Laut US-Präsident Joe Biden sind von der US-Luftwaffe und den Verbündeten seit dem 14. August insgesamt 70’700 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen worden. Angesichts des Fortschritts bei den Evakuierungen solle am Abzug bis Ende August, also bis spätestens kommenden Dienstag, festgehalten werden, sagte er am Dienstag in Washington (Ortszeit) nach einer Videoschalte der G7-Staats- und Regierungschefs zur Lage in Afghanistan. Biden fügte aber hinzu, er habe das Aussen- und Verteidigungsministerium angewiesen, Alternativpläne zu erarbeiten, um den Zeitplan des Abzugs anzupassen, falls das nötig sein sollte. Die Fortführung des Einsatzes hänge auch von der Kooperation der Taliban ab.
1.30 Uhr
«Schreckliche hygienische Zustände in Katar»
Die USA haben nach Berichten über schlechte hygienische Zustände auf dem Militärflugplatz nahe der katarischen Hauptstadt Doha eine schnelle Besserung versprochen. Der Flugplatz ist ein wichtiges Drehkreuz für die Evakuierungsflüge aus Afghanistan. «Wir sind uns dessen bewusst und arbeiten schnell daran, die Situation zu verbessern, und wir wollen natürlich, dass die Menschen, die evakuiert werden, mit Respekt behandelt werden», sagte die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki, am Dienstag (Ortszeit). Zuvor hatte etwa das Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf eine E-Mail eines US-Beamten von Ratten, Urin und Fäkalien berichtet.
Selbst wenn Afghanen ein Sondervisum für die USA haben, kommen sie nicht direkt in das Land. Militärflüge bringen sie zunächst auf US-Stützpunkte oder in andere Transitzentren in Drittstaaten – wie etwa nach Katar. Von diesen Zwischenstationen sollen die Menschen nach einer Sicherheitsprüfung in die USA gebracht werden. Axios zufolge sind auf dem Stützpunkt in Katar Tausende Afghanen vorläufig untergebracht. Nach dem Bericht ist die Situation dort «die Hölle auf Herden». Psaki betonte, dass der Bericht des Portals sich auf die Lage vor einigen Tagen beziehe.
Man sei sich der «schrecklichen hygienischen Zustände in Katar» bewusst, die dort geherrscht hätten, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby. Man habe bereits daran gearbeitet, sie zu verbessern. «Ich werde mich hier nicht hinstellen und sagen, dass sie perfekt sind, denn das sind sie nicht, weil die Evakuierten weiterhin nach Katar strömen, und im Moment eine Menge vor Ort sind», so Kirby weiter. Niemand suche nach Ausreden. «Wir erkennen an, dass die sanitären Verhältnisse und die Hygiene in vielerlei Hinsicht noch nicht das Niveau erreicht haben, das wir uns wünschen.»
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Weltbank friert Zahlungen für Projekte in Afghanistan ein
Nach der Machtübernahme der Taliban friert die Weltbank neue Auszahlungen für ihre Hilfs- und Entwicklungsprojekte in Afghanistan vorerst ein. «Wir sind tief besorgt angesichts der Lage in Afghanistan und der Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung des Landes, insbesondere für Frauen», erklärte ein Sprecher der Weltbank am Dienstag (Ortszeit). Das weitere Vorgehen werde mit der internationalen Gemeinschaft und Partnern der Entwicklungszusammenarbeit abgestimmt werden. Es gehe darum, Wege zu finden, wie die in Afghanistan mit harter Arbeit erzielten Fortschritte bewahrt werden könnten und wie man die Menschen dort weiter unterstützen könne, erklärte der Sprecher der internationalen Organisation weiter.
Die Weltbank war für Afghanistan – eines der ärmsten Länder der Welt – bislang ein wichtiger Geldgeber für Entwicklungsprojekte. Sie unterstützte Afghanistan von 2002 bis April dieses Jahres nach eigenen Angaben mit Hilfen von fast fünf Milliarden US-Dollar. Im Februar gab es demnach zwölf Projekte in Afghanistan mit einem Volumen von rund 940 Millionen Dollar, hinzu kamen weitere Vorhaben in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Fonds für den Wiederaufbau.
Der ebenfalls in Washington ansässige Internationale Währungsfonds (IWF) hatte bereits vergangene Woche angekündigt, die Zusammenarbeit mit Afghanistan bis auf Weiteres zu pausieren. Die Taliban haben Mitte August die Macht in Afghanistan übernommen, werden bislang aber noch nicht international als neue Regierung anerkannt.