Notlage im Mittelmeer Blockiertes Rettungsschiff: Kein Hafen für die «Sea-Watch 3»

dpa

26.6.2019

Die «Sea-Watch 3» wartet vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen zu fahren.
Die «Sea-Watch 3» wartet vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen zu fahren.
Bild: Keystone

Zwei Wochen schon sitzen Migranten auf einem Rettungsschiff im Mittelmeer fest. Alle Appelle, das Schiff in Italien anlegen zu lassen, haben seither nichts gebracht. Und auch vor Gericht müssen die Seenotretter eine Niederlage einstecken.

Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat im Ringen um ihr blockiertes Rettungsschiff einen weiteren Rückschlag erlitten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kam einem Eilantrag der Seenotretter und Geretteten, in Italien anlegen zu dürfen, am Dienstag nicht nach. Die italienischen Behörden müssten Migranten, die wegen ihres Alters oder Gesundheitszustandes besonderen Schutz brauchten, aber weiterhin Unterstützung zukommen lassen, so der Gerichtshof.

Sea-Watch hatte am 12. Juni insgesamt 53 Menschen vor Libyen an Bord genommen. Seitdem wartet die Organisation vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen zu fahren. Das Schiff «Sea-Watch 3» befindet sich unweit der sizilianischen Insel Lampedusa und darf auch nicht in italienische Hoheitsgewässer fahren. Wird das Verbot missachtet, drohen hohe Geldstrafen, Ermittlungen und eine erneute Beschlagnahmung des Schiffs.

Kapitänin ist verzweifelt

Die deutsche Kapitänin sagte, sie würde prinzipiell trotz des Verbots der italienischen Regierung in die Hoheitsgewässer des Landes fahren. «Ich fahre in italienische Gewässer und ich bringe sie (die Migranten) in Sicherheit auf Lampedusa», sagte Carola Rackete, die aus Kiel kommt, der Zeitung «La Repubblica» (Dienstag). Sie sei für die Geretteten verantwortlich «und die halten es nicht mehr aus. Ihr Leben kommt vor jedem politischen Spiel». Sea-Watch machte aber auch klar, dass bislang nicht geplant sei, das Verbot zu missachten.

Bislang konnten elf Migranten unter anderem wegen ihres Gesundheitszustandes das Schiff verlassen. Darauf verwies das Menschenrechtsgericht in der Begründung der Entscheidung: An Bord gebe es derzeit keine Menschen mehr, die auf dem Schiff gefährdet seien. Deswegen gebe es derzeit keinen Grund für die Anwendung der Massnahmen.

Kapitänin Rackete und rund 40 Migranten an Bord hatten nach EGMR-Angaben Anträge auf eine sogenannte einstweilige Massnahme gestellt, in Italien an Land gehen zu dürfen. Nach diesem Verfahren kann der Gerichtshof in Fällen drohender Menschenrechtsverletzungen einschreiten und Staaten anweisen, Abhilfe zu schaffen.

Salvini sieht sich bestätigt

Die Entscheidung des EGMR zeige, «dass niemand Verantwortung übernehmen will», sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Das sei aber zwingend notwendig: Die Situation könne nicht ewig andauern. Die Lage auf dem Schiff spitze sich immer weiter zu.

Seit Antritt der populistischen Regierung in Rom vor einem Jahr wurden immer wieder Schiffe von Hilfsorganisationen im Mittelmeer blockiert, auch für die «Sea-Watch 3» ist es nun nicht das erste Mal. Einem ähnlich lautenden Eilantrag von Sea-Watch hatte der EGMR Ende Januar ebenfalls nicht stattgegeben. Die damals 47 Migranten durften erst in Italien an Land, nachdem sich mehrere EU-Staaten auf ihre Verteilung geeinigt hatten.

Italiens Innenminister Matteo Salvini sieht sich durch die neuerliche Entscheidung in seinem Kurs bestätigt. «Geschlossene Häfen für Menschenschlepper und ihre Komplizen», erklärte er. In dieser Hinsicht gebe es kein Zurück.

Bilder des Tages
Zurück zur Startseite