Drittes Nein zu Mays Vertrag Nach dem dritten Nein droht der harte Brexit

SDA

29.3.2019

Das britische Parlament lehnt den von Premierministerin Theresa May ausgehandelten Brexit-Vertrag zum dritten Mal ab. Das Szenario eines Austritts ohne Vertrag wird damit wahrscheinlicher.

Nun droht dem Land entweder ein Austritt ohne Abkommen am 12. April oder eine lange Verschiebung des Brexit mit einer Teilnahme an den Europawahlen Ende Mai. EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte kurz nach Bekanntgabe des Resultates via Kurznachrichtendienst Twitter einen EU-Sondergipfel am 10. April an.

Am Montag soll nun das britische Parlament eine zweite Runde an Testabstimmungen über Alternativen zu dem Abkommen abhalten. Bei der ersten Runde hatten sich die Parlamentarier noch nicht auf eine Option einigen können – alle acht zur Abstimmung stehenden Vorschläge wurden abgelehnt.

Völlig zerstritten

Die meisten Ja-Stimmen entfielen jedoch auf ein zweites Referendum über den EU-Austritt und auf den Vorschlag, nach dem Ausscheiden in einer Zollunion mit der EU zu bleiben.

Die Regierungschefin hatte bereits ihren Rücktritt angeboten, sollte das Abkommen im Parlament in London doch noch eine Mehrheit finden. Ursprünglich wollte sich Grossbritannien am 29. März von der Europäischen Union trennen. Doch dieser Termin war nicht mehr einzuhalten. Das Parlament ist im Brexit-Kurs völlig zerstritten. Erst am Mittwoch hatte das Unterhaus acht Alternativvorschläge zum Abkommen abgelehnt.

Ein Brexit-Anhänger demonstriert vor dem Parlament in Westminster. Foto: Victoria Jones/PA Wire
Ein Brexit-Anhänger demonstriert vor dem Parlament in Westminster. Foto: Victoria Jones/PA Wire
Source: Victoria Jones

«Brexit im Blindflug»

Die nordirische Partei DUP, auf deren zehn Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, wollte nicht für den Vertrag stimmen. Auch die grösste Oppositionspartei Labour lehnt ihn ab: Sie bezeichnete das Vorgehen der Regierung als «Brexit im Blindflug».

Parlamentspräsident John Bercow hat das von der Regierung geplante Votum zugelassen. Foto: House Of Commons/PA Wire
Parlamentspräsident John Bercow hat das von der Regierung geplante Votum zugelassen. Foto: House Of Commons/PA Wire
Source: House Of Commons

Erwartet wird zwar, dass einige Brexit-Hardliner angesichts des Zeitdrucks Mays Deal doch noch in letzter Minute stützen – ob das allerdings reichen wird, ist äusserst fraglich. Unterstützung bekam die Regierungschefin ausgerechnet von ihrem Widersacher Boris Johnson, dem Ambitionen auf ihr Amt nachgesagt werden.

Handelsminister warnt vor Gefahr

Der frühere Aussenminister deutete seine Unterstützung für den Vertrag an. «Es ist sehr schmerzhaft, für diesen Deal zu stimmen», schrieb Johnson im Kurznachrichtendienst Twitter. Er setze aber nun darauf, dass man zusammenarbeite, um die Mängel daran zu beheben und den Brexit umzusetzen, für den die Briten gestimmt hätten.

Handelsminister Liam Fox warnte in einem BBC-Interview davor, dass die Wähler sich betrogen fühlen könnten, wenn der Vertrag durchfalle. Fox sieht sogar die «politischen Strukturen» des Landes in Gefahr.

Auch EU-Unterhändler Michel Barnier unterstrich die Bedeutung der Abstimmung: «Wichtiger Tag heute im Unterhaus», schrieb Barnier am Freitag auf Twitter. Werde der Austrittsvertrag gebilligt, sichere dies Grossbritannien eine Verschiebung des EU-Austritts bis zum 22. Mai. Ende dieser Sitzungswoche läuft eine von der EU gesetzte Frist ab, bis zu der in London zumindest der Brexit-Vertrag gebilligt sein muss.

Trick sorgt für dritte Abstimmung

Das Unterhaus hatte den Deal, den May mit der EU ausgehandelt hatte, als Ganzes zuvor bereits zweimal abgelehnt. Eine dritte Abstimmung hatte Parlamentspräsident John Bercow kürzlich verhindert. Er berief sich auf eine 415 Jahre alte Regel, wonach ein und dieselbe Vorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden kann.

Um die dritte Abstimmung nun zu ermöglichen, wandte May einen Trick an: Das Vertragspaket zum EU-Austritt wurde in zwei Teile zerlegt. Die Abgeordneten werden am Nachmittag nur über den Vertrag zum Austritt, nicht aber über die Politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen abstimmen. Bercow hatte dieses Vorgehen akzeptiert.

Der Brexit-Vertrag regelt nur den Austritt Grossbritanniens aus der EU. Er ist ein internationales Abkommen. Die künftigen Beziehungen sollen dagegen rechtsverbindlich erst nach dem Brexit-Tag festgeschrieben werden, in der etwa zweijährigen Übergangsphase. Die Politische Erklärung ist ein Leitfaden dafür.

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