Internationale Beziehungen China – Diplomatie im Grenzbereich

Von Philipp Dahm

23.7.2020

Auf Konfrontation: Chinas Präsident Xi Jinping und Donald Trump im Mar-a-Lagoo in Palm Beach, Florida, am 7. April 2017.
Auf Konfrontation: Chinas Präsident Xi Jinping und Donald Trump im Mar-a-Lagoo in Palm Beach, Florida, am 7. April 2017.
AP

Pekings Diplomaten in Houston erhalten angeblich Morddrohungen, im Pazifik geraten australische und chinesische Marine aneinander und auch die Himalaya-Grenze kommt nicht zur Ruhe: China hat international Stress.

Einerseits sieht sich Peking verstärkt Konfrontationen mit den USA ausgesetzt: Wegen Chinas Uiguren-Politik, wegen des Streits um Hongkonger Sicherheitsgesetze und neuerliche Waffenverkäufe Washingtons an Taiwan sind die beiden Supermächte zuletzt diplomatisch heftig aneinandergeraten.

Das sind jedoch nicht die einzigen Fronten, an denen das Reich der Mitte gerade aussenpolitische Scharmützel austrägt. Eine Übersicht.

USA: Unklare Botschaft

Was hat Washington dazu veranlasst, die chinesische Botschaft in Houston zu schliessen? Anfangs hiess es nur, von dem Konsulat seien «massive, illegale Spionageoperationen und Einflussnahmen» ausgegangen. Später legte David Stillwell in der «New York Times» nach, der im Aussenministerium für Ostasien und den Pazifikraum zuständig ist.

Er wirft den Diplomaten «subversives Verhalten» vor: Mehrere Untersuchungen der Bundespolizei FBI hätten eine Verbindung der Botschaft zu Fällen von wirtschaftlichem, wissenschaftlichem und militärischem Geheimnisdiebstahl belegt. Insbesondere chinesische Forscher in den USA sollen gedrängt worden sein, enger mit Peking zusammenzuarbeiten. Im Fokus hätten unter anderem Firmen gestanden, die an SARS-CoV-2-Impfstoffen forschen, aber auch die Ölindustrie und der Energiesektor.

Beobachter haben trotz der Spionagevorwürfe Mühe, den Vorgang einzuordnen. «Zu diesem Zeitpunkt sind die Beweggründe der US-Regierung bei dieser Aktion unklar», räumt Aaron Friedberg von der Princeton University gegenüber dem US-Portal «Vox» ein. Und genau das beunruhige den China-Experten, denn «das Schliessen einer fremden Botschaft ist ein ernster Schritt.»

Doch Donald Trump zeigt sich weiter angriffslustig gegenüber China: «Es ist immer möglich», dass die USA weitere Vertretungen schliessen würden. Konsulate unterhält das Land in Washington, New York, Los Angeles, San Francisco und Chicago. 60 Angestellte und ihre Familien müssen Houston bis Freitag verlassen. Eine Sprecherin des Aussenministeriums twitterte, die Diplomaten erhielten in den USA Morddrohungen. Es wird erwartet, dass Peking im Gegenzug eine der fünf US-Botschaften in China schliessen wird.

Indien: Widersprüchliche Lage am Himalaya, Ärger in Bhutan

Nachdem Indien und China im Himalaya aneinandergeraten sind und Dutzende Soldaten getötet wurden, ohne dass ein Schuss fiel, haben sich die Konfliktparteien auf einen Rückzug ihrer Truppen einigen können. Nur vereinzelt habe es laut «Economic Times» an kleineren Grenzabschnitten noch Unregelmässigkeiten.

Doch nun berichtet die indische Newswebsite «ndtv», Peking halte sich in der Region Ladakh doch nicht an gegebene Versprechen. «Die Chinesen senden keine Zeichen der Deeskalation, sondern behalten die Stationierung von fast 40'000 Soldaten bei, die von schweren Waffen wie Flugabwehr, Schützenpanzern und Artillerie unterstützt werden.» Der US-Geheimdienst NSA habe aber betont, dass sich auch die indische Seite von der Grenze im Himalaya zurückziehen müsse.

Zum ersten Mal seit einer Konferenz Anfang Juni hat China auch wieder Ansprüche geltend gemacht, die «umstrittene Gebiete» an der Grenze zu Bhutan betreffen, das mit Indien zusammenarbeitet. «The Hindu» nannte den Vorgang «bizarr» und warnt: «Neu Delhi und [Bhutan] müssen auf Kurs einer engen Kooperation bleiben.»

Südchinesisches Meer: Australien auf Tuchfühlung mit China 

Auch auf dem Meer richtet sich Indien gegen China und hat gerade ein Manöver mit der Trägergruppe der USS Nimitz abgehalten – siehe obiger Tweet. Vor Hawaii sammeln sich nun Einheiten aus Japan, den USA und Australien zu Übungszwecken zusammen: Die Führung übernimmt der brandneue Flugzeugträger USS Ronald Reagan. 

Die militärische Geste ist klar gegen Peking gerichtet. US-Verteidigungsminister Mark Esper warf China vor, in der Coronakrise im Südchinesischen Meer Tatsachen schaffen zu wollen. «Wir wollen abschrecken», sagte er laut australischem Sender «ABC». Heute wurde bekannt, dass australische Kriegsschiffe auf dem Weg nach Hawaii nahe der umstrittenen Spratly-Inseln mit Chinas Marine aneinandergeraten sind.

Schiffe der US Navy, aus Japan und Australien, fahren durch das Philippinische Meer Richtung Hawaii.
Schiffe der US Navy, aus Japan und Australien, fahren durch das Philippinische Meer Richtung Hawaii.
Bild: Royal Australian Navy

Japan: Katz-und-Maus-Spiele im Insel-Luftraum

Zwischen Japan und China eskaliert der Streit um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer, die von Tokio aus verwaltet werden und in Peking Diaoyu-Inseln heissen. Chinesische Boote auch von der Küstenwache hätten zuletzt permanent Präsenz in dem Gebiet gezeigt, weiss «The Diplomat»: Auch in der Luft trete die Volksbefreiungsarmee offensiver auf.

Weil dazu neu eine Basis genutzt wird, die näher an den Senkaku-Inseln liegt, hat Japans Luftwaffe nicht mehr genug Zeit, um den Gegner abzufangen. Deshalb würden nun bei jedem Start vom Flughafen Fujian vier statt wie bisher zwei Jagdflugzeuge aufsteigen, um etwaige Eindringlinge abzudrängen.

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