PolitikChina ratifiziert UN-Konventionen gegen Zwangsarbeit – aber Skepsis
SDA
21.4.2022 - 13:47
Nach langem Zögern hat Chinas Parlament zwei Konventionen der internationalen Arbeitsorganisation ILO gegen Zwangsarbeit ratifiziert. Der ständige Ausschuss des Volkskongresses stimmte in Peking für die Annahme der Übereinkommen über Zwangs- und Pflichtarbeit von 1930 und deren Abschaffung von 1957, wie das Parlament berichtete. Die ILO begrüsste den Schritt am Donnerstag, doch waren Kritiker skeptisch, ob die Abkommen auch umgesetzt werden.
21.04.2022, 13:47
SDA
China ist zwar Mitglied in der UN-Organisation, hatte die beiden Konventionen bisher aber nicht ratifiziert. Seit Jahren muss sich das Land zunehmend gegen Vorwürfe wegen Zwangsarbeit von Angehörigen der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang in Nordwestchina wehren. Im Februar hatte allerdings auch die UN-Arbeitsorganisation ihre «tiefe Sorge» über die Beschuldigungen geäussert.
Die Ratifizierung war ein strittiges Thema bei den Verhandlungen über das Investitionsabkommen zwischen China und der Europäischen Union, weil sich Peking darin nur vage zu Anstrengungen für eine Annahme verpflichten wollte. Seit der Verhängung von chinesischen Sanktionen im März 2021 gegen Abgeordnete und Organe der EU im Streit um das Vorgehen gegen die Uiguren liegt das Abkommen aber ohnehin auf Eis.
Die Arbeitsorganisation begrüsste die Annahme durch China. Der Schritt «spiegelt seine Verpflichtung wider, jede Arbeiterin und jeden Arbeiter zu schützen, der in zwangsweiser Arbeitspraxis gefangen ist», sagte ILO-Generaldirektor Guy Ryder. Seine Organisation sei bereit, mit Peking an der «vollen Umsetzung» zu arbeiten. Pekings Aussenamtssprecher Wang Wenbin betonte, China schenke den Rechten von Arbeiter grosse Aufmerksamkeit und lehne Zwangsarbeit ab.
Kritiker erwarten aber keine Wende und sahen eher eine symbolische Geste. Auch wurde hervorgehoben, dass es auf die Implementierung ankomme und Peking ohnehin die Existenz von Zwangsarbeit im Land bestreite. China habe auch UN-Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ohne grundlegende Bürgerrechte zu gewähren. Der exiluigurische Weltkongress der Uiguren meinte: «Das wird wahrscheinlich nichts an der Lage vor Ort ändern.»
Das Abkommen von 1957 verpflichtet dazu, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu beseitigen und in keiner Form «als Mittel politischen Zwanges oder politischer Erziehung» zu verwenden – auch nicht «als Strafe gegenüber Personen, die gewisse politische Ansichten haben oder äussern oder die ihre ideologische Gegnerschaft gegen die bestehende politische, soziale oder wirtschaftliche Ordnung bekunden». Zwangsarbeit dürfe auch nicht «als Massnahme rassischer, sozialer, nationaler oder religiöser Diskriminierung» dienen.
Die Ratifizierung erfolgte vor dem nächsten Monat erwarteten Besuch der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet in China. Die Visite wurde erst nach langem Tauziehen über die Frage möglich, wie frei sich Bachelet dabei in Xinjiang bewegen kann. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen wurden in den vergangenen Jahren in der Nordwestregion Hunderttausende Uiguren und andere Angehörige von Minderheiten in Umerziehungslager gesteckt.
In einem ILO-Bericht vom Februar verwies die UN-Arbeitsorganisation auf Vorwürfe der Internationalen Vereinigung der Gewerkschaften (ITUC) gegen China, «weit verbreitete und systematische Programme zu verfolgen, die mit einem umfangreichen Einsatz von Zwangsarbeit von Uiguren und anderen turkstämmigen oder muslimischen Minderheiten für landwirtschaftliche und industrielle Aktivitäten in der ganzen Autonomen Region Xinjiang verbunden sind». Genannt werden auch Gefangenenarbeit vor allem in der Baumwoll-Ernte und der Herstellung von Textilien, Kleidern und Schuhwerk in Xinjiang.
In der Nordwestregion gibt es schon lange Spannungen zwischen den herrschenden Han-Chinesen und ethnischen Minderheiten. Seit blutigen Unruhen 2009 und Terroranschlägen greifen die Sicherheitskräfte hart durch. Uiguren beklagen kulturelle und religiöse Unterdrückung, während Peking uigurischen Gruppen Extremismus und Separatismus vorwirft. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten die Kommunisten das frühere Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt.
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