Risikofreudig trotz PandemieDarum kündigen in den USA und Grossbritannien viele ihren Job
lpe
30.12.2021
In den USA und Grossbritannien kündigen Menschen massenhaft ihren Job – trotz Pandemie. In Festland-Europa ist das Phänomen hingegen nicht spürbar. Dafür gibt es mehrere Gründe.
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30.12.2021, 14:22
30.12.2021, 14:24
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Die Pandemie bringt Unsicherheit, stellt Pläne auf den Kopf: Und trotzdem haben in diesem Jahr in einigen Industriestaaten eine rekordhohe Zahl an Menschen ihren Job gekündigt. Freiwillig. Laut NZZ ist das Phänomen vor allem in den USA und in Grossbritannien ausgeprägt.
Während in den USA im ersten Pandemiejahr die Kündigungen noch steil sanken, stiegen sie besonders in der zweiten Hälfte dieses Jahres stark an, auf rund drei Prozent. In Grossbritannien erreichte die Zahl der freiwilligen Stellenwechsel einen Höchststand seit 20 Jahren.
Das mag erstaunen: Normalerweise dämpfen Krisenzeiten die Risikofreudigkeit und den Wunsch nach Selbstverwirklichung von Arbeitnehmer*innen.
Eine Sinneskrise ist nicht die einzige mögliche Ursache
Doch worauf ist diese Kündigungswelle zurückzuführen? Einige Menschen werden wohl durch die Pandemie ihre Tätigkeit und den Sinn dahinter hinterfragt haben, doch auch profanere Gründe könnten zum Jobwechsel geführt haben.
Da ist einerseits die tiefe Kündigungsrate im Jahr 2020, diese führte laut NZZ wohl zu einem Nachholeffekt: Menschen, die schon 2020 über eine Kündigung nachgedacht haben, haben diese erst 2021 durchgezogen.
Eine Rolle könnten auch die finanziellen Zuschüsse spielen, die in Amerika an die Bevölkerung ausbezahlt wurden und so ein finanzielles Polster ermöglicht haben.
Mehr Kündigungen, wenn ein höherer Lohn lockt
Zwar sprechen die genannten Gründe dafür, dass es sich bei den hohen Kündigungsraten nur um ein temporäres Phänomen handelt. Doch die Entwicklung sorgt bei den Zentralbanken trotzdem für Verunsicherung.
Die Quote freiwilliger Kündigungen gilt als zuverlässiger Indikator für Lohnsteigerungen in der Zukunft – und damit für Inflation. Denn Menschen kündigen meist erst, wenn sie sich sicher sind, bei der Jobsuche von einem ausgetrockneten Markt und damit einer Lohnerhöhung zu profitieren. Während der Pandemie war diese Situation durch das Hochfahren der Wirtschaft nach dem Lockdown gegeben.
Doch nicht alle Industriestaaten sind von diesem Phänomen betroffen. Die «Great Resignation» ist laut NZZ nur im angelsächsischen Raum zu spüren. Sie führt diesen Unterschied auf die unterschiedliche Arbeitsmarktpolitik zurück: Während in Kontinentaleuropa mit Kurzarbeit versucht wird, Arbeitsbeziehungen zu schützen, fliessen in den USA die Unterstützungsgelder direkt an die Bürger. Das kann zu mehr beruflichen Neuorientierungen führen und die Arbeitslosigkeit verstärken.