Nordkorea Das Volk hungert – und Kim sagt, es soll weniger Limo trinken

Von Sven Hauberg

13.8.2021

Diktator Kim Jong-un liess sich Ende Juli auf einem Veteranentreffen feiern.
Diktator Kim Jong-un liess sich Ende Juli auf einem Veteranentreffen feiern.
Bild: Keystone

Marie Antoinette lässt grüssen: Das nordkoreanische Regime hat sich mit einer zynischen Botschaft an das hungernde Volk gewandt.

Von Sven Hauberg

13.8.2021

Schwer zu sagen, ob der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un weiss, wer Marie Antoinette war. Vielleicht hat er ja während seiner Zeit als Schüler in der Schweiz von der guillotinierten Franzosenkönigin gehört, vielleicht aber hat er auch alles, was er hierzulande gelernt hat (Demokratie, Menschenrechte, ...), längst wieder vergessen.

Man muss auf jeden Fall an Marie Antoinette denken, wenn man hört, was sich derzeit in Kims bitterarmem Heimatland abspielt. Vielmehr: an jenes berüchtigte Zitat mit dem Kuchen, den das Volk, das kein Brot mehr hat, doch bitteschön essen solle. Dass der Satz so wohl nie gefallen ist – geschenkt. Denn genug Brot gibt es auch in Nordkorea nicht, Luxusgüter aber umso mehr.

Letzteres zumindest behauptet die Propagandamaschinerie der Kim-Diktatur allenthalben, verschweigt gleichzeitig aber nicht, dass im Land eine Lebensmittelknappheit herrscht. Verkehrte Welt?



Nordkorea war schon (fast) immer arm, die Versorgungslage vor allem auf dem Land katastrophal. In den 90er-Jahren starben bei einer Hungersnot Hunderttausende, und auch jetzt sind Reis und andere Grundnahrungsmittel knapp.

Für einen gesunden Start in den Tag!

Das liegt an den internationalen Sanktionen gegen das Land, aber auch an der Corona-Krise, die das Regime dazu veranlasst hat, die Grenze zu China dichtzumachen. Der Handel mit der Aussenwelt ist eingebrochen, und die Ernten, die das Land selbst einfährt, reichen nicht, um die Bevölkerung zu ernähren.

Zuletzt hatten Überflutungen in der Provinz Süd-Hamgyong Hunderte Hektar Ackerland fortgespült, gleichzeitig machen eine Hitzewelle und Dürren dem Land zu schaffen. Medienberichten zufolge wurden Ernten vernichtet und ging Vieh zugrunde.



Da mutet es geradezu zynisch an, was vor wenigen Tagen in einem Werbespot der Regierung, den der Staatssender KCTV ausstrahlte, angeregt wurde: Eltern sollen doch bitte darauf achten, dass ihre Kinder ein ausgewogenes Frühstück zu sich nehmen – am besten Reis mit Fisch und Gemüse, auf jeden Fall aber so, dass es den Kleinen schmeckt.

Ausserdem sollen die Eltern sicherstellen, dass ihre Kinder genug Schlaf bekommen und nicht zu viel Zeit vor dem Computer oder mit dem Smartphone verbringen. Ebenfalls wichtig: Nicht zu viel Limo trinken!

Drohungen gegenüber den USA

Zur Untermalung der Botschaft, schreibt das Portal «NK News», zeige der Spot ein junges Mädchen, das auf einer Schaukel sitzt und dabei mit dem Smartphone spielt; ausserdem einen Jungen, der sich zu sehr später Stunde auf seinem Computer Bilder von Waffensystemen anschaut.

Gerichtet ist der TV-Spot an ein städtisches Publikum, an die Eliten in der Hauptstadt Pjöngjang, die traditionell besser versorgt werden als die Landbevölkerung. Weniger zynisch wirken die Bilder angesichts des Hungers im Land deshalb freilich nicht.

Derweil setzt Nordkorea seinen Drohkurs gegen Südkorea und die USA fort. Anlass diesmal: die geplanten gemeinsamen Sommer-Militärübungen der beiden Ländern.

«Wir werden ihnen jede Minute zu verstehen geben, welche gefährliche Wahl sie getroffen hat und welcher ernsten Sicherheitskrise sie sich aussetzen wird», so eine vor allem gegen die Regierung Südkoreas gerichtete Erklärung des Parteifunktionärs und früheren Geheimdienstchefs Kim Yong Chol, aus der die Nachrichtenagentur dpa zitiert. Und Kim Yo Jong, Kims mächtige Schwester, warnte einmal mehr vor einem Präventivschlag.

Anfang August berichtete dann der südkoreanische Geheimdienst von einer Aktion, die so gar nichts ins Bild passen will, dass die nordkoreanische Propaganda zeichnet: Das stalinistisch regierte Land verteile Reis an die hungernde Bevölkerung, hiess es  – und plündere dafür die Reisreserven der Armee.