«Völkermord» Bidens neuer Mann für Peking teilt ganz undiplomatisch aus 

Von Sven Hauberg

21.10.2021

Am Mittwoch stellte sich Nicholas Burns dem aussenpolitischen Ausschuss des US-Senats.
Am Mittwoch stellte sich Nicholas Burns dem aussenpolitischen Ausschuss des US-Senats.
Bild: Keystone

Nicholas Burns soll in Peking die Interessen der USA vertreten. Bei einer Anhörung wählte der designierte Botschafter nun unzimperliche Worte: Er warf China Völkermord vor und stellte sich schützend vor Taiwan.

Von Sven Hauberg

21.10.2021

Auch mehrere Monate nach seinem Amtsantritt hat es US-Präsident Joe Biden erst in zwei Fällen geschafft, neue Botschafter zu entsenden – nach New York zu den Vereinten Nationen sowie nach Mexiko-Stadt. Selbst seinem Vorgänger Donald Trump war es im selben Zeitraum gelungen, immerhin 24 neue Botschafterinnen und Botschafter auszusenden, um die Interessen der USA zu vertreten.

Bidens Problem: Der Senat muss alle Kandidatinnen und Kandidaten, die er nominiert, bestätigen. Und Bidens Demokraten verfügen in der Kammer nur über eine hauchdünne Mehrheit.

Eine besonders heikle Personalie ist jene des US-Botschafters in Peking. China und die USA befinden sich seit Jahren in einem Handelskonflikt, auch über Menschenrechtsfragen streiten die Regierungen derart erbittert, dass viele bereits von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Der Posten des US-Botschafters in China ist derweil seit einem Jahr vakant.

Inmitten dieser schwierigen Gemengelage soll nun der Karrierediplomat Nicholas Burns nach Peking entsandt werden. Bereits Ende August hatte das Weisse Haus die Personalie mitgeteilt, nun stellte sich Burns dem aussenpolitischen Ausschuss des Senats, also jenem Gremium, das seiner Ernennung zustimmen soll. Was er dort zu sagen hatte, dürfte auch in Peking für Aufmerksam gesorgt haben.

«Wir können den Chinesen ganz sicher nicht trauen»

«Der Völkermord der Volksrepublik China in Xinjiang, ihre Misshandlungen in Tibet, ihre Unterdrückung der Autonomie und der Freiheiten Hongkongs und ihre Schikanen gegenüber Taiwan sind ungerecht und müssen aufhören», erklärte Burns am Mittwoch laut der Nachrichtenagentur AFP.

Die USA werfen Peking vor, in der nordwestlichen Provinz Xinjiang Hunderttausende Menschen, vor allem Uiguren, in Umerziehungslagern gefangenzuhalten.

Mit Bezug auf den Taiwan-Konflikt legte Burns nach: «Wir können den Chinesen ganz sicher nicht trauen», so der Diplomat. Man müsse dafür sorgen, dass sich China an der Taiwan-Frage die Zähne ausbeisse.



Peking betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz und hat in der Vergangenheit mehrmals mit einer Invasion des Inselstaats gedroht. Der chinesische Staats- und Regierungschef Xi Jinping sprach unlängst von einer «friedlichen Wiedervereinigung» – einem Schritt, der für Taiwan nicht infrage kommt.

Die USA erkennen Taiwan seit 1979 zwar nicht mehr offiziell an, unterstützen das Land aber mit Waffenlieferungen zur Selbstverteidigung.

Washington müsse an seiner Ein-China-Politik festhalten, nach der lediglich Peking offiziell anerkannt wird, sagte Burns nun. «Aber wir haben auch recht, wenn wir die friedliche Beilegung von Streitigkeiten in dieser Region unterstützen und uns einseitigen Aktionen widersetzen, die den Status quo untergraben und die Stabilität in der Region gefährden», sagte Burns laut CNN.

«Sie haben keine wirklichen Verbündeten»

Die US-Regierung, so Burns weiter, dürfe aber nicht den Fehler machen, die Stärken Chinas zu überschätzen oder die eigenen Stärken zu unterschätzen. Die Regierung in Peking habe «nur sehr wenige Freunde», sagte Burns bei der Anhörung. «Sie haben keine wirklichen Verbündeten.»

Die regierungstreue chinesische Zeitung «Global Times» zitierte nach der Anhörung Lü Xiang von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking dennoch mit überraschend milden Worten: Burns' Ansichten zu China, so Lü, seien «relativ ausgewogen, nicht so extrem und steif wie die der Diplomaten der vorherigen Trump-Regierung, wie zum Beispiel des ehemaligen Aussenministers Mike Pompeo».

Zwar seien die Beziehungen zwischen China und den USA «komplex und dornenreich», so Lü. Als Botschafter, noch dazu als Karrierediplomat, dürfte Burns allerdings wenig Eigeninitiative zeigen und stattdessen vor allem die Politik, die in Washington auf höhere Ebene gemacht werde, in Peking vertreten.

Burns lehrt derzeit noch an der US-Eliteuniversität Harvard. Seine aussenpolitische Karriere begann der heute 65-Jährige in Afrika und im Nahen Osten, anschliessend arbeitete er unter mehreren US-Regierungen im Weissen Haus sowie im US-Aussenministerium.