Razzia Deutsche Regierung verbietet Neonazi-Gruppe «Combat 18»

SDA/gbi

23.1.2020

Bei den Wohnungsdurchsuchungen setzte die Polizei in Nordrhein-Westfalen auch Hunde ein. 
Bei den Wohnungsdurchsuchungen setzte die Polizei in Nordrhein-Westfalen auch Hunde ein. 
Bild: Keystone

Die rechtsextreme Gruppe «Combat 18» ist in Deutschland verboten worden. Die Polizei durchsuchte am Donnerstag Wohnungen von Mitgliedern in sechs Bundesländern. Auch weitere Gruppen sind im Visier von Berlin. 

Schon seit Monaten wird das deutsche Innenministerium gedrängt, die rechtsextreme Gruppierung «Combat 18» zu verbieten. Immer hiess es vonseiten Berlins, ein Verbot müsse gut vorbereitet sein, damit es vor Gericht Bestand hat. Nun ist es so weit. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat ein Verbot erlassen. Das teilte der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, am Donnerstag mit.

Die Polizei durchsuchte am Morgen mehrere Objekte in den sechs Bundesländern Thüringen, Hessen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Schwerpunkte der Aktion bildeten Thüringen und NRW.

Stanley R., der als Rädelsführer und wichtige Figur in der Szene gilt, wurde den Angaben zufolge von der Polizei in Thüringen an seinem Arbeitsplatz angetroffen und zu seiner Wohnung gebracht, die durchsucht wurde.

Nähe zum Nationalsozialismus

Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden richtet sich die Vereinigung gegen die verfassungsmässige Ordnung, «da sie mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist». Sie zählt nach ihrer Einschätzung bundesweit 20 Mitglieder.

Die gewaltbereite rechtsextreme Organisation gilt als bewaffneter Arm des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks «Blood and Honour» (Blut und Ehre). Diese hat ihren Ursprung in Grossbritannien und ist in mehreren europäischen Ländern aktiv.

Die Zahl «18» ist ein Szenecode für den ersten und den achten Buchstaben im Alphabet, also A und H – die Initialen von Adolf Hitler. Symbol der Gruppe, die sich auf einen «Rassenkrieg» vorbereitet, ist der Drache. Neonazis, die sich «Combat 18» zugehörig fühlen, tragen häufig schwarze T-Shirts oder Jacken mit der Aufschrift «C 18». Diese Symbole und Abkürzungen dürfen nach dem Verbot nicht mehr verwendet werden.

Das gilt auch für das Motto der Gruppe: «Brüder schweigen – whatever it takes». Gegen die Verbotsverfügung kann die Gruppe binnen eines Monats Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einreichen.

«Führerloser Widerstand»

Was ein Verbotsverfahren in den vergangenen Jahren erschwert hatte, ist das von «Combat 18» propagierte Konzept des «führerlosen Widerstands» weitgehend autonomer Zellen - auch wenn die Gruppen vernetzt und nach festgelegten gemeinsamen Richtlinien handeln. Geldquelle und Gelegenheit zum Kontakt sind Rechtsrock-Konzerte.

Auf ihrer Rückfahrt von einem gemeinsamen Schiesstraining in Tschechien im September 2017 wurden mutmassliche Mitglieder einer Sektion der Gruppe an der deutschen Grenze von der Spezialeinheit GSG 9 gestoppt. Die Polizei fand Munition, der Fall landete vor Gericht.

Lübcke-Mord verstärkte Ruf nach Verboten

Rufe nach einem Verbot der Gruppe und weiterer rechtsextremer Vereinigungen gibt es schon lange. Eine neue Dringlichkeit haben sie nach dem Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erhalten, bei dem ein rechtsterroristischer Hintergrund vermutet wird. Der CDU-Politiker war im vergangenen Juni auf der Terrasse seines Hauses aus nächster Nähe erschossen worden.

Haupttatverdächtiger ist Stephan E., der den Behörden wegen seiner Neonazi-Vergangenheit bekannt war. «Combat 18» hatte sich danach in einem von den Sicherheitsbehörden als echt eingestuften Video von E. distanziert.

Es wird erwartet, dass in den kommenden Monaten noch weitere Verbote ausgesprochen werden.

Keine Mitgliedschaft in einer Gruppe ist für den rechtsterroristischen Attentäter von Halle bekannt. Er hatte im vergangenen Oktober zwei Menschen getötet, nachdem er vergeblich versucht hatte, gewaltsam in eine voll besetzte Synagoge einzudringen.

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