Wikileaks Die vielen Gesichter des Julian Assange

AFP

11.4.2019

Als Gründer von Wikileaks wurde Julian Assange einst als Kämpfer für die Informationsfreiheit gefeiert. Dann begann sein Versteckspiel vor der Justiz. Wie ein Held zu einem ungebetenen Gast wurde.

Es ist knapp sieben Jahre her, dass sich Julian Assange als Bote tarnte und sich auf den Weg zur ecuadorianischen Botschaft in London machte. Es war nur eine von vielen Rollen, die der Wikileaks-Gründer bereits durchlebt hat. Die zwei vielleicht wichtigsten: Innerhalb weniger Jahre wurde er vom Helden der Informationsfreiheit zum unerwünschten Gast. Mit seiner Festnahme am 11. April kommt nun die Rolle des Häftlings hinzu.

Julian Assange wurde in London festgenommen. Nun fürchtet er, an die USA ausgeliefert zu werden.
Julian Assange wurde in London festgenommen. Nun fürchtet er, an die USA ausgeliefert zu werden.
Keystone

Wird der gebürtige Australier Assange nach seiner Kindheit gefragt, dann vergleicht er sich mit Mark Twains Kinderbuchhelden, dem abenteuerlustigen Tom Sawyer. Im Gegensatz zu ihm wuchs Assange allerdings nicht bei seiner Tante, sondern bei seiner Mutter auf, die unzählige Male mit ihrem Sohn umzog. Bis zu seinem 15. Lebensjahr hatte Assange in mehr als 30 australischen Orten gelebt.

Später studierte er in Melbourne Mathematik, Physik und Informatik. Mit Begabung und Fleiss wurde Assange zum erfolgreichen Hacker: Unter dem Pseudonym «Mendax» – dem lateinischen Wort für «lügnerisch» – hackt er die Internetseiten der Nasa und des Pentagons.

Hacker und Staatsfeind

Getty Images

Zum Staatsfeind wurde Assange für Washington durch die von ihm veranlasste Veröffentlichung geheimer US-Dokumente auf der Enthüllungs-Plattform Wikileaks im Jahr 2010. Seitdem fürchtete er stets, an die USA ausgeliefert zu werden.

Gegründet hatte Assange die Plattform nach eigenem Bekunden, um «die Presse zu befreien» und Fälle von staatlichem Machtmissbrauch aufzudecken. Einer seiner Biographen bezeichnete ihn deshalb einmal als «gefährlichsten Mann der Welt».

Nachdem Schweden 2010 wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleitete, stellte sich Assange der Polizei in Grossbritannien. Er kam unter Auflagen wieder frei, beantragte dann allerdings im Juni 2012 Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London. Seitdem lebte Assange in dem Gebäude, ein UN-Gremium geisselte seinen Aufenthalt dort 2016 als «willkürliche Inhaftierung».

Plötzlich ein Problem

Seit 2012 lebt Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London.
Seit 2012 lebt Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London.
Getty Images

Eine wichtige Wende kam für Assange im Jahr 2017: Ecuador bekam mit Lenín Moreno einen neuen Präsidenten. Dessen Vorgänger, der politisch links stehende Rafael Correa, hatte Assange als willkommene Gelegenheit gesehen, die USA zu provozieren.

Moreno hingegen betrachtete den Dauergast im Botschaftsgebäude als «Problem». Der Präsident warf seinem Londoner Untermieter vor, sich in die Angelegenheiten Ecuadors und anderer Länder einzumischen. Als Konsequenz machte er Assange strenge Auflagen für die Nutzung von Kommunikationsmitteln und den Empfang von Besuch.

Verbündete wandten sich ab

Schon vor dem ecuadorianischen Richtungswechsel hatte Assange an Popularität verloren. Bereits 2011 wandten sich frühere Verbündete von seiner Organisation ab. Damals distanzierten sich fünf Publikationen, die zuvor mit Wikileaks zusammengearbeitet hatten, von der Vorgehensweise der Enthüllungsplattform.

Der «Guardian», die «New York Times», «El País», der «Spiegel» und «Le Monde» verurteilten, dass Wikileaks Telegramme aus dem US-Aussenministerium in ungeschwärzter Form geleakt hatte. Sie kritisierten, das Vorgehen könne Quellen in Gefahr bringen – eine Kritik, der sich auch Whistleblower Edward Snowden anschloss.

Trump outete sich als Wikileaks-Fan

Die Zahl von Julian Assanges Unterstützern nahm im Laufe der Jahre ab.
Die Zahl von Julian Assanges Unterstützern nahm im Laufe der Jahre ab.
Getty Images

Besonders stark schadete Assange die Entscheidung von Wikileaks, im entscheidenden Moment des US-Präsidentschaftswahlkampfes im Jahr 2016 zehntausende E-Mails aus der Demokratischen Partei zu veröffentlichen. Viele von ihnen stammten aus dem Wahlkampfteam von Hillary Clinton.

«Ich liebe Wikileaks», verkündete daraufhin der spätere republikanische Wahlsieger Donald Trump. Vorwürfe der CIA, russische Agenten hätten die E-Mails an Wikileaks weitergereicht, weist die Enthüllungsplattform zurück.

Der ranghohe US-Demokrat Mark Warner hat derweil die Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange begrüsst. Er hoffe, dass die britische Justiz Assange rasch an die USA überstellen werde, damit er zur Rechenschaft gezogen werden könne, erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat am Donnerstag. Assange habe lange Zeit hohe Ideale und moralische Überlegenheit zur Schau getragen, dann habe er sich aber an Russlands Bemühungen beteiligt, den Westen zu untergraben. Er sei auch an Versuchen beteiligt gewesen, die Sicherheit der USA zu gefährden.

Bilder des Tages
Zurück zur Startseite