Trump vor Gericht Die Tür ist unschuldig

tjnj

5.4.2023

Donald Trump ist gestern zur Verlesung seiner Anklage in New York vor Gericht erschienen und musste mutmasslich seit langem wieder einmal eine Tür eigenhändig aufhalten.
Donald Trump ist gestern zur Verlesung seiner Anklage in New York vor Gericht erschienen und musste mutmasslich seit langem wieder einmal eine Tür eigenhändig aufhalten.
Bild: Louis Lanzano / Imago / UPI Photo

Die Verlesung der Anklage gegen Donald Trump lief nicht besonders gut für den Ex-Präsidenten. Neben einer Tür und Merchandise geben eine ultrarechte Republikanerin und Trillerpfeifen zu reden.

tjnj

5.4.2023

Ein historischer Tag in New York: Am gestrigen Dienstag wurde die Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verlesen. In der 16-seitigen Anklageschrift werden Trump die Fälschung von Geschäftsunterlagen in 34 Fällen zur Last gelegt. «Nicht schuldig» lautete dessen Plädoyer. Am 4. Dezember soll Trump wieder vor Gericht erscheinen, der Prozess dann im Januar 2024 beginnen.

Doch auch abseits der juristischen Abläufe und deren möglichen politischen Konsequenzen spielten sich bemerkenswerte Szenen ab. blue News hat ein paar davon zusammengestellt.

Trump musste selbst eine Tür öffnen

Es war wohl die Szene des Gerichtstermins, die die meiste Aufmerksamkeit in den sozialen Medien erregte: Donald Trump musste sich eigenhändig die Tür zum Gericht aufhalten. Das mag banal klingen, ist aber deswegen interessant, weil ein ehemaliger US-Präsident stets von Mitarbeiter*innen umgeben ist, die das für ihn erledigen.

Selbst vor seinem Gang in die Politik wird Trumps Status als prominenter Unternehmer und bekannte Fernsehpersönlichkeit ihm viele Türen geöffnet haben – sinnbildlich wie buchstäblich. Auf dem Weg ins Gericht ging Trump ein Gerichtsbeamter zuvor. Dessen halbherziger Versuch, die Tür aufzuhalten, dauerte nicht lange – und Trump musste schnell selbst reagieren.

«Shout-out an den Typen, der die Tür nicht für Trump offengehalten hat», schrieb der Journalist Sam Wollaston auf Twitter zu der Szene. «Ich hoffe, es war der Premierminister von Montenegro», witzelte ein User: Eine Anspielung auf einen Vorfall bei einem NATO-Treffen im Mai 2017, als Trump, damals noch im Amt, Dusko Markovic, den damaligen Staatschef Montenegros, bei einem Fototermin zur Seite schob, um sich in die vordere Reihe zu drängeln.

Trumps Team verkauft T-Shirts mit gefälschtem Foto

Die Bilder des Tages dürften eher nicht dazu taugen, sie für den Wahlkampf zu instrumentalisieren, wie Trump es vielen Beobachter*innen zufolge versuchen könnte, um aus dem Prozess gegen ihn einen Nutzen zu ziehen.

Zwar musste der Ex-Präsident seine Fingerabdrücke abgeben, doch der sogenannte Mugshot – das frontale Polizeifoto, wie man es aus dem Fernsehen und der Zeitung kennt – blieb ihm verwehrt. Dabei hätte sich gerade dieses Bild hervorragend geeignet, um Trumps Narrativ zu illustrieren, gemäss dem er das Opfer einer politisch motivierten Hetzjagd ist.

Doch dass ein solches Foto nicht zustande kam, hindert Trumps Team nicht daran, trotzdem daraus Kapital zu schlagen – und zwar nicht nur politisch. In einem Webshop können Anhänger des Republikaners nun T-Shirts mit einem gefälschten Mugshot erwerben. «Not guilty» – «nicht schuldig» – ist darunter zu lesen. Noch als die Anhörung lief, gingen die T-Shirts in den Verkauf.

Beim grössten Protest waren mehr Reporter als Demonstranten

Die Polizei von New York City hatte sich auf grosse Demonstrationen eingestellt – von Trump-Anhänger*innen und -Gegner*innen gleichermassen. Mit weiträumigen Absperrungen sollten gewalttätige Konfrontationen der beiden Gruppen vermieden werden.

Auch die Presse hatte Vertreter*innen in die Strassen New Yorks geschickt, um vor Ort zu berichten. Doch die Reporter*innen stellten bald fest, vielleicht sogar in der Überzahl zu sein.

So hatte der New York Young Republicans Club zu einer Demonstration aufgerufen, zu der eine grosse Anzahl an Demonstrant*innen erwartet worden war. NBC-Reporter Ben Collins sah sich mit einem ganz anderen Bild konfrontiert. «Kein Witz, hier sind mehr Reporter als Trump-Anhänger», schrieb Collins auf Twitter.

Prominente Republikaner flohen vor der Presse und Gegendemonstranten

Ebenfalls vor Ort waren die beiden prominenten Republikaner George Santos und Marjorie Taylor-Greene. Santos machte in den letzten Monaten Schlagzeilen, als öffentlich wurde, dass er zahlreiche Aspekte seines Lebenslaufs frei erfunden sind.

Taylor-Greene ist als lautstarkes Mitglied des rechten Flügels der Republikaner bekannt. Auch als rechte Verschwörungstheoretikerin ist Taylor-Greene schon aufgefallen. Während der Pandemie verglich sie Corona-Schutzmassnahmen mit der Verfolgung jüdischer Menschen im Dritten Reich.

«Donald Trump fügt sich in eine Reihe mit den unglaublichsten Persönlichkeiten der Geschichte ein», kommentierte Taylor-Greene den Prozess. Schliesslich sei Nelson Mandela auch wegen seiner politischen Überzeugungen verhaftet worden – und Jesus Christus ebenfalls.

Vor Ort sahen sich die beiden kontroversen Politiker schnell von kritischen Fragen durch die zahlreichen Reporter*innen konfrontiert. Auch Gegendemonstrant*innen sollen ihnen Contra gegeben haben. Santos verliess die Proteste noch vor ihrem offiziellen Beginn.

Taylor-Greene hielt zwar eine Rede, doch von der war kaum ein Wort zu verstehen: Das Trommeln und Pfeifen von Demonstrant*innen übertönte sie.

Besonders kurios: Die anfängliche Annahme, Taylor-Greenes Rede sei von Gegendemonstrant*innen gestört worden, scheint falsch gewesen zu sein. Der Reporter Ben Collins machte den Demonstranten ausfindig, der die Trillerpfeifen, durch die Taylor-Greenes Worte unverständlich geworden waren, verteilt hatte: einen Anhänger Donald Trumps. «Ich bin hier, um Lärm zu machen», sagte der Mann. «Alle sollen uns hören.»