Trotz Kandidatur Ermittlungen gegen Trump gehen weiter

Eric Tucker, AP/tpfi

19.11.2022

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump will erneut bei den Präsidentschaftswahlen antreten. 
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump will erneut bei den Präsidentschaftswahlen antreten. 
Archivbild: Andrew Harnik/AP/dpa

Gegen Trump laufen gleich mehrere Ermittlungsverfahren. Dass er sich erneut ums US-Präsidentenamt bewirbt, schützt ihn nicht davor. Aber seine Kandidatur macht die Untersuchungen ganz gewiss nicht leichter.

Eric Tucker, AP/tpfi

19.11.2022

Donald Trumps frühe dritte Bewerbung um das Präsidentenamt der USA schützt ihn nicht vor den strafrechtlichen Ermittlungen, die bereits gegen ihn als Normalbürger laufen. Und das könnte ihn im bevorstehenden Rennen um die republikanische Spitzenkandidatur 2024 verwundbar machen.

Das Justizministerium treibt seine Untersuchungen voran, und nun, da die Kongresswahlen weitgehend abgeschlossen sind und der Präsidentschaftswahlkampf erst in etlichen Monaten in Schwung kommt, haben die Bundesermittler genügend Zeit, ihre Arbeit fortzusetzen - auch dann, wenn Trump bereits Wahlkampfkundgebungen abhält.

Ministerium will nicht locker lassen

Er glaube nicht, dass das Ministerium zögern werde, nur weil Trump sich selbst als erster Kandidat für die Wahl 2024 nominiert habe, sagt Michael Weinstein, ein Ex-Strafverfolger im Justizministerium. «Ich glaube, dass sie das als Versuch von ihm betrachten werden, das System auszutricksen, wie er das sehr erfolgreich vor Gerichten getan hat.» Das Ministerium sei darauf vorbereitet.

Auf Bundesebene wird gegen Trump im Zusammenhang mit seinen Bemühungen ermittelt, das Wahlergebnis 2020 zu kippen. Ausserdem laufen Untersuchungen, ob die Mitnahme und Lagerung streng geheimer Dokumente in sein Domizil Mar-a-Lago in Florida rechtswidrig war. Auch auf staatlicher Ebene - in Georgia - sind Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Versuch einer Manipulation des Wahlergebnisses 2020 im Gange.

Trump «wie jeden anderen Amerikaner behandeln»

Das Verfahren im Fall Mar-a-Lago ist besonders rasch vorangeschritten. So haben Strafverfolger kürzlich einem engen Trump-Verbündeten Immunität gewährt, um seine Zeugenaussage vor einer Grand Jury - Anklagekammer - zu sichern. An diesen Ermittlungen beteiligte Anwälte im Justizministerium sagen, dass sie Beweise für potenzielle Straftaten gesammelt hätten - sowohl im Punkt Justizbehinderung als auch hinsichtlich einer vorsätzlichen illegalen privaten Aufbewahrung nationaler Verteidigungsunterlagen.

Es ist unklar, ob es zu irgendeiner Anklage kommt. Frühere Justizbeamte weisen darauf hin, dass es absolut wichtig sei, dass die Untersuchungen gründlich und peinlich genau nach Vorschrift erfolgten, ohne Trump auf Grundlage seines früheren hohen Amtes Gefälligkeiten zu erweisen oder ihn besonders hart an die Kandare zu nehmen. «Die Öffentlichkeit wird das grösste Vertrauen in das, was du tust, haben, wenn du Donald Trump wie jeden anderen Amerikaner behandelst,», sagt Matthew Miller, ein ehemaliger Sprecher des Justizministeriums.

«Niemand steht über dem Gesetz»

Der aktuelle Justizminister Merrick Garland hat im Zusammenhang mit den Trump-Ermittlungen betont, dass «niemand über dem Gesetz steht». Auf eine Frage im Sommer, inwieweit sich eine erneute Kandidatur des Ex-Präsidenten auf die laufenden Untersuchungen auswirken könnte, antwortete er: «Wir werden jeden zur Rechenschaft ziehen, der strafrechtlich verantwortlich für Versuche ist, in die Übergabe - legitime, gesetzmässige Übergabe - der Macht von einer Regierung an die nächste einzugreifen.»

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Ermittlungen gegen gewählte Amtsträger oder Kandidaten für ein Amt laden fast immer zu politischen Spekulationen ein, das liegt einfach in der Natur der Sache. So ist man im Justizministerium vorsichtig mit öffentlichen Aktionen kurz vor einer Wahl. Aber das ist mehr eine Standardgepflogenheit als eine in Stein gemeisselte Regel, und dann finden die Präsidentschaftswahlen ja auch erst in zwei Jahren statt.

Trump wieder in der Opeferrolle

Dennoch ist es nicht einfach, gegen einen früheren Präsidenten oder gegenwärtigen Kandidaten zu ermitteln. Und das gilt insbesondere für Trump, der in seiner Amtszeit sein eigenes Justizministerium attackierte und von ihm selbst berufenen Justizministern Vorhaltungen machte. Er griff auch wiederholt das - dem Ministerium unterstellte - FBI wegen dessen Durchsuchung seines Anwesens in Florida an und nutzte die Aktion der Bundespolizei, um Spenden von seinen Anhängern zu sammeln.

Nun da seine Kandidatur offiziell ist, werden er und seine Unterstützer einmal mehr das Narrativ einer politischen Hexenjagd bemühen, die von einer demokratischen Regierung betrieben werde, die ihn als Kandidaten fürchte. Tatsächlich besteht für die Demokraten das Risiko, dass Trump, der sich bei der Bekanntgabe seiner Bewerbung am Dienstag als «ein Opfer» bezeichnete, seine Unterstützer mit diesem Argument erneut befeuern kann. Auf der anderen Seite legt das Ergebnis der Kongress- und Gouverneurswahlen in der vergangenen Woche nahe, dass er politisch vielleicht verwundbarer ist, als viele es gedacht hatten.

Auch gegen Hillary Clinton wurde ermittelt

Was ist mit früheren Untersuchungen gegen Präsidentschaftskandidaten? Es gibt ein jüngeres Beispiel, wenn auch die Umstände anders waren. 2016, unter der Obama-Regierung, ermittelte das Justizministerium gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton, weil sie in ihrer Amtszeit als Aussenministerin einen privaten E-Mail-Server benutzt hatte. Trotz Bemühungen der an den Untersuchungen beteiligten Justizbeamten, das Verfahren aus der Politik herauszuhalten, wurde es wiederholt hineingezogen.

Die damalige Justizministerin Loretta Lynch äusserte Bedauern über ein - offenbar zufälliges - Treffen mit Hillary Clintons Ehemann Bill in den letzten Tagen der Ermittlungen, das Kritiker als unangemessen brandmarkten. Dem damaligen FBI-Direktor James Comey wiederum wurde angelastet, Hillary Clintons Kandidatur geschadet zu haben, zunächst, indem er öffentlich detailliert darlegte, warum seine Behörde keine Anklage gegen sie empfohlen hatte, und dann, indem er die Ermittlungen gegen sie elf Tage vor der Wahl wieder aufnahm.

Comey hatte nach eigenen Angaben erwogen, einen Sonderermittler mit der Leitung der Untersuchungen zu betrauen, aber tat das dann am Ende nicht. Das Justizministerium in der Trump-Ära hatte den früheren FBI-Chef Robert Mueller als Chefermittler im Fall möglicher Absprachen zwischen dem Trump-Wahlkampflager und Russland zur Beeinflussung der Wahl 2016 berufen. Ob Garland eine derartige Option in den derzeitigen Untersuchungen in Betracht ziehen könnte, ist nicht bekannt. Auch gibt es keine Hinweise darauf, wann entschieden wird, ob es Anklagen gibt oder nicht.