Rechtsruck bei Europawahl Macron löst Parlament auf und kündigt Neuwahlen an +++ AfD stärkste Kraft in Ostdeutschland

sda/tgab

9.6.2024 - 20:48

Europawahl in Deutschland: Union vorne, Jubel bei der AfD

Europawahl in Deutschland: Union vorne, Jubel bei der AfD

Jubel auf der AfD-Wahlparty am Sonntagabend in Berlin. Nach den ersten Zahlen aus Deutschland liegt die Partei bei der Europawahl in Deutschland mit über 16 Prozent auf dem zweiten Platz.

09.06.2024

Bei der Europawahl zeichnet sich nach ersten Zahlen von ARD und ZDF ein klarer Sieg des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP mit der deutschen Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen ab. 

DPA, sda/tgab

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  • Das Mitte-Rechts-Bündnisses EVP mit der deutschen Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen liegt bei der Europawahl ersten Hochrechnungen zufolge vorne.
  • Insgesamt dürften rechte Parteien den Zahlen zufolge am stärksten hinzugewinnen.

Das Mitte-Rechts-Bündnis EVP mit der deutschen Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen hat nach einer ersten offiziellen Prognose des Europäischen Parlaments die Europawahl deutlich gewonnen. Die CDU-Politikerin kann demnach auf eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission hoffen.

Das Mitte-Rechts-Bündnis EVP beansprucht nach seinem Sieg bei der Europawahl den Vorsitz der EU-Kommission. Amtsinhaberin Ursula von der Leyen soll demnach weitere fünf Jahre an der Spitze der mächtigen Brüsseler Behörde stehen. Der Gewinner der Wahl habe nun das Recht, den Kommissionspräsidenten zu stellen, sagte EVP-Chef Manfred Weber (CSU) am Sonntagabend in Brüssel.

Rechtsaussen-Parteien wie die AfD erzielten im Vergleich zur letzten Wahl vor fünf Jahren deutliche Gewinne. Insgesamt bleibt das klar pro-europäische Lager aber weiter das mit Abstand grösste. Selbst wenn sich alle rechten Parteien zusammenschliessen würden, kämen sie voraussichtlich auf weniger als 200 Sitze und wären damit von einer Mehrheit weit entfernt. Diese liegt bei 361 Sitzen.

Zweitstärkstes Lager im neuen Parlament bleiben demnach die Sozialdemokraten, die auf etwa 135 Sitze kommen könnten. Danach folgen die Liberalen, die auf 81 bis 87 Sitze abrutschen, sowie die zwei bisherigen rechtspopulistischen Parteienbündnisse EKR und ID, mit knapp 80 beziehungsweise rund 70 Sitzen. Die Grünen würden demnach deutlich verlieren und weit unter 60 Sitzen landen.

Die deutsche AfD wird zu den fraktionslosen Parteien gezählt, da sie kurz vor der Europawahl aus der ID-Fraktion ausgeschlossen worden war. Insgesamt dürften rechte Parteien den Zahlen zufolge am stärksten hinzugewinnen.

ARD-Hochrechnung: AfD stärkste Kraft in Ostdeutschland

Wie der Sender am Sonntagabend berichtete, kamen die Rechtspopulisten in den ostdeutschen Bundesländern inklusive Berlin auf 27,1 Prozent. Während die AfD im Vergleich zur Europawahl 2019 demnach im Osten um 7,5 Prozentpunkte zulegen konnte, verzeichneten alle anderen etablierten Parteien Verluste – mit Ausnahme der CDU, die ihr Ergebnis von vor fünf Jahren knapp halten konnte.

Die AfD wird vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft, mehrere ostdeutsche Landesverbände gelten als gesichert rechtsextremistisch. Im September könnte sie bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärkste Kraft werden.

Le Pens Rechtsnationale gewinnen in Frankreich deutlich

Die rechtsnationale Partei Rassemblement National um Marine Le Pen hat ersten Hochrechnungen zufolge die Europawahl in Frankreich klar gewonnen. Die Liste von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Verbündeten landete wie erwartet weit abgeschlagen dahinter, wie die Sender France 2 und TF1 am Sonntag nach Schliessung der Wahllokale berichteten. Das europaskeptische RN kam demnach auf 31,5 bis 32,4 Prozent der Stimmen, Macrons proeuropäisches Lager auf nur etwa 15,2 Prozent. Die Sozialisten landeten den Hochrechnungen zufolge mit 14 bis 14,3 Prozent knapp hinter Macrons Mitte-Block auf Platz drei.

Für Macron ist das Ergebnis eine herbe Niederlage. Bereits bei der letzten Europawahl 2019 lagen die Rechtsnationalen vor seinem Lager. Während die Rechten damals aber nur einen knappen Vorsprung hatten, haben sie diesen nun erheblich ausgebaut und wohl etwa doppelt so viele Stimmen eingeholt wie Macrons Mitte-Kräfte. Der haushohe Gewinn der Rechtsnationalen dürfte das Regierungslager, das in der Nationalversammlung keine absolute Mehrheit mehr hat, weiter unter Druck setzen.

Macron löst Parlament auf und kündigt Neuwahlen an

Nach der Niederlage seines Mitte-Lagers bei der Europawahl löst Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die französische Nationalversammlung auf. Macron kündigte am Sonntagabend Neuwahlen in zwei Wahlgängen am 30. Juni und 7. Juli an. Die Herausforderungen Frankreichs erforderten Klarheit und die Franzosen verdienten Respekt. «Ich kann also am Ende dieses Tages nicht so tun, als ob nichts geschehen wäre», sagte Macron.

Kopf-an-Kopf-Rennen in den Niederlanden – In Österreich Sieg für Rechte

Die Niederlande hatten bereits am Donnerstag gewählt, wobei sich ein rot-grünes Wahlbündnis ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der radikal-rechten Partei des Populisten Geert Wilders liefert. Dicht dahinter liegt die rechtsliberale VVD.

In Österreich zeichnet sich bei der Europawahl ein Sieg der rechten FPÖ ab. Nach einer zur Schliessung der Wahllokale veröffentlichten Trendprognose liegen die Rechtspopulisten mit 27 Prozent vor der sozialdemokratischen SPÖ und der konservativen ÖVP. Österreich stellt 20 der künftig 720 Abgeordneten im Europäischen Parlament.

In Griechenland wird die Partei Nea Demokratia von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis ersten Angaben zufolge mit rund 30 Prozent deutlich stärkste Kraft. Syriza – die Partei, die unter Regierungschef Alexis Tsipras während der schweren Finanzkrise von 2010 bis 2018 regierte - kommt demnach auf etwa 17 Prozent.

Im kleinsten EU-Land Malta muss die sozialdemokratische Regierungspartei Labour laut ersten Ergebnissen deutliche Einbussen hinnehmen. Sie könnte drei der sechs maltesischen Sitze im Parlament bekommen, die konservative Oppositionspartei Nationalist Party kann mit zwei bis drei Sitzen rechnen.