Angst vor Russland Estland feiert seine Freiheit – und muss um sie bangen

amo/SDA

25.2.2022

In Estland protestiert das Volk am Unabhängigkeitstag gegen den Krieg.
In Estland protestiert das Volk am Unabhängigkeitstag gegen den Krieg.
KEYSTONE

Estland beging am Donnerstag seinen Nationalfeiertag: Vor rund hundert Jahren behauptete sich der baltische Kleinstaat gegen Russland. Ausgerechnet seit Donnerstag ist diese Unabhängigkeit erneut in Gefahr.

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25.2.2022

Seit dem Donnerstagmorgen führt Russland einen Angriffskrieg auf sein Nachbarland Ukraine. Gleichzeitig feiert ein anderes Nachbarland Russlands einen historischen Sieg: Estland erkämpfte sich gegen das russische Reich seine Unabhängigkeit.

Nun muss der Kleinstaat als direkter Anrainer Russlands erneut um seine Unabhängigkeit bangen. «Ein schwarzer Tag für die Demokratie», sagt Michael Reiss, Schweizer Honorarkonsul der Republik Estland, zu blue News.

Die aktuelle Situation sei auch für Estland sehr schwierig und besorgniserregend. Sollte der Krieg sich auf weitere Länder ausweiten, wäre Estland als Nato-Mitglied direkt betroffen. Eine Katastrophe, so Michael Reiss.

Der Gedanke an Krieg löst bei ihm persönliche Erinnerungen aus Erzählungen aus. Sein Vater erlebte den ungarischen Volksaufstand, kämpfte für die Freiheit und musste schliesslich 1957 flüchten. Ein Schicksal, das aktuell vielen Ukrainern droht.

Von einer militärischen Bedrohung geht Estlands Staatschef Alar Karis aktuell nicht aus. «Die Ereignisse in der Ukraine werden uns zweifellos betreffen, aber es gibt keine direkte militärische Bedrohung für Estland», schrieb Karis an seine 1,2 Millionen Landsleute gerichtet. Sie müssten sich aber auf Cyberattacken vorbereiten, ebenso wie auf eine Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine.

Volle Unterstützung Estlands an Ukraine

Bereits am Mittwoch hat Tallinn Kiew volle Unterstützung zugesichert. Zugleich rief Staatschef Alan Karis die EU und Nato zu einer geschlossenen und entschiedenen Reaktion auf: «Jetzt, wo die Masken gefallen sind, kann die Antwort der demokratischen Nationen nur sein: Russland zu stoppen. Dies bedeutet noch härtere Sanktionen – sowohl politisch als auch wirtschaftlich», fordert Karis in seiner Erklärung.

Dass die Solidarität von Estland gegenüber der Ukraine gross sei, betont auch Michael Reiss. Für ihn ist klar: Der Westen muss reagieren und Gelder für die Ukraine aufwenden.

Ein Zeichen für die Demokratie

Auch wenn in Estland derzeit wohl den wenigsten zum Feiern zumute ist, ging Michael Reiss davon aus, dass sich das Volk auf der Strasse versammelt. Nicht um zu feiern, sondern um ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen für die Unabhängigkeit, die Freiheit und für die Demokratie.