Sondergipfel in Brüssel EU gewährt Brexit-Aufschub bis Oktober

Agenturen

11.4.2019 - 03:29

Die Furcht vor einem ungeregelten Brexit schon diesen Freitag sass ihnen im Nacken. Und doch taten sich die EU-Staats- und Regierungschefs beim Brüsseler Krisengipfel schwer mit der Verlängerung der Frist für den britischen EU-Austritt.

Grossbritannien hat einer erneuten Fristverlängerung für den Brexit bis zum 31. Oktober zugestimmt. Die britische Premierministerin Theresa May akzeptierte in der Nacht auf Donnerstag ein EU-Angebot zur erneuten Verschiebung des Brexits.

Dies bestätigte EU-Ratspräsident Donald Tusk in der Nacht zum Donnerstag in Brüssel. Nach dem erneuten Brexit-Aufschub bis Ende Oktober ist laut Tusk nun Grossbritannien am Zug. «In dieser Zeit wird der Ablauf komplett in den Händen des Vereinigten Königreichs liegen», sagte er nach einem EU-Sondergipfel in der Nacht.

Grossbritannien könne dem vorliegenden Brexit-Deal noch zustimmen, seine Strategie überdenken oder auch vom geplanten EU-Austritt zurücktreten, betonte er. Die neu gewonnenen gut sechs Monate sollten aber nicht verschwendet werden, appellierte Tusk an London.

Die britische Premierministerin Theresa May verlässt am frühen Donnerstagmorgen die Pressekonferenz in Brüssel, auf der sie über die ausgehandelte Fristverlängerung für den Brexit gesprochen hat. 
Die britische Premierministerin Theresa May verlässt am frühen Donnerstagmorgen die Pressekonferenz in Brüssel, auf der sie über die ausgehandelte Fristverlängerung für den Brexit gesprochen hat. 
Bild: EPA/Julien Warnand

Widerstand von Frankreich

Zuvor hatten sich die verbleibenden EU-Staaten in rund achtstündigen Beratungen auf den 31. Oktober als spätestes Brexit-Datum geeinigt. Vor allem Frankreich hatte jedoch Widerstand gegen einen so langen Aufschub geleistet. Sollte das Parlament in London dem bereits mit der britischen Regierung ausgehandelten Austrittsdeal zustimmen, könnte Grossbritannien die EU auch schon früher verlassen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüsste die Einigung auf eine neue Frist. Es sei «ein sehr intensiver, sehr guter Abend» gewesen, der die Einigkeit der EU gezeigt habe, sagte Merkel in der Nacht zum Donnerstag in Brüssel. «Um gerade auch den britischen Entscheidungsmöglichkeiten Raum zu geben, ist es eine gute Entscheidung, die wir heute getroffen haben.»

Im Juni wollen die EU-Spitzen bei einem weiteren Treffen erneut über den Fortschritt in Grossbritannien beim Brexit reden, wie Maltas Premier Joseph Muscat auf Twitter mitteilte. Ursprünglich war der Brexit bereits für den 29. März geplant. Die EU hatte die Frist jedoch auf diesen Freitag verlängert. Ohne erneuten Aufschub wäre es am Freitag voraussichtlich zu einem Chaos-Brexit mit dramatischen Folgen für die Wirtschaft und viele Lebensbereiche gekommen.



Klare Bedingungen

Die Verlängerung ist nach dem Entwurf der Gipfelerklärung von EU-Seite an klare Bedingungen geknüpft. So müssen die Briten im Mai an der Europawahl (23.-26. Mai) teilnehmen. Dies soll sicherstellen, dass es keine rechtlichen Schwierigkeiten gibt, falls Grossbritannien im Sommer noch EU-Mitglied sein sollte, aber keine Abgeordneten gewählt hat.

Premierministerin May hält einen EU-Austritt ihres Landes vor der Europawahl allerdings nach wie vor für möglich. Falls es gelinge, das Austrittsabkommen bis zum 22. Mai zu ratifizieren, müsse sich Grossbritannien nicht an der Europawahl beteiligen, sagte sie nach dem Sondergipfel am Donnerstagmorgen in Brüssel.

Eine weitere Bedingung für die Brexit-Verschiebung ist, dass sich die britische Regierung verpflichtet, nicht mehr in EU-Entscheide einzugreifen oder diese zu blockieren. Dies könnte etwa bei der Ernennung des nächsten EU-Kommissionschefs oder den Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis Ende 2027 wichtig sein.

May hatte zuvor für eine Verschiebung des Austritts bis zum 30. Juni geworben. EU-Ratspräsident Tusk hatte allerdings gewarnt, ein kurzer Aufschub berge das Risiko immer neuer Sondergipfel und Fristen. Dies könnte die übrige Arbeit der EU in den kommenden Monaten überschatten und lähmen.

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