«Schwere Komplikation» EU-Parlamentspräsident David Sassoli ist gestorben

dpa

11.1.2022 - 04:49

David Sassoli, Präsident des EU-Parlaments, am 22. November 2021 in Strassburg.
David Sassoli, Präsident des EU-Parlaments, am 22. November 2021 in Strassburg.
Bild: Keystone/EPA/Jean-Francois Badias

Der Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli, ist im Alter von 65 Jahren in einem italienischen Spital gestorben. Der sozialdemokratische Politiker wurde dort wegen einer Störung des Immunsystems behandelt.

Die Nachricht kam mitten in der Nacht: Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, ist tot. Er sei am Dienstag um 1.15 Uhr im Centro di Riferimento Oncologico in Aviano, einer Klinik in der nordostitalienischen Region Friaul-Julisch Venetien, gestorben, sagte EU-Parlamentssprecher Roberto Cuillo der Deutschen Presse-Agentur. Der gebürtige Florentiner wurde 65 Jahre alt.

Am frühen Morgen drückten die ersten Politiker ihr Beileid aus. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat bestürzt auf den Tod des Präsidenten des Europaparlaments, David Sassoli, reagiert. «Ich bin zutiefst betrübt über den schrecklichen Verlust eines grossen Europäers und stolzen Italieners», schrieb die deutsche Politikerin am Dienstag auf Twitter.

EU-Ratschef Charles Michel hat den gestorbenen Präsidenten des Europaparlaments, David Sassoli, als «aufrichtigen und leidenschaftlichen Europäer» gewürdigt. Seine menschliche Wärme, seine Grosszügigkeit, seine Herzlichkeit und sein Lächeln würden bereits vermisst, schrieb Michel am Dienstag auf Twitter.

EU-Klimakommissar Frans Timmermans sprach der Familie des Italieners sein Beileid aus. «Seine Herzlichkeit war eine Inspiration für alle, die ihn kannten. Mein aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Lieben», schrieb der Niederländer am Dienstagmorgen auf Twitter. «Mir fehlen die Worte.»

«Ciao David, lebenslanger Freund», schrieb Italiens Kulturminister Dario Franceschini auf Twitter.

Sassoli war bereits länger im Spital, wie am Montag bekannt wurde. Ein Sprecher des EU-Parlaments in Brüssel hatte erklärt, Sassoli sei in einer Klinik in seinem Heimatland untergebracht und werde dort behandelt. Der Aufenthalt sei «wegen einer schweren Komplikation aufgrund einer Funktionsstörung des Immunsystems» erforderlich geworden.  Der Parlamentspräsident befand sich nach den Angaben des EU-Parlaments bereits seit dem 26. Dezember in Behandlung. Alle seine Termine wurden damals abgesagt.

Wegen Lungenentzündung im Spital

Im Oktober verpasste Sassoli bereits eine Tagung des Parlaments, weil er Fieber hatte. Zuvor wurde er wegen einer Lungenentzündung im Spital behandelt. Das Spital Centro di Riferimento Oncologico in Aviano machte auf Nachfrage am Dienstagmorgen keine Angaben. Sprecher Cuillo erklärte auf Twitter weiter, Zeit und Ort der Beerdigung würden in den kommenden Stunden bekanntgegeben.

Über sein privates Twitter-Konto hatte Sassoli noch am Montagvormittag zum Tod der italienischen Journalistin Silvia Tortora kondoliert. Am 31. Dezember lobte er die Worte des italienischen Staatsoberhauptes, Sergio Mattarella, aus dessen Neujahrsansprache.

Sassoli gehörte der sozialdemokratischen Partei Partito Democratico (PD) an. Er war seit Juli 2019 Präsident des Europäischen Parlaments gewesen. Der Sozialdemokrat löste seinen Landsmann Antonio Tajani von der konservativen Forza Italia ab. Zuvor hatte er von 2014 bis 2019 den Posten des Vizepräsidenten in der EU-Institution und hatte damit noch rund drei Jahre (2014 bis 2017) als Vertreter des damalige Europaparlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) gearbeitet.

Ehemaliger Journalist und Kritiker der Migrationspolitik

Vor seiner politischen Karriere arbeitete Sassoli als Journalist. Der Werdegang des studierten Politikwissenschaftlers startete zunächst bei kleineren Tageszeitungen. 1985 schaffte er es in die Redaktion der römischen Zeitung «Il Giorno» (Der Tag). Später landete er schliesslich im Fernsehen und moderierte sogar die Hauptnachrichtensendung TG1 des öffentlich-rechtlichen Senders Rai 1.

Sassoli galt unter anderem als Kritiker der Migrationspolitik vieler Mitgliedsstaaten. Immer wieder setzte er sich für die Belange von Menschen auf der Flucht ein. In Italien ist Migration besonders zwischen linken und rechten Parteien ein Streitthema, da in dem Mittelmeerland sehr viele Migranten auf ihrer Flucht in Booten ankommen, um in die EU zu gelangen. Er galt zudem als progressiver Katholik.

Nach Angaben seiner Partei war er schon als Jugendlicher bei den Pfadfindern und hatte sich in katholischen Jugendgruppen engagiert.