Havarie im Suezkanal Experten wollen Schiff mit Hilfe der Flut befreien

dpa

27.3.2021 - 11:50

Seit Dienstag steckt die «Ever Given» im Suezkanal fest.
Seit Dienstag steckt die «Ever Given» im Suezkanal fest.
Bild: Keystone

Seit fünf Tagen blockiert der 400 Meter lange Frachter «Ever Given» den Suezkanal. Spezialisten hoffen jetzt auf Hilfe der Naturgewalten.

Spezialisten setzen bei den Arbeiten an dem im Suezkanal havarierten Frachter «Ever Given» auf die Hilfe der Gezeiten. Am Samstag sollten mindestens zwei neue Anläufe unternommen werden, das querstehende Schiff wieder flott zu bekommen, teilte die ägyptische Kanalbehörde mit. Dabei setze man auf eine Kombination aus schweren Schleppern, Saugbaggern und der Springflut, sagte der Chef der niederländischen Bergungsfirma Boskalis, Peter Berdowski. Die Flut werde am Samstag wegen des bevorstehenden Vollmonds bis zu 50 Zentimeter höher sein als normal.

Das knapp 400 Meter lange und 59 Meter breite Containerschiff war am Dienstag rund sechs Kilometer von der südlichen Zufahrt zum Kanal entfernt auf Grund gelaufen. Etwa 280 Schiffe warteten am Samstag bereits auf beiden Seiten auf eine Durchfahrt. Nach einer Analyse von Schiffsdaten durch den Datendienstleister Refinitiv waren mehr als 100 weitere auf dem Weg dorthin. Andere nahmen bereits den Umweg um den afrikanischen Kontinent in Kauf.

Müssen die Container abgeladen werden?

Reedereichef Yukito Higaki sagte am Freitagabend, es seien mindestens zehn Schlepper im Einsatz. Am Ufer und am Grund des Kanals werde zudem nahe dem Schiffsbug Sand abgegraben. Man hoffe, dass die «Ever Given» freikomme, wenn das Wasser nach der Flut wieder sinke. Sollte das nicht funktionieren, müsse man Container abladen, damit sie leichter wird.



Berdowski sagte, die «Ever Gven» habe sich mit dem Bug im lehmigen Sand des Ufers verkeilt. Das Heck stecke dagegen nicht völlig fest. «Das ist positiv, weil Sie das hintere Ende benutzen können, um es freizuziehen», erklärte er in der niederländischen Fernsehsendung Nieuwsuur. Zwei zusätzliche grosse Schlepper seien auf dem Weg in den Kanal. «Wir hoffen, dass die Kombination aus den Schleppern, die wir dort haben werden, mehr weggebaggertem Grund und der Flut ausreichen wird, um das Schiff irgendwann Anfang nächster Woche freizubekommen», sagte Berdowski.

Falls das nicht reiche, müssten Hunderte Container abgeladen werden, fügt er hinzu. Ein Kran dafür sei bereits unterwegs.

Komplizierte Operation

Das für die Technik auf der «Ever Given» verantwortliche Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement erklärte, nach Fehlversuchen am Freitag wolle man jetzt Ballastwasser aus dem Schiff pumpen, damit es leichter wird.

Der Chef der Kanalbehörde, Osama Rabei, sprach von einer komplizierten technischen Operation, für die mehrere Anläufe nötig seien. Medien wurden nicht in die Nähe des Frachters gelassen. Für Samstag war eine Pressekonferenz in Suez angekündigt.

Der Suezkanal verkürzt die Fahrstrecke für Handelsschiffe zwischen Asien und Europa um mehrere Tausend Kilometer. Durch die künstliche Wasserstrasse zwischen Mittelmeer und Rotem Meer laufen zehn Prozent des Welthandels. Weil das Ende der Havarie noch nicht absehbar war, haben Reedereien begonnen, ihre Frachter um das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas herum fahren zu lassen, wie Satellitenbilder zeigen. Unter ihnen ist auch das Schwesterschiff der «Ever Given», die «Ever Greet».