Coronavirus Ganz Italien wird jetzt zur Sperrzone

Agenturen

9.3.2020 - 23:09

Italien bekommt die Ausbreitung des Coronavirus nicht in den Griff. Immer mehr Menschen sterben. Der Premier zieht nun die Notbremse. Und erklärt ganz Italien zur Sperrzone. Die Botschaft an rund 60 Millionen Einwohner: Bleibt endlich zuhause.

Die italienische Regierung weitet die Sperrungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus auf das ganze Land aus. Rund 60 Millionen Menschen können sich von Dienstag an nicht mehr frei bewegen. Es gebe keine Zeit zu verlieren, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, sagte Premierminister Giuseppe Conte am Montagabend. Internationale Zug- und Flugverbindungen sowie der öffentliche Nahverkehr sollen nicht ausgesetzt werden. Mit Bezug auf das Ausland «ändere sich nichts», sagte Conte.

Dafür bleiben Schulen, Universitäten und Kindergärten im ganzen Land bis mindestens 3. April geschlossen. Auch alle Sportveranstaltungen, eingeschlossen der Spiele der Serie A, werden ausgesetzt. Rund 60 Millionen Menschen sind von den Massnahmen betroffen. «Unsere Gewohnheiten müssen sich ändern, wir müssen alle etwas Aufgeben zum Wohl Italiens», sagte Conte. Die neue Regelung gilt ab Dienstag.

Das Land kämpft gegen eine rapide steigende Zahl von Infizierten und Toten durch die Covid-19-Lungenkrankheit. Mittlerweile haben sich fast 10'000 Menschen angesteckt, mehr als 460 sind gestorben. Die Krankenhäuser in den besonders betroffenen Zonen sind am Limit, Plätze in den Intensivstationen sind knapp.

Am Wochenende hatte die Regierung die Lombardei und andere Gegenden in Norditalien zu Sperrzonen erklärt. Aus ihnen hinaus und in sie hinein darf man nur mit triftigen Gründen – zum Beispiel aus arbeitstechnischen oder gesundheitlichen Gründen, oder wenn man zu seinem Wohnort zurück will. Dazu muss man an Kontrollpunkten eine Selbsterklärung vorlegen. Dies soll nun auch für alle anderen Regionen gelten.



Touristen: Ausreise aus Sperrzonen im Norden

Touristen konnten auch bisher aus den Sperrzonen im Norden ausreisen. Allerdings hatten Fluglinien ihre Verbindungen in den Norden zusammengestrichen oder ganz ausgesetzt. An den Grenzen sollen Einreisende nach Italien kontrolliert werden.

Conte, der sich mit der EU-Kommission auf zusätzliche Defizitflexibilität in der Grössenordnung von umgerechnet knapp 8 Milliarden Franken zur Eingrenzung der negativen Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie auf die italienische Wirtschaft geeinigt hat, will von Brüssel noch mehr Spielraum fordern.

Angesichts der Epidemie hatte das Auswärtige Amt in Berlin schon vorher von Reisen in zahlreiche Gebiete im Norden und in der Mitte Italiens abgeraten. «Beschränken Sie Reisen in und nach Italien derzeit auf das Notwendige», heisst es in den aktuellen Reise- und Sicherheitshinweisen.

Flucht in den Süden

Einer der Gründe der neuen Entscheidung in Rom dürfte auch sein, dass viele Menschen aus den Sperrgebieten im Norden vor Beginn der Kontrollen in den bisher weniger betroffenen Süden geflohen waren. Und auch, dass viele Menschen trotz Anweisung der Regierung dennoch ausgingen, so zum Beispiel viele junge Leute, die sich in Bars dicht an dicht drängten und Ansteckungen förderten.

Nur wenigen Touristen wagen sich am 9. März 2020 in das Kolosseum in Rom.
Nur wenigen Touristen wagen sich am 9. März 2020 in das Kolosseum in Rom.
Bild: Keystone/EPA/Alessandro Di Meo

Veranstaltungen mit vielen Menschen dürfen im ganzen Land nicht mehr stattfinden. «Es wird keine roten Zonen mehr geben (...). Es wird eine einzige Schutzzone Italien geben», sagte Conte.

Oppositionspolitiker und Regionalpräsidenten erklärten jedoch, die Massnahmen seien immer noch nicht scharf genug. Auch gab es Kritik, dass es nur eine Selbstauskunft zu notwendigen Reisen gibt. Conte betonte erneut, wer falsche Angaben mache, begehe eine Straftat.

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