Nach Entrüstungssturm Aborigines-Heiligtum gesprengt: Chef von Bergbaukonzern geht

SDA/tjb

11.9.2020

Demonstranten versammeln sich Anfang Juni vor der Geschäftsstelle von Rio Tinto in Perth, nachdem der Bergbaukonzern zwei heilige Stätten der Aborigines hatte sprengen lassen.
Demonstranten versammeln sich Anfang Juni vor der Geschäftsstelle von Rio Tinto in Perth, nachdem der Bergbaukonzern zwei heilige Stätten der Aborigines hatte sprengen lassen.
Source: dpa/AAP/Richard Wainwright

Rio Tinto hat im Mai zwei historische Kulturstätten der australischen Ureinwohner gesprengt, um an Eisenerz zu kommen. Nun müssen der Chef des Bergbauunternehmens und zwei Topmanager ihre Posten räumen.

Die Aktion hat im Mai für einen Sturm der Entrüstung gesorgt in Australien: Rio Tinto hat zwei heilige Stätten der Aborigines gesprengt, um Eisenerz abzubauen. Jetzt hat die Kritik Folgen für den Chef und zwei weitere Topkader: Sie treten von ihren Ämtern zurück.

Wie das australisch-britische Unternehmen mitteilte, wird CEO Jean-Sébastien Jacques seinen Posten spätestens im März 2021 räumen, wenn nicht vorher ein Nachfolger gefunden wird. Der Entschluss sei im gegenseitigen Einvernehmen getroffen worden. Die anderen beiden Führungskräfte würden Ende des Jahres gehen.

Rio-Tinto-Chef Jean-Sébastien Jacques nimmt seinen Hut.
Rio-Tinto-Chef Jean-Sébastien Jacques nimmt seinen Hut.
Source: dpa/AAP/Will Russell

Bei der Sprengung wurden zwei bedeutende Stätten der Aborigines in der Juukan-Schlucht zerstört. In den Höhlen in der westaustralischen Region Pilbara hatte ein Archäologe 2014 wichtige Artefakte gefunden, darunter einen 28'000 Jahre alten Känguru-Beinknochen, der in ein spitzes Werkzeug verwandelt worden war, sowie einen 4'000 Jahre alten Gürtel aus menschlichem Haar.

«Tragödie» für den Schutz von Kulturgütern

Das Alter der beiden Stätten war auf 46'000 Jahre geschätzt worden, manche sprachen sogar von 48'000 Jahren. Ihre Zerstörung hatte für Aufruhr gesorgt und zu einer parlamentarischen Untersuchung geführt. Der UNESCO-Vorsitzende für Kulturgüterschutz, Peter Stone, hatte die Sprengung als «Tragödie» und eine der schlimmsten Kulturgüterzerstörungen der jüngeren Geschichte bezeichnet. Stone verglich sie mit der Zerstörung der Buddha-Statuen von Bamiyan durch die Taliban und der syrischen Oasenstadt Palmyra durch den «Islamischen Staat».

«Was in Juukan passiert ist, war falsch», räumte Rio Tinto ein. Der Konzern werde sicherstellen, dass die Zerstörung eines Kulturerbes von derart aussergewöhnlicher archäologischer und kultureller Bedeutung seitens des Unternehmens nie wieder vorkomme. Im August hatte der Vorstand nach den Protesten bereits die Boni der drei Spitzenmanager gekürzt.

Der Chef des Rates für Rechtsansprüche der Aborigines (NNTC), Jamie Lowe, begrüsste die Entscheidung. Damit zeige der Rio-Tinto-Vorstand, dass er bereit sei, «den entscheidenden ersten Schritt in Richtung Rechenschaftspflicht zu tun». Die Kürzung der Prämien sei keine ausreichende Massnahme gewesen. Der Rücktritt der Topmanager sende hingegen «eine starke Botschaft an den gesamten Bergbausektor».

Der australische Staat ist für Rio Tinto wegen des Eisenerzvorkommens enorm wichtig. Im ersten Halbjahr steuerte das Eisenerzgeschäft mehr als 90 Prozent zum Gewinn des Unternehmens bei. Das Unternehmen wurde 1873 gegründet und ist eines der grössten Bergbauunternehmen der Welt. Neben Eisenerz fördert Rio Tinto unter anderem auch Aluminium, Gold, Kupfer und Diamanten.

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