«Anti-wissenschaftlich» Erhitzte Gemüter in Italien nach Verbot von Laborfleisch

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18.11.2023 - 18:05

 Italien verbietet die Herstellung und den Verkauf von Laborfleisch.
 Italien verbietet die Herstellung und den Verkauf von Laborfleisch.
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Von künstlichem Fleisch aus dem Labor versprechen sich viele weniger Tierleid und eine bessere Ökobilanz. Italiens Rechtsregierung geht nun dagegen vor und beschliesst ein Verbot. Dabei gab es dort bisher gar kein Laborfleisch.

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  • Nach dem Verbot von Laborfleisch ist in Italien eine hitzige Debatte entbrannt.
  • Das Verbot ist eines der Vorzeigeprojekte der Rechtsregierung, dabei sind entsprechende Produkte noch gar nicht auf dem Markt.
  • Der Parlamentsabgeordnete von der Partei Più Europa, Riccardo Magi, bezeichnete den Schritt als «anti-wissenschaftlich und anti-europäisch, aber auch verfassungswidrig».
  • Mehrere Tierschutzverbände nannten die Entscheidung zudem ein «ideologisches Verbot».

Mit dem Verbot von Laborfleisch sagt Italien einem Produkt den Kampf an, das es dort bisher gar nicht gab. Die beiden italienischen Parlamentskammern verabschiedeten einen entsprechenden Gesetzentwurf nach monatelangen Diskussionen. Am Freitag hat sich die Debatte um das Verbot der Herstellung und des Verkaufs von im Labor kultiviertem Fleisch zugespitzt. Opposition und Experten kritisieren das neue Gesetz scharf. Es ist eines der Vorzeigeprojekte der Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Die Abgeordnetenkammer in Rom verabschiedete am Donnerstag einen entsprechenden Gesetzentwurf, der zuvor bereits vom Senat angenommen worden war. Das neue Gesetz sieht neben den Regelungen zu Laborfleisch auch vor, dass alltagsnahe Begriffe für pflanzliche Alternativprodukte nicht verwendet werden dürfen, wie zum Beispiel Veggie-Wurst. Verstösse sollen dem Gesetz zufolge mit Geldstrafen von bis zu 60'000 Euro (rund 58'000 Franken) sowie der Beschlagnahme von Ware geahndet werden.

Aus Stammzellen wird Muskelgewebe

Für die Herstellung von Fleisch im Labor werden lebenden Tieren Stammzellen entnommen, die in einer Kulturflüssigkeit aus Fetten, Aminosäuren, Vitaminen, Mineralien und Zucker landen. Dort vermehren sie sich und wachsen zu Muskelgewebe heran. Für Fleisch aus dem Labor sprechen laut Befürwortern der Umweltschutz und Tierwohlgedanke: Keine Tiere müssten im grossen Stil getötet werden. Ausserdem wäre die Herstellung von synthetischem Fleisch eine klimafreundlichere Alternative zur Massentierhaltung.

In Italien wird die Kritik an der Entscheidung der Regierung Melonis immer lauter. Oppositionspolitiker bezweifeln insbesondere die Verfassungsmässigkeit des Gesetzes. Der Parlamentsabgeordnete von der Partei Più Europa, Riccardo Magi, bezeichnete den Schritt als «anti-wissenschaftlich und anti-europäisch, aber auch verfassungswidrig». Mehrere Tierschutzverbände nannten die Entscheidung zudem ein «ideologisches Verbot».

In der Rechtsregierung wurde das neue Gesetz gefeiert. Es gehe bei dem Verbot vor allem um den Schutz der italienischen Tradition, Küche und deren Produkte sowie die Verteidigung von Italiens Kultur. In Rom wird immer wieder die Bedeutung der «echten italienischen Küche» und von «Made in Italy»-Produkten betont. Auch die Agrarvereinigung Coldiretti begrüsste Teile des Gesetzes.

Konflikt mit der EU?

Für Kritiker des Gesetzes handelt es sich vielmehr um eine Scheindebatte. Die Regierung könne die Vermarktung eines Produkts nicht verbieten, das es noch nie vorher gab und für das noch gar keine Zulassung beantragt worden sei, sagte etwa die Südtiroler Senatorin Julia Unterberger von der SVP.

Auch auf dem europäischen Markt gibt es noch kein zugelassenes Fleisch, das im Labor kultiviert wurde. Eine Zulassung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist langwierig und unterliegt strengen Massgaben. Ausserdem könnte das Gesetz irgendwann gegen europäische Richtlinien verstossen, sollte auf dem EU-Markt Laborfleisch einmal zugelassen werden, argumentieren Kritiker. Italien drohe deswegen ein Konflikt mit der Europäischen Union, da das Gesetz dann möglicherweise den europäischen Binnenmarkt beschränken würde.