«Illegales Verhalten» Arzt in Wuhan wegen Viruswarnung im Polizeifokus

Philipp Dahm

3.2.2020

Dr. Li Wenliang warnte als einer der Ersten vor dem neuen Coronavirus. Der Augenarzt hat sich nicht nur selber angesteckt, sondern musste auch der Polizei versprechen, keine «Gerüchte» mehr zu verbreiten.

Es ist der 30. Dezember 2019, als Dr. Li Wenliang sich entschliesst, jemanden zu warnen. Der Augenarzt glaubt, dass sich sieben seiner Patienten mit einer neuen Form des Sars-Virus angesteckt haben. Aber an wen soll er sich nun wenden? 

Dr. Li entscheidet sich für seine Kollegen aus dem Medizinstudium und schreibt ihnen auf WeChat, wie der 34-Jährige bei «Weibo» rekonstruiert. «Das ist so beängstigend», antwortet einer der Chatteilnehmer.

Dem Staat entgeht diese Aktion nicht: Nur einen Tag später wird Li mitten in der Nacht zur Gesundheitsbehörde von Wuhan zitiert, die wissen will, warum er derlei Unwahrheiten verbreite – dabei ist der 31. Dezember auch der Tag, an dem die Existenz des  Virus erstmals offiziell bestätigt wurde.

Dr. Li Wenliang entdeckte als einer der Ersten das Coronavirus.
Dr. Li Wenliang entdeckte als einer der Ersten das Coronavirus.
Bild: Li Wenliang

Zu allem Überfluss bekommt der Arzt am 3. Januar auch noch einen Brief von der Polizei, die sein «illegales Verhalten» rügt, wie die «New York Times» schreibt. Li habe «unwahre Behauptungen» verbreitet und damit die «soziale Ordnung ernsthaft gefährdet». Geschehe das noch einmal, komme er vor Gericht, so die Warnung.

Der Augenarzt nimmt nach dieser Abfuhr seine normale Arbeit wieder auf und behandelt am 10. Januar eine Frau, die mit ihrem Mann gekommen ist, um ihren Grauen Star behandeln zu lassen. Was keiner weiss: Das Paar hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Auch Dr. Li beginnt bald zu husten und wird krank.

Der Doktor landet selbst auf der Intensivstation, ist aber wieder auf dem Weg der Genesung. Das Verhalten der Polizei wurde mittlerweile von einem Gericht kritisiert, doch es scheint, als habe China zunächst mit alten Reflexen reagiert, als der Whistleblower vor der Epidemie warnen sollte: mit Leugnung und Repression.

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