Sanktionen umgangen In iranischen Drohnen steckt auch Schweizer Technik

tgab

6.1.2023

Die russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine hinterlassen grosse Schäden und verletzen viele Menschen. (Archiv)
Die russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine hinterlassen grosse Schäden und verletzen viele Menschen. (Archiv)
Leo Correa/Keystone

Eine einzelne über der Ukraine abgeschossene Shahed-136-Angriffsdrohne aus iranischer Produktion enthält Teile von mehr als einem Dutzend westlicher Unternehmen – darunter auch eines aus der Schweiz.

tgab

6.1.2023

Einer Bewertung des ukrainischen Geheimdienstes zufolge wurden in einer einzigen iranischen Shahed-136-Drohne 52 Komponenten von westlichen Unternehmen gefunden. Die Drohne wurde im vergangenen Herbst während eines russischen Angriffs in der Ukraine abgeschossen und ist untersucht worden. Russland hat in den letzten Wochen Hunderte Kampfdrohnen aus iranischer Produktion in die Ukraine geschickt.

Der Bericht des ukrainischen Geheimdienstes ist ein weiterer Beweis dafür, dass der Iran trotz Sanktionen immer noch eine Fülle von kommerziell erhältlicher Technik auf dem Weltmarkt einkaufen kann.

Komponenten von Schweizer Unternehmen gefunden

Der US-Fernsehsender CNN berichtet, das Weisse Haus habe eine Taskforce eingerichtet, um zu recherchieren, wie in den USA und im Westen hergestellte Technologie – von kleineren Geräten wie Halbleitern und GPS-Modulen bis hin zu grösseren Teilen wie Motoren – in iranische Drohnen gelangt sein könne. So stehe das Unternehmen, das die abgestürzte Drohne gebaut habe, die Iran Aircraft Manufacturing Industries Corporation (HESA), seit 2008 unter US-Sanktionen.

Von den 52 Komponenten, die die Ukrainer aus der iranischen Shahed-136-Drohne entfernt haben, seien 40 der Bewertung zufolge von 13 verschiedenen amerikanischen Unternehmen hergestellt worden. Die restlichen 12 Komponenten stammten von Unternehmen in Kanada, Japan, Taiwan, China – und dem Schweizer Halbleiterhersteller U-blox.

Das Unternehmen sagte in einer Erklärung zu CNN, dass seine Produkte nur für den kommerziellen Gebrauch bestimmt seien und dass die Verwendung seiner Produkte für russische Militärausrüstung «einen klaren Verstoss gegen die Verkaufsbedingungen von U-blox darstellt, die für Kunden und Händler gleichermassen gelten.»

Wege kommerzieller Produkte schwer zu verfolgen

Die USA haben schon vor Jahren Exportbeschränkungen und Sanktionen verhängt, um den Iran daran zu hindern, hochwertige Technologie zu erhalten. Jetzt prüfen US-Beamte eine verstärkte Durchsetzung dieser Sanktionen, fordern die betroffenen Unternehmen auf, die Lieferketten besser zu überwachen, und versuchen die Dritthändler zu identifizieren, die diese Produkte an sanktionierte Akteure weiterverkauften, so der US-Sender.

Es gäbe allerdings keine Hinweise darauf, dass eines dieser Unternehmen gegen US-Sanktionsgesetze verstossen und wissentlich seine Technologie exportiert hätte, um sie in den Drohnen zu verbauen. Für Hersteller sei es oft sehr schwierig zu kontrollieren, wo kommerzielle Komponenten auf dem Weltmarkt landen, sagten Experten gegenüber CNN.

Briefkastenfirmen umgehen Sanktionen

Ein grosses Problem sehen Experten darin, dass es für Russen und Iraner viel einfacher sei, Briefkastenfirmen zu gründen, um Ausrüstung zu kaufen und Sanktionen zu umgehen, als es für westliche Regierungen sei, diese Scheinfirmen aufzudecken. Die US-Regierung müsse auch mehr Ressourcen aufwenden und mehr Mitarbeiter vor Ort einstellen, wenn sie die Durchsetzung der Sanktionen verstärken will, so die Experten weiter.

Der ehemalige Pentagon-Beamte Gregory Allen weist darauf hin, dass die Mikroelektronikindustrie stark von Dritthändlern und Wiederverkäufern abhängig sei. Zudem seien die Mikrochips, die in so vielen iranischen und russischen Drohnen landen, nicht nur weit verbreitete kommerzielle Komponenten, sie liessen sich auch leicht verstecken.

Der Druck, den Iran an der Herstellung von Kampfdrohnen zu hindern, wird immer grösser, da Russland mit ihnen weiterhin sowohl zivile Gebiete als auch wichtige Infrastrukturen in der Ukraine angreift. Laut US-Beamten bereite Russland überdies die Errichtung einer eigenen Fabrik vor, um sie mit iranischer Hilfe herzustellen, berichtet CNN weiter. Selenskyj bestätigt, die Ukraine habe Informationen, dass Russland eine längere Angriffsperiode mit iranischen Shahed-Drohnen plane.