Ein Jahr nach dem Anschlag in Manchster Jeden Tag schwer ums Herz: Ein Jahr nach dem Manchester-Anschlag

Silvia Koch und Christoph Meyer, dpa

21.5.2018

Nach dem Anschlag auf das Ariane-Grande-Konzert in Manchester lagen sich Überlebende weinend in den Armen.
Nach dem Anschlag auf das Ariane-Grande-Konzert in Manchester lagen sich Überlebende weinend in den Armen.
Bild: KEYSTONE

Ein Jahr nach dem Anschlag in Manchester mit 23 Toten ist die Fassungslosigkeit noch immer gross. Es gibt aber auch bohrende Fragen zum Einsatz der Rettungskräfte und nach der Ausstattung der Polizei.

«Warum?» Diese einfache Frage steht auf einer Tafel an einem kleinen Erinnerungsort im Victoria Bahnhof in Manchester. Der Anschlag am 22. Mai 2017 in der nahen Manchester Arena auf die Besucher eines Konzerts des Teenie-Stars Ariana Grande macht auch heute noch viele Menschen fassungslos.

Insgesamt 23 Menschen starben und Hunderte wurden verletzt oder traumatisiert, als der Attentäter seine selbstgebaute Bombe zündete.

Viele der Opfer waren Jugendliche, das jüngste wurde gerade einmal acht Jahre alt. Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich. Der Attentäter Salman Abedi war ein Brite libyscher Herkunft. Das Warum kann er nicht mehr beantworten. Auch er starb bei dem Anschlag.

Grande bezeichnet den Anschlag als das «absolut Schlimmste» was Menschen hervorbringen könnten. «Ich denke, das ist der Grund, weshalb mir noch immer jeden einzelnen Tag schwer ums Herz ist», sagt sie dem «Time»-Magazin.

Quälende Fragen

Zum Jahrestag des Anschlags von Manchester am Dienstag soll eine landesweite Schweigeminute abgehalten werden. Premierministerin Theresa May und Prinz William nehmen an einem Gedenkgottesdienst in der Kathedrale von Manchester teil.

Die Regierungschefin muss sich quälenden Fragen stellen. Hätte der Anschlag verhindert werden können, wenn die Polizei besser aufgestellt gewesen wäre? Salman Abedi war kein Unbekannter. May war als Innenministerin verantwortlich für beispiellose Einsparungen bei der Polizei.

Kritik gab es auch an der Feuerwehr. Sie war erst zwei Stunden nach dem Anschlag in der Manchester-Arena vor Ort. Die Verantwortlichen befürchteten, weitere Attentäter könnten sich in der Konzerthalle aufhalten. Spezialisierte Einsatzteams kamen nie zum Einsatz. Stattdessen wurden Opfer von Arena-Mitarbeitern auf Werbetafeln transportiert. Hotlines für Betroffene, die der Mobilfunkbetreiber Vodafone einrichten sollte, waren nicht erreichbar.

Unerträgliche Stille

Fragt man die Menschen auf den Strassen von Manchester, erinnern sich viele an eine unerträgliche Stille und Leere der normalerweise so belebten Stadt. Diese Stille wurde nur durch das Gefühl der Zusammengehörigkeit übertroffen, das man am zweiten Tag nach dem Attentat zu spüren bekam. Diese Atmosphäre beschreiben die meisten als überwältigend.

Die Menschenmengen, die anstanden um Blut zu spenden, sind genauso im Gedächtnis geblieben wie diejenigen, die über soziale Netzwerke gestrandeten Konzertbesuchern ihre Gästezimmer anboten. Unvergessen auch das Gemeinschaftsgefühl bei einem Benefizkonzert für die Betroffenen knapp zwei Wochen nach dem Anschlag. Stars wie Robbie Williams, Justin Bieber und Miley Cyrus und Oasis-Sänger Liam Gallagher traten auf.

«Wenn so etwas in deiner Heimatstadt passiert, willst du das einfach nicht wahrhaben», erzählt eine Studentin. Jeder verarbeitet die Ereignisse anders und auch die Eindrücke gehen auseinander. Die meisten empfinden es so, dass die Stadt sehr langsam zur Normalität zurückkehrt. Touristen blieben während des vergangenen Jahres der Stadt eher fern.

«There is a light»

Grossbritannien war im vergangenen Jahr das Ziel von fünf Terroranschlägen. Insgesamt kamen dabei 36 Menschen ums Leben. Doch obwohl die britischen Sicherheitsbehörden zu den besten der Welt zählen, können sie nicht garantieren, dass es nicht wieder zu einem Blutbad kommt.

Seit dem vergangenen Jahr seien in Grossbritannien zwölf Anschläge vereitelt worden, sagte der Chef des britischen Inlandgeheimdiensts MI5, Andrew Parker, vor kurzem bei einer Veranstaltung in Berlin. Doch er warnt vor weiteren Angriffen. Der IS plane weitere «vernichtende» und «komplexere» Attentate.

Die Menschen in Manchester lassen sich von der Angst vor dem Terror nicht unterkriegen. Am Abend des Jahrestags werden Tausende Mitglieder örtlicher Chöre zu einem Konzert unter dem Titel «Manchester together - There is a light» (Manchester vereint - es gibt ein Licht) auf dem Albert Square in der Stadt erwartet.

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