Krise in VenezuelaJuan Guaidó – vom Hinterbänkler zum wichtigsten Gegener Maduros
AP/tjb
24.1.2019
Juan Guaidó hat sich in Venezuela zum Präsidenten ernannt und erhält seither kräftigen Rückenwind. Doch noch vor wenigen Wochen kannte kaum jemand den 35-Jährigen.
Der venezolanische Parlamentspräsident Juan Guaidó hat in den vergangenen Wochen einen sagenhaften Aufstieg vom politischen Hinterbänkler zum selbst ernannten Interimspräsidenten des Landes hingelegt. Das sei nicht ohne Risiko, so die Selbsteinschätzung Guaidós. Direkt nach seiner symbolischen Vereidigung zum Übergangsstaatschef begab er sich daher an einen geheimen Ort. Erst in der vergangenen Woche war Guaidó kurzzeitig von Geheimagenten festgenommen worden.
Mächtige Unterstützung
Als Guaidó Anfang Januar zum Präsidenten der oppositionsgeführten Nationalversammlung wurde, war der 35-Jährige für die meisten Venezolaner ein Unbekannter. Seine Ernennung hatte zu Spannungen mit Präsident Nicolás Maduro geführt, der das Parlament de facto entmachtet hatte und von seinen Gegnern im eigenen Land sowie im Ausland zunehmend als Diktator wahrgenommen wird.
Der venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó will die Machtfrage in dem krisengeschüttelten südamerikanischen Staat endgültig klären – auch mit Hilfe des Militärs.
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Am Dienstag kam es zu schweren Auseinandersetzungen. Gegner von Venezuelas Präsident Maduro stehen Truppen der Nationalgarde gegenüber bei einem Aufstand nahe des Luftwaffenstützpunktes La Carlota.
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Ein Demonstrant geht vor einem Bus, der von Gegnern des venezolanischen Präsidenten Maduro bei Zusammenstössen mit der Streitkräfte in Brand gesteckt worden ist.
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Soldaten und Zivilisten gehen in Deckung bei einem Einsatz um die Pkws, in denen der selbst ernannter Interimspräsident Guaido nahe des Luftwaffenstützpunktes La Carlota gefahren wird.
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Der Juan Guaidó hat die Rückendeckung der meisten Staaten Europas.
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Nach Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez haben auch Frankreich, Grossbritannien, Österreich und Schweden am 4. Februar mitgeteilt, dass sie den venezolanischen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó künftig als legitimen Interimspräsidenten betrachten.
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Ein Graffiti in Venezuelas Hauptstadt kündigt auf Spanisch von «Hunger».
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Der Machtkampf in Venezuela ist noch nicht entschieden. Hier sind in der Hauptstadt Caracas Demonstranten zu sehen, die sich für den Guaidó stark machen.
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Aber noch sitzt der umstrittene Staatschef Nicólas Maduro an den Hebeln der Macht und lehnt vorgezogene Neuwahlen ab.
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Das Europaparlament ist in der Diskussion um den Umgang mit der Lage in Venezuela inzwischen vorgeprescht.
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Die Abgeordneten beschlossen am 31. Januar in Brüssel mit grosser Mehrheit, Guaidó als rechtmäßigen Interimspräsidenten des südamerikanischen Landes anzuerkennen.
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Staatschef Maduro (Mitte) schimpft am 23. Januar 2019 gegen die USA und bricht die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten ab.
Der venezolanische Oppositionspolitiker und Parlamentspräsident Juan Guaidó hat sich an diesem Tag zum Übergangspräsidenten Venezuelas erklärt.
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In Caracas kommt es am selben Tag zu Zusammenstössen von Demonstranten mit mit Sicherheitskräften. Die Proteste richten sich gegen Maduro.
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In Venezuela hat sich am 23. Januar 2019 die politische Krise um die Regierung verschärft.
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Zehntausende gehen gegen die sozialistische Regierung auf die Strasse.
«Hier ergibt sich niemand. Venezuela hat das Recht, sich selbst souverän zu regieren», sagte Staatschef Maduro bei einer Rede vor Anhängern.
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Nach Angaben der Beobachtungsstelle für soziale Konflikte kamen 13 Menschen bei Zusammenstössen ums Leben.
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Mindestens 109 Demonstranten wurden festgenommen, wie die Nichtregierungsorganisation Foro Penal mitteilte.
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Die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Vermummte Demonstranten schleuderten Steine auf die Sicherheitskräfte.
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Venezuela mit seinen rund 30 Millionen Einwohnern steckt seit langem in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise.
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Am Mittwoch hatte Guaidó sich nach massiven Protesten gegen die Regierung schliesslich vor seinen jubelnden Unterstützern zum Übergangsstaatschef erklärt. Die USA, Kanada und mehrere lateinamerikanische Staaten erkannten ihn als Interimspräsidenten an. Auch die Organisation Amerikanischer Staaten kündigte Unterstützung an. Der bisherige Präsident Maduro reklamierte das Amt aber weiterhin für sich. Auf die Anerkennung Guaidós durch die USA regierte er verärgert. Er forderte Washington auf, alle US-Diplomaten im Land binnen 72 Stunden abzuziehen – doch die USA will dem nicht nachkommen.
Geplant wird bei Spaziergängen
Als Schlüssel zu Guaidós Erfolg gilt neben seinem guten Timing vor allem die Unterstützung von Venezuelas populärstem Oppositionspolitiker Leopoldo López. Dieser steht derzeit unter Hausarrest, spielt aber hinter den Kulissen eine wichtige Rolle in der Opposition. Guaidó gilt als treuer Gefolgsmann von Lopez und steht bereits seit der Ankündigung einer Anti-Maduro-Strategie des Politikers 2014 an dessen Seite. Damals hatte diese Ankündigung die Opposition noch gespalten. Einem politischen Mitstreiter zufolge sollen die beiden Politiker mehrmals täglich miteinander spazieren gehen. Jeder Schritt und jede Rede Guaidós seien mit López abgesprochen.
Die zunehmende Verzweiflung vieler Venezolaner und der Wunsch nach einer neuen Führung spielen Guaidó in die Hände. In der einst wohlhabenden Öl-Nation führten die sprunghaft angestiegene Inflation und der Mangel an Dingen des täglichen Lebens zuletzt zu einer Massenflucht aus dem Land.
Guaidó ist ein Überlebender
Der Ingenieur Guaidó ist an Entbehrungen und Not gewöhnt. Als er 15 Jahre alt war, überlebte seine Familie einen verheerenden Erdrutsch nahe der Hauptstadt Caracas. Tausende Menschen starben, viele weitere verloren ihre Häuser. «Wir sind Überlebende», sagte er jüngst in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Auch habe er keine Angst, sollte ihn dasselbe Schicksal ereilen, das viele seiner Parteikollegen zuvor erlebten. Wenn er gefangen genommen werde, werde jemand anderes an seine Stelle treten, denn seine Generation gebe nicht auf.
Kritiker werden dem 35-jährigen Familienvater vor, ihm fehle eine politische Vision. Sie verweisen auf seine weitschweifende Antrittsrede als Präsident der Nationalversammlung, in der er gegen Maduro wetterte, aber keine konkreten Vorschläge für einen Weg aus der Misere präsentierte. Andere bewerten seine Jugendlichkeit und seine relative Unerfahrenheit positiver: Er bringe frischen Wind in die Opposition.
Unterstützung vom Volk
Mit seiner Eigenernennung zum Übergangschef Venezuelas erregte Guaidó nun internationale Aufmerksamkeit. US-Präsident Donald Trump erklärte, die USA würden ihre ganze wirtschaftliche und diplomatische Macht einsetzen, um die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela zu fördern.
Die Verfassung erlaube ihm eine Interimspräsidentschaft und gebe ihm das Recht, Wahlen auszurufen, sagte Guaidó vergangene Woche. Er brauche aber die Unterstützung des Volkes. Ein Teil des Volkes regierte auf Guaidós Aufruf. Am Mittwoch versammelten sich Zehntausende auf den Strassen von Caracas. «Raus, Maduro», riefen sie bei der grössten Demonstration seit 2017. Obwohl die Proteste grösstenteils friedlich waren, gingen die Sicherheitskräfte hart gegen die Demonstranten vor. Guaidós Aufruf, sich den Protestierenden anzuschliessen, folgten sie nicht.
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