Unübersichtliche Lage Kasachstan meldet mehr als 4400 Festnahmen

dpa

8.1.2022 - 10:02

Spuren der Gewalt: Ein ausgebranntes Auto vor dem städtischen Regierungssitz in der kasachischen Metropole Almaty.
Spuren der Gewalt: Ein ausgebranntes Auto vor dem städtischen Regierungssitz in der kasachischen Metropole Almaty.
Bild: AP

Kasachstan wird weiterhin von Unruhen erschüttert, Augenzeugen berichteten von Explosionen. Derweil lässt der einflussreiche Ex-Machthaber das Volk wissen, dass er weiterhin im Land verbleibe. 

8.1.2022 - 10:02

Bei den seit Tagen andauernden Unruhen in Kasachstan sind nach staatlichen Angaben mehr als 4400 Menschen festgenommen worden. Das berichtete das Staatsfernsehen am Samstag unter Berufung auf das Innenministerium des zentralasiatischen Landes.

Der Präsident der autoritär geführten Republik, Kassym-Schomart Tokajew, ordnete einen Tag Staatstrauer an. Am Montag solle «der vielen Opfer der tragischen Ereignisse in einigen Landesteilen» gedacht werden.

Die Behörden zählten ausserdem mehr als 40 Tote, darunter auch Sicherheitskräfte. Befürchtet wird jedoch, dass die Zahl – vor allem der zivilen Todesopfer – höher sein könnte: Bereits seit Tagen wird Militär gegen Demonstranten eingesetzt, und Präsident Tokajew hat den Schiessbefehl erteilt.

In der Millionenstadt Almaty, die von den Unruhen besonders erschüttert wurde, sollen die so genannten Anti-Terror-Einsätze weiterhin laufen, hiess es in unabhängigen kasachischen Nachrichtenkanälen.

Berichte von Schiessereien und Explosionen

Die Lage im Land bleibt unübersichtlich. Das Staatsfernsehen meldete in der Nacht zum Samstag, dass die Sicherheitskräfte in mehreren Städten des zentralasiatischen Landes weiter gegen Demonstranten vorgingen. Diese Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Einsätze konzentrierten sich zuletzt auf die Millionenstadt Almaty, in der es seit Tagen Unruhen gibt.

An mindestens zwei Plätzen der Wirtschaftsmetropole gab es dem Portal Vlast.kz zufolge Schiessereien. Es sei zudem zu Explosionen gekommen. Auch in der Nacht drangen unabhängige Informationen von dort nur spärlich ins Ausland. Das Internet war zumindest zeitweise abgeschaltet. Ausländer werden derzeit nicht in die Ex-Sowjetrepublik gelassen.

Immerhin in einem Punkt wurde offenbar Klarheit geschaffen: Der einflussreicher frühere Langzeit-Machthaber von Kasachstan, Nursultan Nasarbajew, hat seine Heimat trotz der Unruhen nicht verlassen. «Der Führer der Nation hält sich in Kasachstans Hauptstadt Nur-Sultan auf», schrieb sein Sprecher Ajdos Ukibaj am Samstag auf Twitter.



Zuvor hatte es Gerüchte gegeben, der 81-Jährige habe Kasachstan verlassen, nachdem sein Nachfolger, Präsident Kassym-Schomart Tokajew, ihm den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrats entzogen hatte.

Nasarbajew stehe in direktem Kontakt zu Tokajew, schrieb der Sprecher weiter. Der 2019 zurückgetretene Ex-Präsident gilt als der eigentlich starke Mann in der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik.

Präsident rief Russland um Hilfe

Kasachstan wird seit Tagen von den schwersten Ausschreitungen seit Jahren erschüttert. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen schlug in teils gewaltsame Proteste gegen die Staatsführung um. Tokajew entliess die Regierung, verhängte den Ausnahmezustand und setzt Militär gegen Demonstranten ein. Es gab Tote und Verletzte. Zudem bat Tokajew ein von Russland geführtes Militärbündnis um Hilfe.

Sicherheitskräfte haben den Befehl zum Schiessen erhalten. Im Bild: Szene aus Almaty.
Sicherheitskräfte haben den Befehl zum Schiessen erhalten. Im Bild: Szene aus Almaty.
Bild: Keystone

Der kasachische Inlandsgeheimdienst gab am Samstag bekannt, dass sein früherer Chef, Karim Massimow, wegen des Verdachts auf Hochverrat festgenommen wurde. Tokajew hatte Massimow den Posten am Donnerstag entzogen – ebenfalls im Zuge der Proteste. Der Präsident wirft den Sicherheitsorganen vor, nicht im Vorfeld auf angeblich von aussen gesteuerte «Terroristen» aufmerksam geworden zu sein, die nun an den Ausschreitungen beteiligt seien.

In der Millionenstadt Almaty im Südosten, wo die Lage besonders dramatisch und unübersichtlich ist, erhielten unterdessen nihcht dringend benötigte Mitarbeiter des US-Generalkonsulats die Erlaubnis, freiwillig auszureisen, wie das US-Aussenministerium mitteilte.

dpa