Parlamentswahlen  Macron muss um absolute Mehrheit bangen

SDA

12.6.2022 - 06:21

Franzosen wählen neues Parlament – diesmal könnte es spannend werden

Franzosen wählen neues Parlament – diesmal könnte es spannend werden

Die Mehrheit der Franzosen interessiert sich nicht sonderlich für die Parlamentswahl – dabei könnte die Abstimmung spannender werden als gedacht. Nach den jüngsten Umfragen ist es nicht ausgeschlossen, dass Präsident Emmanuel Macron seine bisherig

12.06.2022

In Frankreich geht es schon wieder an die Urnen. Bei der Parlamentswahl geht es darum, dass sich der Präsident eine starke Mehrheit in der Nationalversammlung sichert. Ob das diesmal klappt?

Beim Blick auf Frankreich reibt mancher sich die Augen.

Während Emmanuel Macron bei seiner Wiederwahl zum Präsidenten vor einigen Wochen noch die Konkurrenz der erstarkten Rechtsnationalen Marine Le Pen zu spüren bekam, kommt die Gefahr für den Liberalen bei der ersten Runde der Parlamentswahl an diesem Sonntag von Links.

Am Morgen öffneten die Wahllokale im Land, nachdem in einigen Überseegebieten wegen der Zeitverschiebung bereits am Samstag gewählt worden war.

Erste Runde der Parlamentswahl in Frankreich hat begonnen

Erste Runde der Parlamentswahl in Frankreich hat begonnen

In Frankreich ist die erste Runde der Parlamentswahl angelaufen. Die Wahllokale sind bis 18.00 Uhr geöffnet, in Grossstädten auch bis 20.00 Uhr.

12.06.2022

Jean-Luc Mélenchon vereint Linke unter sich

Dem linken Urgestein Jean-Luc Mélenchon war der Coup gelungen, das zersplitterte linke Lager hinter sich zu vereinen und zum Angriff auf Macron überzugehen. Als gewiefter Redner und Stratege profilierte er sich in einem Wahlkampf, aus dem Macron sich bis kurz vor Schluss heraushielt. Nun muss er um seine absolute Parlamentsmehrheit bangen.

Als Drittplatzierter schied Mélenchon trotz starker 22 Prozent bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl aus, gab sich aber nicht geschlagen. «Wählt mich zum Premierminister», verkündete der 70-Jährige prompt, und erklärte die Parlamentswahl kurzerhand zur dritten Wahlrunde, um über die Machtverhältnisse in Frankreich zu entscheiden. Dabei wird die Parlamentswahl eigentlich als Bestätigung der Präsidentschaftswahl gesehen und liegt bewusst kurz danach.

Will den wiedergewählten französischen Mitte-Präsidenten Macron herausfordern: der linke Langzeitpolitiker Jean-Luc Mélenchon.
Will den wiedergewählten französischen Mitte-Präsidenten Macron herausfordern: der linke Langzeitpolitiker Jean-Luc Mélenchon.
KEYSTONE/AP/Michel Spingler

Die Umfragen sehen das neue Linksbündnis enorm im Aufwind. Erhielte es eine Mehrheit, wäre Macron faktisch gezwungen, einen Premier und eine Regierung dieses Lagers zu ernennen. Und auch bei einer relativen Mehrheit für sein Lager müsste Macron Kompromisse eingehen.

Um wenig Angriffsfläche zu bieten, wartete er lange mit der Ernennung der neuen Regierung und hielt sich, obwohl er sonst um eloquente Reden und Visionen nicht verlegen ist, zu seinen konkreten Plänen bedeckt.

In die Defensive trieben dann das Regierungslager Vergewaltigungsvorwürfe gegen einen neuen Minister, dann folgte das Chaos am Stade France beim Champions League-Endspiel, nach dem der Innenminister patzte. Kein guter Start für Macron.

Wohl so wenige Wählende wie noch nie

Wohl sicher ist, dass Deutschland und Europa weiter mit einem verlässlichen Partner Frankreich rechnen können. An seinem pro-europäischen Kurs und dem Schulterschluss mit Berlin wird Macron wohl keine Abstriche zulassen. Auch wird Frankreich im Ukraine-Konflikt fester Bestandteil der geschlossenen Front des Westens gegen den Aggressor Russland bleiben.

Unterdessen zeichnet sich ein Tiefstand bei der Wahlbeteiligung ab, nur noch 45 bis 49 Prozent der Menschen wollen ihre Stimme abgeben, sagte der Direktor des Umfrageinstituts Ipsos, Brice Teinturier, am Samstag der Zeitung «Le Parisien».

«Für die Franzosen ist die Präsidentschaftswahl die entscheidende Abstimmung», sagte Teinturier. Sie sähen kaum einen Nutzen darin, die Karten bei der Parlamentswahl gleich wieder neu zu mischen. Dennoch könne Macron sich darauf nicht stützen, denn das Vertrauen in die Regierung sei gering. Bei der Absicherung der Kaufkraft – dem Kernthema von Mélenchon – handele sie aus Sicht der Bevölkerung zu langsam, sagte der Ipsos-Chef.

Elisabeth Borne: Wer ist Frankreichs neue Premierministerin?

Elisabeth Borne: Wer ist Frankreichs neue Premierministerin?

In Frankreich ist die bisherige Arbeitsministerin Elisabeth Borne die Nachfolgerin von Premierminister Jean Castex. Mit ihrer Ernennung erhofft sich Präsident Emmanuel Macron frischen Wind für seine Kampagne für die anstehende Parlamentswahl. Sie

17.05.2022