Spanien Madrid setzt katalanische Regierung ab - Neuwahlen am 21. Dezember

SDA

2.11.2017 - 12:40

Nach dem Unabhängigkeitsbeschluss von Katalonien greift die spanische Zentralregierung gegen die Separatisten der Region schnell und hart durch. Ministerpräsident Mariano Rajoy kündigte am Freitagabend die Absetzung der gesamten Regionalregierung an.

Bei einem Treffen des Ministerrats in Madrid seien zudem weitere Zwangsmassnahmen gebilligt worden. Dazu gehörten die sofort in Kraft getretene Auflösung des Parlaments in Barcelona sowie die Ausrufung von Neuwahlen am 21. Dezember, sagte Rajoy. Katalonien soll vorerst von Madrid aus regiert werden.

"Ich habe beschlossen, so schnell wie möglich freie, saubere und rechtmässige Wahlen auszurufen, um die Demokratie wiederherzustellen. Wir wollten nie, dass es soweit kommt", betonte der konservative Regierungschef. In den vergangenen Wochen habe in Katalonien der Unsinn gegen die Vernunft obsiegt.

Minister und Polizeichef abgesetzt

Neben Regionalpräsident Carles Puigdemont und Vize Oriol Junqueras werden unter anderen alle Minister und der Direktor der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, Pere Soler, ihrer Ämter enthoben. Zudem werden alle Botschaften zwangsgeschlossen, die die katalanische Regionalregierung im Laufe des Konflikts im Ausland geöffnet hatte.

Der Senat hatte wenige Stunden vorher mit grosser Mehrheit für eine Zwangsverwaltung der Region und andere Massnahmen gestimmt. Unmittelbar zuvor hatten die Abgeordneten des Regionalparlaments in Barcelona für einen Prozess zur Loslösung von Spanien und zur Gründung eines unabhängigen Staates gestimmt, allerdings ohne einen Zeitplan festzulegen.

Opposition verlässt Saal vor Abstimmung

In Barcelona stimmten für die Annahme der Resolution vor allem die Abgeordneten von Puigdemonts Regierungsbündnis JxSí ("Gemeinsam fürs Ja") sowie der linksradikalen Partei CUP. Das Ergebnis lautete 72 zu 10 bei zwei Enthaltungen. Die meisten Abgeordneten der Opposition hatten nach heftiger Debatte noch vor der Abstimmung den Saal verlassen.

Die Abgeordneten standen nach Bekanntgabe des Abstimmungssieges von ihren Sitzen auf und sangen die katalanische Nationalhymne. Vor dem Parlament versammelten sich nach Medienschätzung mehr als 15'000 Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung. Die Demonstranten blieben bis am Freitagabend auf den Strassen und feierten den Unabhängigkeitsbeschluss.

"Legalität wieder herstellen"

Nur wenige Minuten nach der Abstimmung in Barcelona hatte Rajoy die Katalanen zur Besonnenheit aufgerufen. "Ich bitte alle Spanier um Ruhe. Der Rechtsstaat wird die Legalität in Katalonien wieder herstellen", twitterte er.

Im Senat hatte Rajoy der Regierung in Barcelona zuvor Missachtung der Gesetze und eine Verhöhnung der Demokratie vorgeworfen. Die Regionalregierung habe am 1. Oktober eine illegale Volksabstimmung abgehalten ohne jede demokratischen Garantien, sagte Rajoy. "Was würden zum Beispiel wohl Frankreich oder Deutschland machen, wenn eine Region ein illegales Referendum über die Unabhängigkeit abhalten würde?", fragte der Ministerpräsident.

Während die Regionalregierung die Gesetze breche, habe Madrid lange auf eine Anwendung des Artikels 155 verzichtet, weil es Hoffnung gegeben habe, dass die Politiker in Barcelona zur Normalität zurückkehren könnten, erklärte Rajoy in seiner mit viel Applaus bedachten Rede.

Die von der Regionalregierung wiederholt beteuerte Gesprächsbereitschaft tat er als taktischen Winkelzug ab. "Der einzige Dialog, der mir (von Puigdemont) angeboten wurde, war der über die Bedingungen und den Zeitplan für die Unabhängigkeit Kataloniens." Dies verbiete ihm aber die spanische Verfassung.

Die katalanische Regierung hatte am 1. Oktober ungeachtet eines Verbots durch das Verfassungsgericht und gegen den Willen Madrids ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten lassen. Rund 90 Prozent der Teilnehmer stimmten für eine Abspaltung von Spanien. Die Wahlbeteiligung lag allerdings nur bei gut 40 Prozent.

Verfahren wegen "Rebellion"

Am Freitagabend kündigte die spanische Generalstaatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Carles Puigdemont wegen "Rebellion" an. Die Behörde werde nächste Woche Anklage erheben, sagte ein Sprecher. Auf "Rebellion" steht eine Höchststrafe von 30 Jahren Haft.

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